
Stanisław Kubicki von der polnischen Künstlergruppe “Bunt” assoziierte in seinem Linolschnitt “Der Turmbau zu Babel II” biblische Motive mit dem großen Völkerkrieg Anfang der 20. Jahrhunderts. Repro: Museen Dresden
Kraszewski-Museum Dresden zeigt Werkauswahl einer fast vergessenen Künstlergruppe aus Posen
Inhalt
Dresden, 4. September 2015. Denken wir in Deutschland an expressionistische Malerei, assoziieren wir automatisch Künstlergruppen wie „Die Brücke“ aus Dresden oder „Der Blaue Reiter“ der “Neuen Künstlervereinigung” aus München. Doch auch im benachbarten Polen regte sich etwa zeitgleich eine Bewegung junger Künstler, die sich aus den Konventionen des klassischen Kunstbetriebes zu lösen suchten. Unter dem doppeldeutigen Namen „Bunt“, der im Polnischen „Revolte“ bedeutet, aber bewusst auch mit dem gleichlautenden deutschen Wort spielte, konstituierte sich noch während des I. Weltkriegs, im April 1918, in Posen solch eine expressionistische Künstlervereinigung. Eine Werkauswahl mit 90 Grafiken und Bildern dieser hierzulande fast vergessenen Gruppe ist ab heute im Kraszewski-Museum in Dresden zu sehen.
Kraftvolle Dynamik
Ganz anders als es die deutsche Assoziation vermuten lässt, ist eines der hervorstechendsten Motive keine Komposition aus Primärfarben, wie so oft bei der „Brücke“ oder beim „Blauen Reiter“, sondern ein schwarz-weißer Linolschnitt: „Der Turmbau von Babel II“ reflektiert mit dem biblischen Motiv der vielsprachigen Multikulti-Stadt Babylon den großen Völkerstreit der „Bunt“-Zeit, war als versöhnender Appell mit Blick auf den I. Weltkrieg gedacht.

Stanisław Kubicki, Der Ruderer II, Linolschnitt, Repro: Museen Dresden
Andere Schnitte beeindrucken durch ihre im wahrsten Sinne des Wortes expressive Kraft und Dynamik: Der breitrückige Ruderer etwa, der tief ausholt, oder die Extase, die sich im „Tanz“ spiegelt. Ebenfalls zu sehen sind eine Kunstinstallation und andere Werke heutiger polnischer Künstler sowie Dokumentarfilme. Begleitet wird die Schau von Vorträgen und Führungen. hw