Fraunhofer-Ingenieure aus Dresden entwickeln Schwefel-Batterien für mehr Reichweite
Dresden, 27. Juli 2018. Um Elektroautos mehr Reichweite und Raumschiffen mehr elektrische Lebenszeit zu geben, setzen sächsische Fraunhofer-Forscher auf Schwefel. Genauer gesagt: Die Ingenieure am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) Dresden haben besonders leistungsstarke Batterien aus den Elementen Lithium und Schwefel entwickelt, außerdem besonders preiswerte Energiespeicher aus Natrium und Schwefel. Einige davon kommen in der Raumfahrt zum Einsatz, um Satelliten, die sehr lange im lichtlosen Erdschatten umhergondeln, den Energietod zu ersparen.
50 Millionen eingeworben
„Wir haben hier eine exzellente Batterieforschung aufgebaut und bereits über 50 Millionen Euro an Projektmittel dafür nach Dresden geholt“, schätzte IWS-Direktor Prof. Eckhard Beyer ein. Er verwies auf das moderne Energietechnikum, das auf dem Fraunhofer-Campus an der Winterbergstraße entstanden ist. Dort haben die Ingenieure unter anderem eine hochmoderne Prototypen-Produktionslinie für lasergeschnittene Elektroden und Schwefel-Batterien installiert.
Abbau der Schwefel-Abfallberge
Und diese Schwefel-Experimente in Dresden-Strehlen sind alles andere als Exoten-Forschung: Denn sollte der Durchbruch mit dieser Energiespeichertechnologie gelingen, könnte daraus ein Marktvolumen von Hunderten Millionen, womöglich sogar Milliarden Euro erwachsen. Denn zahlreiche Branchen rufen nach billigeren und leichteren Batterien mit mehr Energiespeichervermögen: für elektrische Autos, Schiffe, Transporter, Raumsonden – selbst elektrische Flugzeuge erscheinen bald möglich. Und ganz nebenbei könnte diese Technologie auch einen erheblichen ökologischen Beitrag leisten: Weltweit, vor allem aber im Nahen und Mittleren Osten, türmen sich ungenutzte Schwefel- und Salzberge, die vor allem die Petrol- und Chemieindustrie als Abfall aufgetürmt haben.
Lithium-Schwefel: Mehr Energiedichte
Genau die darin enthaltenen Elemente werden aber für die beiden Batterietechnologien gebraucht, die die Dresdner Ingenieure besonders intensiv verfolgen: Einerseits arbeiten sie an Lithium-Schwefel-Batterien, die mehr Energie pro Kilogramm Batteriemasse speichern können als heutige Lithium-Ionen-Akkus. Und höhere Energiedichte heißt auch: mehr Reichweite zum Beispiel für E-Autos. Für diese speziellen Energiespeicher ersetzen sie das das Kobalt in heutigen Lithium-Ionen-Batterien durch Schwefel. Denn Kobalt ist sehr selten und kommt vor allem im immer wieder bürgerkriegs-geschüttelten Kongo vor.
Natrium-Schwefel: Schön billig
Andererseits arbeiten sie auch daran, das Lithium in den Batterien durch Natrium, das in besagten Salzbergen in rauen Mengen vorkommt, zu ersetzen. Lithium ist nicht ganz so selten wie Kobalt, aber in Europa wird es fast nirgendwo gefördert – vor allem China, Chile und Australien haben den Daumen auf den richtig großen Lagerstätten drauf. Batterien aus Natrium und Schwefel haben keine so hohe Energiedichte wie die Konkurrenzlösungen. Aber: Sie empfehlen sich zum Beispiel für stationäre Großstromspeicher, die im Zuge der Energiewende in Deutschland besondere Bedeutung gewinnen.
Noch in Prototypen-Stadium
„Wir sind hier noch im Prototypen-Stadium“, räumt Chemieprofessor Stefan Kaskel von der Technischen Universität Dresden (TUD) ein, der am IWS die Schwefelbatterie-Forschung leitet. „Aber wir kommen mit unseren Lithium-Schwefel-Batterien schon auf 40 Prozent mehr Energiedichte als bei Lithium-Ionen-Batterien.“ Und da sei noch mehr herauszuholen. Seine Einschätzung: „Dresden ist in diesem Sektor in Deutschland führend.“
Autor: Heiko Weckbrodt
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