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3D-Modell für bessere Fettleber-Diagnose

Prof. Marino Zerial ist einer der Direktoren des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden. Er hat sich auf Leberstrukturen und Gewebeorganisation spezialisiert. Foto: Katrin Boes für das MPI-CBG

Prof. Marino Zerial ist einer der Direktoren des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden. Er hat sich auf Leberstrukturen und Gewebeorganisation spezialisiert. Foto: Katrin Boes für das MPI-CBG

Forscher aus Dresden wollen mit Computermodell Ärzten helfen, die Krankheit beizeiten zu erkennen.

Dresden, 4. Dezember 2019. Mediziner und Informatiker aus Dresden haben gemeinsam dreidimensionale Computermodelle einer Fettleber entwickelt. Dieses Modell zeigt Ärzten verschiedene Phasen der Leberveränderung und soll ihnen bei der Diagnose der Krankheit. Dies haben die beteiligten Forschungseinrichtungen nun mitgeteilt: Das Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden (MPI-CBG), das Universitätsklinikums Dresden (UKD) und das Zentrum für Informationsdienste und Hochleistungsrechnen (ZIH) der TU Dresden.

Fettleber kann auch ganz ohne Alkohol entstehen

Speziell konzentrierten sich die Wissenschaftler dabei auf die „nicht-alkoholische Fettlebererkrankung“ (NAFLD). Dabei sammelt sich Fett in der Leber, wenn der Insulin-Haushalt im Körper nicht mehr richtig funktioniert. Jeder vierte Mensch bekommt eher oder später solch ein Problem. In vielen Fällen verläuft das Krankheitsbild vergleichsweise harmlos. Aber NAFLD kann auch zur Leber-Zirrhose, Leberkrebs oder Leberversagen führen. Dann kann nur noch eine Transplantation helfen.

Das sieht für den Laien vielleicht nicht unbedingt wie eine Leber aus, liefert dem sachkundigen Mediziner aber wichtige Hiweise, ob sich das Organ bei einem Patienten krankhaft verändert hat: 3D-Modell einer Leber. Die Fetttröpfchen sind rot gekennzeichnet und das Gallenkanalnetzwerk grün. Abb.: Hernán Morales-Navarrete, Segovia-Miranda und andere/ MPICBG

Das sieht für den Laien vielleicht nicht unbedingt wie eine Leber aus, liefert dem sachkundigen Mediziner aber wichtige Hiweise, ob sich das Organ bei einem Patienten krankhaft verändert hat: 3D-Modell einer Leber. Die Fetttröpfchen sind rot gekennzeichnet und das Gallenkanalnetzwerk grün. Abb.: Hernán Morales-Navarrete, Segovia-Miranda und andere/ MPICBG

Hochaufgelöste 3D-Simulationen unterstützen Diagnose

Um solche Veränderungen frühzeitig zu erkennen, haben Ärzte bisher Gewebeproben der „verdächtigen“ Leber entnommen und mit recht niedrig aufgelösten zweidimensionalen Bildern davon eine Analyse versucht. Wie zuverlässig die Diagnose ausfällt, hängt dann wesentlich von den subjektiven Erfahrungen des jeweiligen Arztes ab. „Vor allem liefern solche Bilder keine 3D-Informationen über Gewebestruktur und –funktion“, betonten die CBG-Forscher.

Gallen-Netzwerkstau in kranker Leber in 3D besser erkennbar

Daher entwickelten die Partner hochaufgelöste 3D-Modelle der Fettleber, die nicht nur die Geometrie des Organs zeigen, sondern auch Funktionsveränderungen. Auch hier sind der Ausgangspunkt Gewebeproben, die aber anders durchleuchtet und computeranalysiert werden. Dabei berücksichtigt das Modell beispielsweise das Netzwerk von Blut- und Gallenströmen durch die Leber. „Wir haben festgestellt, dass die Struktur des 3D-Gallenkanalnetzwerks im erkrankten Gewebe völlig anders ist“, berichtete erklärt Lutz Brusch von der Abteilung „Innovative Methoden des Computing“ am ZIH. „Solche strukturellen Veränderungen haben auch entscheidende funktionelle Auswirkungen. Durch eine personalisierte Simulation des Gallenflusses haben wir herausgefunden, dass der Gallenfluss in einigen kleinen Bereichen des Gewebes beeinträchtigt ist, was auch als Mikro-Cholestase bezeichnet wird.“

Forscher rechnen mit neuen Therapie-Ansätzen

Solch eine „High-Definition-Medizin“ ebne den Weg für die Diagnose von Krankheiten wie NAFLD im Frühstadium, „lange bevor Symptome auftreten“, betonte CBG-Direktor Marino Zerial, der auch zum Zentrum für Systembiologie Dresden (CSBD) gehört. „Sie hilft uns auch, molekulare krankheitsbedingte Mechanismen zu identifizieren“. Dies wiederum helfe, bessere Behandlungswege zu finden.

Die dreidimensionale Analyse des Lebergewebes erlaube nun „völlig neue Einblicke in die Krankheitsmechanismen“, ergänzte Uniklinik-Professor Jochen Hampe. „So verstehen wir damit viel besser, wie beispielsweise der Gallenfluss und das Fortschreiten der Erkrankung zusammenhängen. Hier ergeben sich auch neue Ansätze für Therapien.“

Autor: hw

Quellen: MPI-CBG, TUD

Wissenschaftliche Publikation:

Fabián Segovia-Miranda, Hernán Morales-Navarrete, Michael Kücken, Vincent Moser, Sarah
Seifert, Urska Repnik, Fabian Rost, Mario Brosch, Alexander Hendricks, Sebastian Hinz,
Christoph Röcken, Dieter Lütjohann, Yannis Kalaidzidis, Clemens Schafmayer, Lutz Brusch,
Jochen Hampeand Marino Zerial: “3D spatially-resolved geometrical and functional models of
human liver tissue reveal new aspects of NAFLD progression.” Nature Medicine, 02. December
2019. Fundstelle: Doi: 10.1038/s41591-019-0660-7

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt