Ärzte sollen sich um Patienten kümmern statt um Papierkrieg
Dresden, 15. Dezember 2015. Ein Medizinlotse koordiniert nun im Uniklinikum Dresden die ärztliche Behandlung von Flüchtlingen. Der Gesundheitsmanager Robert Bitterlich soll beispielsweise dafür sorgen, dass kranke Asylbewerber nicht alle in der Notaufnahme feststecken, sondern entweder in Allgemeinpraxen oder zu den benötigten Spezialisten verteilt werden. Auch kümmert er sich darum, dass in den Sprechstunden Dolmetscher verfügbar sind und die Kliniken nicht auf den Behandlungskosten sitzen bleiben. „Ich möchte Ärzte und Pfleger auch von administrativen Aufgaben entlasten, damit sie sich um die Patienten kümmern können“, betonte Lotse Bitterlich. Und: „Ich will für Menschen da sein, die schweres durchgemacht haben.“
Stelle durch Benefizlauf finanziert
Vor allem die Spendenbereitschaft der Dresdner finanziert die neue Lotsen-Stelle: Rund 75.000 Euro kamen durch Teilnehmerbeiträge und Spender beim Benefizlauf „Run and Roll“ am 4. Oktober zusammen. Mitorganisatorin Luise Mundhenke sprach von einem bemerkenswerten Signal der Dresdner und überreichte heute in Uniklinikum den Spenden-Scheck für Bitterlichs Arbeit.
Anfangs landeten Flüchtlinge Busweise vor der Notaufnahme
Hintergrund: Als die Flüchtlingszahlen im vergangenen Jahr wuchsen, verlief die medizinische Versorgung der Asylbewerber oft chaotisch: Vielen Medizinern war unklar, wer die Behandlungskosten übernimmt, die Ausländer konnten sich häufig nicht verständlich machen und wussten kaum, wohin sie sich wenden sollten. „Anfangs war es wirklich so, dass hier Busse auf dem Gelände die Flüchtlinge dutzendweise vor unserer Notaufnahme abgeladen haben“, berichtet Professor Michael Albrecht, der Medizinische Vorstand des Uniklinikums. Dies habe die Notaufnahme überlastet und wohl auch dazu geführt, dass kranke Menschen lange auf die richtige Behandlung warten mussten.
Viele Flüchtlinge mit schweren Krankheiten
Inzwischen sei das nicht mehr so, betonte Prof. Albrecht. Aber er und seine Kollegen wollen, dass künftig wieder das Prinzip gilt: Die medizinische Grundversorgung übernimmt der öffentliche Gesundheitsdienst, dafür kümmern sich die Spezialisten im Uniklinikum um die schwierigen Fälle. Und der Bedarf für besondere medizinische Expertise sei unter den Flüchtlingen sichtbar: Manche kommen mit fast ausgestorben geglaubten Lungenkrankheiten wie Tbc, andere mit Ekzemen, entzündeten Wunden, auch gebe es recht viele Diabetiker und Augenkranke unter den ausländischen Patienten. Die Dresdner Mediziner vermuten, das dies teils auf die gestörte medizinische Versorgung in den bürgerkriegsgeschüttelten Herkunftsländern, teils auf die Fluchtumstände selbst zurückzuführen ist.
Uniklinik-Vorstand: Das kriegen wir hin
Inzwischen haben die Ärzte und Pfleger im Uniklinikum Dresden allein in diesem Jahr rund 2000 Flüchtlinge ambulant und fast 600 stationär behandelt, wie Prof. Albrecht mitteilte. Dies sei wegen der besonderen Krankheitsbilder, Sprachbarrieren und kultureller Besonderheiten zwar eine Herausforderung. Aber da das Universitätsklinikum im Jahr insgesamt rund 270.000 Patienten ambulant und über 60.000 stationär versorge, sei dies bewältigbar. In freier Adaption eines Kanzlerinnen-Spruches meinte der Vorstand: „Das kriegen wir hin.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Ihre Unterstützung für Oiger.de!
Ohne hinreichende Finanzierung ist unabhängiger Journalismus nach professionellen Maßstäben nicht dauerhaft möglich. Bitte unterstützen Sie daher unsere Arbeit! Wenn Sie helfen wollen, Oiger.de aufrecht zu erhalten, senden Sie Ihren Beitrag mit dem Betreff „freiwilliges Honorar“ via Paypal an:
Vielen Dank!