Ausflugstipp, zAufi
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Seidenrosen, Dinosaurier und Botanisiertrommel

Der Indricotherium ist wohl doch der größere von den Beiden auf diesem Platz im Saurierpark Sebnitz. Foto: Peter Weckbrodt

Der Indricotherium ist wohl doch der größere von den Beiden auf diesem Platz im Saurierpark Sebnitz. Foto: Peter Weckbrodt

Wochenendtipp für den 2./3. Juli 2016: Sebnitz ruft

Sebnitz, 1. Juli 2016. Der Riesenrummel um den Deutschen Wandertag in Sebnitz und der Sächsischen Schweiz ist verklungen, also können wir nun die touristischen Leckerbissen von Sebnitz in aller Ruhe genießen. Es lohnt, in die Kleinstadt am gleichnamigen Fluss zu fahren. Der Angebote sind so viele, dass ein einziger Tag zur Auswahl jeweils nach individuellen Geschmack und Interessenlage zwingt.

Kein Weg führt an der Kunstblume vorbei

Die Stadt ist weltbekannt als die Stadt der Kunstblumenfertigung. Erste Wahl für unser Oiger-Besuchsprogramm ist deshalb das Museum „Deutsche Kunstblume Sebnitz“ mit der Manufaktur. Diese Manufaktur zählt zu den wenigen in der Welt, in denen noch heute künstliche Blumen in traditioneller Handarbeit hergestellt werden. Seit 1834 ist dieses Handwerk in Sebnitz zu Hause und verleiht der Stadt den Titel „Seidenblumenstadt“. Tatsächlich sind neben der Seide auch Samt und Vlies die zur Blumenfertigung eingesetzten Materialien.

Manufakturmitarbeiterin Heike Kühnel bei der Anfertigung von seidenen Mohnblumen. Foto: Peter Weckbrodt

Manufakturmitarbeiterin Heike Kühnel bei der Anfertigung von seidenen Mohnblumen. Foto: Peter Weckbrodt

Die Älteren unter uns erinnern sich noch an die jährlich zum „Kampftag der internationalen Arbeiterklasse“, dem 1. Mai, unverzichtbare rote Mainelke. Das war eine Wachsblume, die ist jetzt out! Dafür können wir die Herstellung feinster Blumengestecke in der Manufaktur erleben und, bei Bedarf, im Shop auch kaufen. Auch die jüngeren Familienmitglieder haben im 2. Obergeschoss Gelegenheit, sich unter Anleitung selbst in der Kunstblumenherstellung zu erproben.

Heimatmuseum zeigt Manufaktur-Geschichte

Am erst kürzlich geschaffenen Blümelweg liegt das „Kunstblumen- und Heimatmuseum“. Ihm gilt unser nächster Besuch. Das Haus wurde im Jahre 1731 für einen Sebnitzer Leinwandkaufmann gebaut. Nach Rekonstruktion unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten wird es seit 1994 als Heimatmuseum genutzt. Hier werden wir umfassend mit der Stadtgeschichte vertraut gemacht. Ein Schwerpunkt ist die Geschichte der Kunstblumenindustrie, die aus Böhmen nach Sebnitz kam. Bis zur Wende gab es kaum ein Haus in dieser Region, in der die Frauen nicht in Heimarbeit Kunstblumen fertigten.

Ein Hingucker ist das Bunte Haus in der Neustädter Straße 3. Foto: Peter Weckbrodt

Ein Hingucker ist das Bunte Haus in der Neustädter Straße 3. Foto: Peter Weckbrodt

Prof. Meiche zog noch mit der Botaniktrommel aus

Recht interessant sind auch die Räume, welche bekannten Persönlichkeiten gewidmet sind. Das Museum selbst trägt den Namen des sächsischen Heimatforschers Prof. Alfred Meiche (1870-1947). Wie unsere Altvorderen zog Meiche noch mit der seinerzeit unverzichtbaren knallgrünen Botanisiertrommel in die heimatlichen Gefilde. Seine Original-Trommel entdecken wir unter den Ausstellungsstücken!

Im Heimatmuseum erinnert diese Einrichtung doch stark an den guten alten Kinder-Kaufmannsladen. Foto: Peter Weckbrodt

Im Heimatmuseum erinnert diese Einrichtung doch stark an den guten alten Kinder-Kaufmannsladen. Foto: Peter Weckbrodt

Schwerenschnitt und Wandern

Auch der Scherenschnittkünstler Adolf Tannert (1839-1913) wird in einem Raum besonders gewürdigt. Die Darstellung des Schattenspiels gilt als einzigartige Sebnitzer Weihnachtsvolkskunst. Nicht nur Wanderfreunde und Bergsteiger werden ihre Freude haben an der noch bis 28. August laufenden, sehr schönen Sonderausstellung „Zwischen Sandstein und Basalt – 200 Jahre Wandern und Klettern in der Sächsischen Schweiz“.

Zur Unterbringung des Heimatmuseums wurde ein ehemaliges Umgebindehaus denkmalgerecht saniert. Foto: Peter Weckbrodt

Zur Unterbringung des Heimatmuseums wurde ein ehemaliges Umgebindehaus denkmalgerecht saniert. Foto: Peter Weckbrodt

Afrikahaus erinnert auch an Kolonialzeit

Unmittelbar an das Heimatmuseum schließt sich das „Afrikahaus Sebnitz“ an. Seine Sammlungen stehen unter dem Motto: Damit das „Fremde“ nicht fremd bleibt… Das in einem restaurierten Umgebindehaus untergebrachte Museum geht auf eine Initiative des Ehepaares Ortrud und Eckard Nold zurück. Mit einem Bestand von über 4000 Exponaten und der über 3000 Titel zählenden Nold-Namibia-Bibliothek ist das Afrikahaus das einzige Museum Ostsachsens, das sich ausschließlich dem Thema „Afrika“ widmet. Hochinteressant und so kaum woanders zu sehen sind die der deutschen Kolonialzeit gewidmeten Ausstellungsabschnitte. Da kommt doch etwas hoch von nostalgischer Erinnerung an selige deutsche Kolonialherrenzeit und unselige afrikanische Stammesknechtschaft. Der Besuch des Afrikahauses ist ein Muss!

Ein Nagelfetisch aus dem Kongo. Er sollte seinem Besitzer Gutes tun und dessen Feinden schaden. Foto: Peter Weckbrodt

Ein Nagelfetisch aus dem Kongo. Er sollte seinem Besitzer Gutes tun und dessen Feinden schaden. Foto: Peter Weckbrodt

Urviecher im Saurierpark

Der musealen Betrachtung ist genug, wir brauchen frische Luft! Etwas in Sebnitzer Randlage, direkt an der Grenze, finden wir den „Urzeitpark Sebnitz“. Hier erleben, wie das Leben vor Millionen Jahren bei uns ausgesehen haben soll. Der Schöpfer des Saurierparks Kleinwelka, der 1996 verstorbene Franz Gruß, führte hier mit leidenschaftlicher Hingabe und künstlerischem Geschick sein Lebenswerk fort. Auf einem 10 000 qm großen üppig grünenden Parkgelände begegnen wir über 400 Plastiken mit Nachbildungen von Lebewesen am Boden, im Wasser oder in der Luft agierenden Lebewesen.

Nostalgie pur: die Markierung der Grenze zwischen einem Deutschen Schutzgebiet und einer britischen Kolonie. Foto: Peter Weckbrodt

Nostalgie pur: die Markierung der Grenze zwischen einem Deutschen Schutzgebiet und einer britischen Kolonie. Foto: Peter Weckbrodt

Weite Aussicht vom Hausberg

Wer nach dieser wahren Mammuttour noch Kondition hat, kann abschließend noch den etwa halbstündigen Aufstieg zum Tanzplan wagen. Der 501 Meter hohe Sebnitzer Hausberg ist im Gipfelbereich bewaldet, deshalb ist der nachfolgende Aufstieg zum Aussichtsturm empfehlenswert. Für die Mühen entschädigt eine fabelhafte Rundsicht über die Sächsische und die Böhmische Schweiz.

Autor: Peter Weckbrodt

Besucherinformationen

Schauwerkstatt

Deutsche Kunstblume Sebnitz, Neustädter Weg 10, 01855 Sebnitz, Tel.: 035971-53181; Öffnungszeiten: Di bis So 10-17 Uhr; Eintritt: Erw. 5,00 Euro, Erm. 4 Euro, Familien 10 Euro; http://www.deutsche-kunstblume-sebnitz.de/

Kunstblumen- und Heimatmuseum Prof. Alfred Meiche

Hertigswalder Straße 12-14, 01855 Sebnitz; Tel.: 035971-80730; Öffnungszeiten: Di bis So 10-17 Uhr; Eintritt: Erw. 4 Euro, Erm. 3 Euro, Ki. bis 16 Jahre frei; Vorteile kann der Kauf einer Kombikarte für beide Museen bringen: Erw. 7 Euro, Erm. 4 Euro Familien 14 Euro

http://www.staedtische-sammlungen-sebnitz.de/museum.html

Urzeitpark Sebnitz

Forstweg 14, 01855 Sebnitz; Tel.: 035971-58800; Öffnungszeiten: täglich von 9 bis 18 Uhr; Eintritt: Erw. 5 Euro, Ki (5-15) 4 Euro;

Zur Anfahrt mit dem Pkw wird die Straße über Stolpen und Neustadt/Sa. empfohlen. Im Bereich Bad Schandau, Lohmen und Hohnstein bestehen Umleitungen wegen Bauarbeiten und Unwetterschäden. Mit dem Zug wird die S 1 mit Anschluss an die Nationalparkbahn in Bad Schandau empfohlen.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt
Kategorie: Ausflugstipp, zAufi

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[caption id="attachment_67607" align="alignleft" width="117"]Peter Weckbrodt. Foto: IW Peter Weckbrodt. Foto: IW[/caption] Peter Weckbrodt hat ursprünglich Verkehrswissenschaften studiert, wohnt in Dresden und ist seit dem Rentenantritt journalistisch als freier Mitarbeiter für den Oiger und die Dresdner Neuesten Nachrichten tätig.

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