Medizin & Biotech

JNCL: Wenn sich das Auge selbst vergiftet

Foto (bearbeitet): hw

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Preis für Dresdner Netzhaut-Forscher Karl, der nach Therapien gegen tödliche Kinderkrankheit sucht

Dresden, 23. April 2015: Mit künstlich gezüchteten Netzhaut-Modellen versuchen Dresdner Forscher, Therapie-Ansätze für eine sehr seltene und bisher unheilbare Nervenzerfalls-Krankheit von Kindern zu finden, die erst zu Blindheit und dann zum frühen Tod führt. Für dieses Projekt erhielt Dr. Mike O. Karl vom „Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen“ (DZNE) in Dresden nun einen mit 25.000 Euro dotierten Forschungspreis der Novartis Pharma GmbH, wie die TU Dresden mitteilte.

Gendefekt legt Stoffwechsel lahm: Auf Blindheit folgt früher Tod

Die „Juvenile Neuronalen Ceroid Lipofuszinose“ (JNCL) wird durch laut derzeitigem Forschungsstand durch einen Gen-Defekt ausgelöst. Der führt dazu, dass in den Netzhäuten der erkrankten Kinder Abfälle des natürlichen Stoffwechsels nicht abgebaut werden, die Nervenzellen vergiften sich dadurch selbst. In der Folge erblinden die jungen Patienten. Dann greift die Krankheit von der Retina auf das ganze zentrale Nervensystem über, die Kinder verlieren bereits erlangte Fähigkeiten wieder, versteifen völlig, haben Halluzinationen, schließlich führt JNCL zum Tode. Die Patienten werden selten älter als 30 Jahre. Ein Heilmittel gibt es bisher nicht. An JNCL erkrankt im Schnitt etwa eines von 30.000 Neugeborenen – damit gehört dieser Defekt zu den seltenen Krankheiten.

Hautzellen von JNCL-Zellen werden zu Retina-Modellen umprogrammiert

Um einen Ansatz für spätere Therapien zu finden, setzen Dr. Karl und Prof. Alexander Storch vom Uniklinkum darauf, die Krankheit an vereinfachte künstlichen Netzhäuten zu untersuchen. Diese 3D-Modelle werden aus sogenannten „induzierten pluripotenten Stammzellen“ gezüchtet. Dabei handelt es sich um Hautzellen von JNCL-Patienten, die mittels Gentechnologie zu ungeprägten Stammzellen zurückprogrammiert und dann in Nervenzellen gewandelt werden.

Dr. Mike Karl freut sich über den Forschungs-Preis. Foto: Novartis

Dr. Mike Karl freut sich über den Forschungs-Preis. Foto: Novartis

„Die Erforschung von Erkrankungen wie der JNCL in Tiermodellen bringt Fortschritte“, schätzte Dr. Karl ein. „Aber die Entwicklung von humanen zellbasierten-Modellen für die JNCL bietet ganz neue Chancen für die Erforschung der JNCL Erkrankungsmechanismen, die Entdeckung neuer Ansätze therapeutischer Strategien sowie für die Validierung von Therapien.“ hw

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt