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Rote Diamanten für warme Quantensysteme

Mit seinen roten Diamanten will Prof. Jan Meijer Quantensensoren zu einem Alltagsprodukt machen, Foto: Swen Reichhold/Universität Leipzig

Mit seinen roten Diamanten will Prof. Jan Meijer Quantensensoren zu einem Alltagsprodukt machen, Foto: Swen Reichhold für die Universität Leipzig

Leipziger Physiker entwickeln Verfahren, das Quantentechnologie für Masseneinsatz nutzbar machen könnte

Leipzig, 1. November 2019. Um Quantentechnologie im Alltagsgebrauch einsetzbar zu machen, nutzen Physiker der Uni Leipzig rote Diamanten. Mit diesen speziell behandelten lassen sich relativ billige und doch sehr präzise Quanten-Magnetsensoren für medizinische Geräte, Radarsysteme und Abstandsmesser in Maschinen konstruieren, meinen die Forscher.

Erklärvideo zu den
roten Quantendiamanten
von der Uni Leipzig:

Stickstoff-Atome haken sich an Leerstellen im Kristallgitter fest

Sie beschießen dafür Diamanten mit Stickstoff-Atomen. Bei dieser Ionen-Implantation haken sich diese Atome an Fehlstellen im Kristallgitter fest und bilden sogenannte Nitrogen-Vacancy-Zentren (NV) Diese Stickstoff-Leerstellen-Zentren sorgen unter anderem dafür, dass der Diamant rot aussieht. Danach bestrahlen die Wissenschaftler die Kristalle mit grünem Licht. Dadurch kühlen sich ausschließlich die NV-Zentren auf minus 273 Grad Celsius herunter, also bis nahe an den absoluten Temperatur-Nullpunkt. Während diese Zentren sehr kalt sind und spezielle Quanteneffekte zeigen, verharrt der restliche Diamant bei Zimmertemperatur.

Einer der winzigen roten Diamanten, mit denen Prof. Dr. Jan Meijer forscht. Foto: Swen Reichhold für die Universität Leipzig

Einer der winzigen roten Diamanten, mit denen Prof. Dr. Jan Meijer forscht. Foto: Swen Reichhold für die Universität Leipzig

Systeme funktionieren bei Raumtemperatur

Vor allem letzterer Punkt hat einen besonderen technologischen Reiz gegenüber heutigen Lösungen, mit denen beispielsweise Quantencomputer zum Laufen gebracht werden: „Dadurch kann man Quantensysteme bei Raumtemperatur bearbeiten“, betonte Prof. Jan Meijer vom Felix-Bloch-Institut für Festkörperphysik der Uni Leipzig, der das Forschungsprojekt geleitet hat. „Bisher ging das nur im Labor bei sehr tiefen Temperaturen in Kryostaten – das sind überdimensionale, kostspielige Thermoskannen. Das macht die ganze Sache so spannend. Das bedeutet, man kann einen Quantencomputer oder einen Quantensensor für den Alltagsgebrauch herstellen.“ Zudem brauchen die Forscher keine teuren Naturdiamanten, sondern können relativ preiswerte Industriediamanten verwenden oder sogar nur profanes Diamantpulver, das normalerweise nur für Schleifpapier genutzt wird. Es ist erstaunlich, dass ein so komplexer physikalischer, hochsensitiver Effekt in einem so einfachen und robusten Aufbau möglich wird“, meint der Physiker.

Physiker wollen Quanten-Diamantentechnik nun serienreif machen

Mit ihrem Verfahren haben die Leipziger Wissenschaftler zunächst im Labor einen Quanten-Magnetsensor entwickelt, der eine Elektrogitarre ansteuert. Nun wollen sie die Technik für andere praktische Anwendungen nutzbar machen. Die Physiker sind optimistisch, dabei etablierte Industrieverfahren verwenden zu können. „Der hochempfindliche Magnetfeldquantensensor ist im Gegensatz zu allen bisherigen Quantensensoren mit gängigen automatischen Bestückungsanlagen für gedruckte Schaltungen in hohen Stückzahlen zu verarbeiten und bei Raumtemperatur einsatzfähig“, betont die Uni Leipzig.

Autor: hw

Quelle: Universität Leipzig

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt