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Materieforscher spannen „Künstliche Intelligenz“ ein

Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf verfügt Supercomputer, mit denen sich Algorithmen für noch leistungsstärkere Rechner schon mal testen lassen. Foto: Detlev Müller für das HZDR

Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf verfügt über ein Rechenzentrum, mit denen sich Algorithmen für noch leistungsstärkere Supercomputer schon mal testen lassen. Foto: Detlev Müller für das HZDR

Rossendorfer Zentrum übernimmt weitere Aufgaben in der Helmholtz-Gemeinschaft

Dresden, 26. März 2019. Forscher und IT-Experten am Helmholz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) übernehmen neue informationstechnologische Aufgaben in der Helmholtz-Gemeinschaft, um die computergestützte Forschung voranzubringen. Das hat das HZDR heute mitgeteilt. Beim Projekt „HIFIS“ helfen sie den Wissenschaftlern an den Helmholtz-Zentren, Forschungssoftware professionell zu entwickeln. Bei „HAICU Local“ wenden sie Künstliche Intelligenz (KI) im Forschungsgebiet Materie an.

HAICU: Künstliche Intelligenz filtert Datenfluten

Ein Beispiel für die Aufgaben der Dresdner Spezialisten innerhalb der „Helmholtz Artifical Intelligence Cooperation Unit“ (HAICU) sind die Experimente im ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen. „Hochgeschwindigkeits-Sensoren nehmen hier beispielsweise die schnellen Schwingungen von Molekülen auf und speichern sie als digitale Bilder. Dabei entstehen in jeder Sekunde 40 Gigabyte Daten – und das rund um die Uhr. Diese Datenfluten bekommt man mit vernünftigem Aufwand gar nicht wegtransportiert“, erläutert Dr. Guido Juckeland, Abteilungsleiter „Computational Science“ am HZDR. Daher sortiert gleich an den Kameras eine KI die Doubletten aus, reduziert die Bilderströme auf das Wesentliche.

Terahertz-Strahlung liegt im elektromagnetischen Spektrum zwischen Mikrowellen und Infrarotstrahlung. Sie eignet sich gut, um Materialeigenschaften zu untersuchen. Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf bietet mit der Terahertz-Quelle im Elbe-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen vielfältige Experimentiermöglichkeiten für Forscher aus aller Welt. Foto: HZDR/Frank Bierstedt

Terahertz-Strahlung liegt im elektromagnetischen Spektrum zwischen Mikrowellen und Infrarotstrahlung. Sie eignet sich gut, um Materialeigenschaften zu untersuchen. Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf bietet mit der Terahertz-Quelle im Elbe-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen vielfältige Experimentiermöglichkeiten für Forscher aus aller Welt. Foto: HZDR/Frank Bierstedt

Jeder lokale HAICU-Standort spezialisiert sich auf eine andere KI-Spezialität

Das HZDR wird sich auf solche und andere KI-Anwendungen im Forschungsbereich Materie konzentrieren. Andere lokale HAICU-Standorte setzen ihren Fokus auf den KI-Einsatz in der Medizin, Robotik oder Klimaforschung. Die Ergebnisse und Unterstützungsleistungen stellen jeder der fünf lokalen HAICU-Standorte und die HAICU-Zentrale am Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (HMGU) den anderen Helmholtz-Zentren zur Verfügung. Kommen aber zum Beispiel die Dresdner mit ihren KI-Anwendungen nicht weiter, können sie das Problem der HAICU-Zentrale vorlegen, wo die KI-Grundlagenforscher sitzen.

Dr. Uwe Konrad (links, Leiter der Zentralabteilung Informationsdienste und Computing), Dr. Michael Bussmann (Nachwuchsgruppenleiter Computergestützte Strahlenphysik) und Dr. Guido Juckeland (rechts, Leiter Computational Science). vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. Foto: André Wirsig für das HZDR

Dr. Uwe Konrad (links, Leiter der Zentralabteilung Informationsdienste und Computing), Dr. Michael Bussmann (Nachwuchsgruppenleiter Computergestützte Strahlenphysik) und Dr. Guido Juckeland (rechts, Leiter Computational Science). vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf. Foto: André Wirsig für das HZDR

„Materie unter extremen Bedingungen studieren“

Als Teil von „HAICU Local“ ist auch eine Nachwuchsforschergruppe geplant. Das dreiköpfige Team soll Vorlaufforschung für den KI-Einsatz an Lichtquellen der nächsten Generation betreiben. „Mit diesen Lichtquellen können wir Materie unter extremen Bedingungen studieren, wie sie sonst nur im Weltall auftreten. Hierzu machen wir eine große Menge an Bildern von so hoher Auflösung, dass wir das Verhalten der Materie auf atomarer Skala beobachten können“, so Dr. Michael Bussmann, Leiter der Forschungsgruppe „Computergestützte Strahlenphysik“.

Mit eigenen Netzen und Clouds will sich Helmholtz von Google &  Co. unabhängig machen

An der neuen Infrastruktur „Helmholtz Infrastructure for Federated ICT Services“ (HIFIS) werden elf Partner arbeiten, darunter als Koordinatoren das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg, das HZDR in Dresden und das Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB). Die HIFIS-Partner wollen unter anderem ein eigenes Helmholtz-Netz einrichten, mit dem sich große Datenmengen transferieren und standortübergreifende Kollaborationen vereinfachen lassen. Eine zweite Aufgabe: „Wir wollen nicht von Google, Microsoft und anderen US-amerikanischen Unternehmen abhängig sein“, erläutert IT-Zentralabteilungsleiter Dr. Uwe Konrad vom HZDR. Daher soll eine eigene Helmholtz-Cloud entstehen.

Der Titan-Supercomputer in den USA wird demnächst über einem Simulationsprojekt aus Dresden schwitzen. Foto: ORNL/U.S. Dept. of Energy

Der Titan-Supercomputer in den USA schwitzt auch über Simulationsprojekten aus Dresden. Die Rossendorfer haben dafür spezielle Forschungs-Software geschrieben. Foto: ORNL/U.S. Dept. of Energy

HIFIS: Profi-Werkzeuge für programmierende Forscher

Für den dritten HIFIS-Schwerpunkt hat das HZDR die Federführung übernommen: die Software-Entwicklung für wissenschaftliche Anwendungen. Denn oft müssen Forscher für ihre Experimente eigene Computerprogramme schreiben, weil sie mit Standard-Software nicht weiterkommen. „Wir wollen hier zu Standards wie in der Software-Industrie kommen“, erklärt Uwe Konrad. „Wir werden professionelle Entwicklungsumgebungen anbieten, vom Versionsmanagement bis zur Freigabe der Quellcodes für andere Wissenschaftler.“

Bereits prämierte Wissenschafts-Software entwickelt

Wie sinnvoll solch eine Professionalisierung sein kann, hat die Forschungsgruppe von Dr. Michael Bussmann gezeigt: Mit eigens entwickelter Simulationssoftware studieren die jungen Wissenschaftler neuartige Konzepte für die Teilchenbeschleunigung, die in Zukunft zum Beispiel in der Krebstherapie zum Einsatz kommen könnten. Hierfür nutzen sie Supercomputer in Dresden, der Schweiz und in den USA. Für diese Arbeiten erhielten die Forscher mehrere Auszeichnungen.

„Ernten die Früchte der neuen IT-Strukturen“

„Wir ernten jetzt die Früchte der neuen IT-Strukturen, die wir in den vergangenen Jahren im HZDR geschaffen haben“, sagt Uwe Konrad. „Durch Spezialisierung und eine organischere, projektorientierte Zusammenarbeit zwischen IT-Spezialisten und Wissenschaftlern in unseren Forschungsbereichen Energie, Gesundheit und Materie haben wir gemeinsam vielbeachtete Lösungen erzielt. Wir sind dadurch in der Wissenschaftsgemeinde deutlich sichtbarer geworden.“

Künstliche Intelligenz (KI) gilt inzwischen als zentrale Schlüsseltechnologie des Digital-Zeitalters. Die Deutschen sehen die KI-technologie aber eher skeptisch und risikobehaftet. Foto: Geralt. Pixabay, CC0-Lizenz

Künstliche Intelligenz (KI) gilt inzwischen als zentrale Schlüsseltechnologie des Digital-Zeitalters. Foto: Geralt. Pixabay, CC0-Lizenz

KI-Spezialisten vernetzen sich in Dresden

Zudem sind gemeinsam mit Kollegen der TU Dresden, der Max-Planck-Institute und anderer Partner im „DRESDEN-Concept“-Verbund in der Region wichtige Zentren und Gruppen entstanden, die sich an vorderster Front mit KI, Big Data, maschinellem Lernen und ähnlichen Zukunftsthemen beschäftigen. Neben den Entwicklungs-Aufgaben im Zuge von HAICU und HIFIS wird das HZDR auch Hackathons und andere Weiterbildungsformate für Kollegen aus anderen Zentren anbieten. Für die neuen Aufgaben innerhalb der Helmholtz-Gemeinschaft erhöht sich der HZDR-Etat künftig um rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr, zunächst allerdings beschränkt auf die Projektlaufzeit von fünf Jahren.

Präsident startete Digital-Offensive

HAICU und HIFIS gehören zum neuen Helmholtz-Inkubator „Information & Data Science Framework“, für das Helmholtz-Präsident Professor Otmar D. Wiestler insgesamt 35 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung stellt. Verteilt auf mehrere Teilaufgaben, will er hier Plattformen schaffen, die die Forschung im Digitalzeitalter auf eine neue Stufe heben.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt