Geschichte, Internet & IoT, News, zAufi

Sachsens Hofmarschallamt geht ins Netz

Ausschnitt aus dem Aufzug zu einem Turnier das Paradies und des Sündenfall darstellend in sechs Teilen vor 1586. Quelle: Hofmarschallamt, Repro: Sächsisches Staatsarchiv

Ausschnitt aus dem Aufzug zu einem Turnier das Paradies und des Sündenfall darstellend in sechs Teilen vor 1586. Quelle: Hofmarschallamt, Repro: Sächsisches Staatsarchiv

Lustschiffe und Pseudotürken: Sächsisches Staatsarchiv stellt über 600.000 weitere Digitalsate ins Netz

Dresden, 20. Dezember 2018. Wer musste zu Hofe wo stehen, wenn ein verdienstvoller Sachse in den Adelsstand zu erheben war? Welches Wappen hatte der siebte Stiefgroßonkel der Kurfürstin? Welche Kostüme müssen für Augusts nächstes Turnier genäht werden und kann man in den Festzug ein paar Pseudo-Türken einbauen? Im kurfürstlich-königlichen Sachsen beschäftigte sich eine ganze Behörde jahrhundertelang nur mit solchen Herausforderungen: das Hofmarschallamt. Das sächsische Staatsarchiv in Dresden hat die Akten, Zeichnungen, Pläne und Tafeln nun digitalisiert und ins Internet gestellt – insgesamt über 600.000 Digitalsate sind nun online gegangen.

Digitalisierungskurs macht Wissenschaftsstandort attraktiver

„Mit dem Einstieg in die Präsentation großer Mengen von Archivgut im Internet wird die Attraktivität Sachsens als Kultur- und Wissenschaftsstandort erhöht“, erläuterte Archivdirektorin Andrea Wettmann, warum ihr Haus beziehungsweise der Freistaat Sachsen den Digitalisierungsaufwand betreiben. „Nicht nur Wissenschaftler, sondern alle Interessierten können somit jederzeit vom eigenen Rechner aus das einmalige Kulturgut des Staatsarchivs komfortabel und kostenlos nutzen.“

Pomp statt Siege

Interessant sind die nun im Internet abrufbaren Findbücher, Bilder und Textdokumente allemal, spiegelt das Hofmarschallamt doch einen wichtigen Aspekt sächsischer Geschichte über 400 Jahre hinweg: Militärisch bekleckerten sich die Sachsen selten mit Ruhm, die Prachtentfaltung ihrer Herzöge und Könige hingegen sorgte europaweit für Furore.

Lustschiff "Sommer" (vor 1750) Quelle: Hofmarschallamt, Repro: Sächsisches Staatsarchiv

Lustschiff „Sommer“ (vor 1750)
Quelle: Hofmarschallamt, Repro: Sächsisches Staatsarchiv

Eine Art persönlicher Event-Manager für den Kurfürsten

Mitte des 17. Jahrhunderts entstanden, war das Hofmarschallamt unter anderem auch das, was man heute als „Event-Manager“ bezeichnet: Es organisierte Karnevalfeste genauso wie Leichenzüge, ließ Lustschiffe bauen und arrangierte schmucke Vasen. Der Hofmarschall und seine Lakaien führten ebenso das Hoftagebuch, kümmerten sich um Pagen und Pensionen zu Hofe, beaufsichtigen aber auch den Schlösserbau. Sie waren gewissermaßen für alles verantwortlich, was „Sachsens Glanz und Gloria“ ausmachte.

2019 soll 1 Million Akten online sein

Der nun mit Unterstützung der „Deutschen Forschungsgemeinschaft“ (DFG) digitalisierte Bestand deckt die Zeit von 1501 bis 1925 ab. Er enthält also auch Akten der Vorläufer und von der Abwicklung des Hofmarschallamtes. Bereits in der Vergangenheit hatte das Archiv zunächst seine Findbücher und dann auch Aktenbestände selbst online zugänglich gemacht. Weitere historische Dokumente will Wettmann in naher Zukunft ins Netz stellen. 2019 will sie die Marke von einer Million Digitalisate erreichen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt