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Künstlicher Erdkern startet erst 2020 in Rossendorf

Die Visualisierung zeigt ein 3D-Modell der DRESDYN-Anlage. isualisierung: SBS Bühnentechnik GmbH

Die Visualisierung zeigt ein 3D-Modell der DRESDYN-Anlage. Visualisierung: SBS Bühnentechnik GmbH

Konstruktion der neuen Forschungsanlage „Dresdyn“ für die Helmholtz-Physiker ist komplizierter als gedacht

Dresden-Rossendorf, 30. Juli 2018. Die Konstruktion des künstlichen Erdkerns „Dresdyn“ in Rossendorf hat sich als schwieriger erwiesen als zunächst angenommen. Das hat Prof. Roland Sauerbrey eingeräumt, der wissenschaftliche Direktor des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR). „Wir haben zwei Jahre Verzögerung.“

Roland Sauerbrey. Foto: HZDR, Oliver Killig

Roland Sauerbrey. Foto: HZDR, Oliver Killig

Rotierender Flüssigmetall-Zylinder taumelt wie die Erde

Dies liege allerdings auch daran, dass die neue Experimentalanlage weltweit einzigartig sei, Forscher und Konstrukteure sich daher alles selber ausdenken mussten. Der Name verrät schon etwas von den mechanischen Problemen, die dabei zu lösen waren: „Dresdyn“ steht für „DREsden Sodium facility for DYNamo and thermohydraulic studies“, kurz auch „Dresden-Dynamo“. Das Kernaggregat wird ein Behälter mit zwei Metern Durchmesser sein, der mit flüssigem Natrium gefüllt ist. Er soll mit bis zu 600 Umdrehungen pro Minute in zwei verschiedenen Achsen rotieren.

Thomas Gundrum, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Projekt DRESDYN prüft im HZD das Grundgestell für das Großwälzlager des Dresdyn-Dynamos. Foto: Detlev Müller/HZDR

Thomas Gundrum, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Projekt DRESDYN prüft im HZD das Grundgestell für das Großwälzlager des Dresdyn-Dynamos. Foto: Detlev Müller/HZDR

Einmal in Bewegung gesetzt, werden an den Aufhängungen und am Behälter enorme Kräfte zerren, die durch anspruchsvolle Sonderkonstruktionen aufgefangen werden müssen. Mit der Ausführung hat das HZDR die Bühnen- und Stahlbauer von der Dresdner Firma SBS beauftragt. Außerdem hatten die Rossendorfer Physiker die Ingenieur-Kollegen um Prof. Michael Beitelschmidt vom Lehrstuhl für Dynamik und Mechanismentechnik der TU Dresden gebeten, die komplizierten ingenieurtechnischen Berechnungen zu übernehmen.

Die Taumelbewegung der Erde ist ein Vorbild für zweiachsige Drehbewegung von "Dresdyn". Abb.: HZDR

Die Taumelbewegung der Erde ist ein Vorbild für zweiachsige Drehbewegung von „Dresdyn“. Abb.: HZDR

Wie zündete der Schutzschild für die Erde?

Wenn diese Anlage fertig ist, soll sie unter anderem die komplizierten Strömungsverhältnisse im flüssigen Metallkern der Erde nachstellen – sowie die Taumelbewegung unseres Planeten bei seiner Bahn um die Sonne. Eine Theorie dahinter, die die Forscher dann überprüfen wollen: Dieses Taumeln ist letztlich dafür verantwortlich, dass überhaupt Leben auf der Erde entstehen konnte, denn erst dadurch konnte der flüssige Metallkern vor Milliarden Jahren ein Magnetfeld erzeugen, das uns bis heute gegen die tödliche kosmische Strahlung schützt.

Natrium-Lager für das Projekt DRESDYN am HZDR-Institut für Fluiddynamik. Jeweils vier Tonnen Natrium passen in jeden Tank. Foto: Detlev Müller/HZDR

Natrium-Lager für das Projekt DRESDYN am HZDR-Institut für Fluiddynamik. Jeweils vier Tonnen Natrium passen in jeden Tank. Foto: Detlev Müller/HZDR

Neue Flüssigmetall-Batterien für Energiewende auf der Agenda

Die Rossendorfer Forscher wollen mit Experimenten am Dresdyn zudem Ansätze finden, um Metallschmelzen in der Industrie zu verbessern. Auch erhoffen sie sich neue Erkenntnisse über das Innere von Sternen und die Planetenentstehung in unserem Sonnensystem. Nicht zuletzt könnte die Anlage auch helfen, neuartige Flüssigmetall-Batterien zu entwickeln. Solche Riesenbatterien wären als Stromspeicher für Sonnen- und Windkraftwerke interessant – haben derzeit aber noch die Tendenz, sich selbst zu zerstören.

Erste Versuche nur mit Wasser

Das Gebäude für den Dresdyn ist inzwischen gebaut. Die Installation des Flüssigmetall-Kessels hat nun begonnen, berichtet Sauerbrey. „Das Problem ist noch das Kontrollsystem für die Anlage, das wird noch entwickelt.“ 2019 wollen die HZDR-Experten den Dresdyn zunächst mit Wasser darin testen. Wohl erst 2020 werden sie ihn mit flüssigem Metall füllen und die Natrium-Experimente starten.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt