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Dresdner Naturforscher entdecken neue Fransenschildkröte

Süß sieht anders aus: die neuentdeckte Fransenschildkröte ("Chelus orinocensis") in Südamerika. Foto: Mónica A. Morales-Betancourt

Süß sieht anders aus: die neuentdeckte Fransenschildkröte („Chelus orinocensis“) in Südamerika. Foto: Mónica A. Morales-Betancourt

Bizarres Panzertier verschluckt Beute im Ganzen

Dresden, 21. April 2020. In Südamerika hat der Dresdner Senckenberg-Wissenschaftler Prof. Uwe Fritz eine neue und recht fressgierige Fransenschildkröte entdeckt: Die „Chelus orinocensis“ genannte neue Art lebt vorwiegend im Becken der Flüsse Orinoco und Río Negro, teilte die Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung mit. „Wir müssen diese faszinierenden Tiere schützen, bevor es zu spät ist“, betonte Fritz’ Kollege und Studienautor Prof. Mario Vargas-Ramírez.

Matamatas tarnen sich als Steine

Bisher war nur eine Art der Fransenschildkröte alias „Matamata“ bekannt. „Im Schlamm verborgen wirken die bis zu 53 Zentimeter großen Tiere unter Wasser wie mit Algen bewachsene Steine“, beschreiben die Wissenschaftler das Panzerwesen. „Nähert sich aber ein Beutetier wird dieses durch plötzliches Öffnen des großen Mauls eingesaugt und im Ganzen verschluckt.“

Tarnt sich gern als Stein und frisst die Beute dann im Ganzen: die Fransenschildkröte alias Matamata. Dass es von ihr zwei Arten gibt, haben Dresdner Senckenberg-Forscher durch Gentests ermittelt. Henrik Bringsøe

Tarnt sich gern als Stein und frisst die Beute dann im Ganzen: die Fransenschildkröte alias Matamata. Dass es von ihr zwei Arten gibt, haben Dresdner Senckenberg-Forscher durch Gentests ermittelt. Henrik Bringsøe

Gen-Test brachte zweite Art zum Vorschein

Da bereits vielen Forschern aufgefallen war, dass viele Matamatas sehr unterschiedlich aussehen können, haben die Dresdner Senckenberg-Wissenschaftler die Fransenschildkröten genetisch näher unter die Lupe genommen. Mittels 75 DNS-Proben konnten die Forschenden zeigen, dass es entgegen bisheriger Annahmen zwei genetisch und äußerlich klar voneinander unterscheidbare Arten der Fransenschildkröte gibt. „Die neu beschriebene Art Chelus orinocensis ist im Orinoco- und Río Negro-Becken verbreitet, die als Chelus fimbriata bekannte Art lebt ausschließlich im Amazonas-Becken“, haben die Naturforscher herausgefunden. Beiden Arten trennten sich im späten Miozän, vor etwa 13 Millionen Jahren. „In diesem Zeitraum trennten sich das damalige Amazonas-Orinoco-Becken in die beiden heutigen Flussgebiete. Zahlreiche aquatische Tierarten wurden so räumlich separiert und entwickelten sich genetisch auseinander“, hieß es von der Senckendorfgesellschaft.

Tausende Schildkröten gelangen illegal in den Handel

„Bislang galt die Art aufgrund ihrer Verbreitung als nicht bedroht“, erklärte Prof. Mario Vargas-Ramírez, der früher bei Senckendorf Dresden arbeitete und nun an der Uni Bogota forscht. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Bestände durch die Aufspaltung in zwei Arten geringer sind, als bisher angenommen. Zusätzlich werden jedes Jahr Tausende dieser skurril anmutenden Schildkröten von den Behörden beschlagnahmt, die illegal in den Tierhandel gelangten.“

Autor: Oiger

Quelle: Senckenberg-Gesellschaft

Die wissenschaftliche Publikation dazu:

Mario Vargas-Ramírez, Susana Caballero, Mónica A. Morales-Betancourt, Carlos A. Lasso, Laura Amaya, José Gregorio Martínez, Maria das Neves Silva Viana, Richard C. Vogt, Izeni Pires Farias, Tomas Hrbek, Patrick D. Campbell, Uwe Fritz (2020): Genomic analyses reveal two species of the matamata (Testudines: Chelidae: Chelus spp.) and clarify their phylogeography,

Molecular Phylogenetics and Evolution,

https://doi.org/10.1016/j.ympev.2020.106823

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt