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Kopernikus will Autos in Fabriken fernsteuern

Stefan Jenzowsky ist der Chef von Kopernikus Automotive. In der VW-Manufaktur Dresden arbeitet er an KI-gesteuerten Autos. Foto: Heiko Weckbrodt

Stefan Jenzowsky ist der Chef von Kopernikus Automotive. In der VW-Manufaktur Dresden arbeitet er an KI-gesteuerten Autos. Foto: Heiko Weckbrodt

VW Dresden erwägt KI-Einsatz auf Manufaktur-Areal

Dresden/Berlin, 12. August 2019. Bis zum vollautomatisch fahrenden Auto ist es vielleicht doch gar nicht mehr so weit hin wie mancher denkt: Stefan Jenzowsky und sein zwölfköpfiges Team vom jungen Unternehmen „Kopernikus Automotive“ tüfteln schon an einer sehr praxisnahen Lösung im Mobilitäts-Inkubator von Volkswagen Dresden. Die aus Berlin stammenden Ingenieure haben sich dafür im Firmenbrüter am Straßburger Platz für ein halbes Jahr eingenistet.

Automes Fahren erst mal im langsamen Werksverkehr erproben

Dabei fokussieren sie sich aber nicht auf autonome Autofahrten inmitten des chaotischen und schnellen Großstadtverkehrs. Denn daran beißen sich bisher selbst große Technologieunternehmen noch oft die Zähne aus. Vielmehr haben sie es auf den eher gemächlichen Werksverkehr abgesehen. Sie wollen Parkhäusern und Fabrikgebäuden künstliche Augen und eine gewisse Intelligenz verleihen, auf dass sie Fahrzeuge ohne menschliches Zutun von A nach B fernsteuern– beispielsweise von der Produktionsrampe ins Auslieferungs-Parkhaus. „Das kann in den Unternehmen viel menschliche Arbeitszeit einsparen“, meint Kopernikus-Chef Jenzowsky. „Statt ein Fahrzeug nach dem anderen zu überführen, können sich die Mitarbeiter auf interessantere Aufgaben konzentrieren.“

Ein Testfahrer in einem Auto, das fürs autonome Fahren nachgerüstet ist. Foto: Kopernikus Automotive

Ein Testfahrer in einem Auto, das fürs autonome Fahren nachgerüstet ist. Foto: Kopernikus Automotive

Serienautos haben noch keine echten KIs an Bord

Das Problem dabei: Heutige Serienautos haben nicht genug Rechenkraft an Bord, um eine halbwegs leistungsfähige „Künstliche Intelligenz“ (KI) ans virtuelle Steuer zu setzen. Bis das soweit ist, könnte eine Brückentechnologie wie die von Kopernikus helfen. Das Team überträgt dafür die richtig aufwendigen Rechenaufgaben auf spezialisierte Computer am Wegesrand. Dabei handelt es sich um Datenverarbeiter, die mit Spezial-Chips des KI-Hardware-Marktführers Nvida ausgestattet sind.

Rechner und Kameras am Wegesrand übernehmen das „Denken“ und „Sehen“

Diese Navigationsrechner will Kopernikus in Parkhäuser und Fabrikgebäude einbauen und mit Kameras koppeln, die das gesamte Werksgelände überblicken. Die KI berechnet dann eine sinnvolle Route für die frisch gebauten Autos – und übermittelt ihnen per WLAN- oder Mobilfunk die Fahranweisungen von der Endkontroll-Abteilung zum Auslieferzentrum. Als Orientierungskarte verwendet der Computer ein 3D-Modell des gesamten Fabrikareals, das die Kopernikus-Fachleute zuvor mit Technologien aus digitalen Spielewelten erstellt haben.

Tempolimit unter 10 km/h?

„Weil das Werkgelände kein öffentlicher Verkehrsraum ist, brauchen wir auch keine Straßenzulassung“, betont Jenzowsky. Zudem werde sich die KI an ein Tempo-Limit von wenigen Kilometern je Stunde halten, um Risiken zu minimieren.

Porsche hat bereits Interesse an dieser Lösung signalisiert. Und auch die Manager von der gläsernen Manufaktur Dresden, die sich im VW-Konzern immer mehr als Testlabor für neue Technologien etabliert, liebäugelt mit einer autonomen Autoüberführung à la Kopernikus. „Wir prüfen das derzeit“, verrät Manufaktur-Sprecher Jonas Wetzel.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt