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Dresdner bloggt über die Welt der Zahlen: Störche Babys und ein Statistik-Wolf

Wolf Riepl. Foto: privat

Wolf Riepl. Foto: privat

Dresden, 6. April 2014: Wie groß ist die Chance, in Sachsen bei einem Verkehrsunfall zu sterben? Wieviel erlöst der Dresdner Künstler Gerhard Richter für seine Gemälde? Was wissen die Dresdner über ihre Brücken? Diese und viele andere Fragen analysiert in seinem Blog der Dresdner „Statistik-Wolf“. Der heißt im bürgerlichen Leben Wolf Riepl, ist 38 Jahre alt, hat ursprünglich mal Rundfunk-Techniker gelernt, später Soziologie studiert und arbeitet heute als freiberuflicher Statistikanalysator in Dresden.

Hinter den Zahlen die spannenden Infos finden

Eigentlich wollte er anfangs nur mit einer Homepage für seine Marktforschungs-Dienste werben, doch 2011 ist mehr daraus geworden: Ein Statistik-Blog, in dem er tiefere Blicke in Datenwüsten und Zahlenwerke – vor allem mit Dresden-Bezug – wirft. „Statistiken erscheinen vielen nicht so spannend, aber wer sie zu interpretieren versteht, kann daraus Informationen gewinnen, die nicht so offensichtlich zu finden sind“, meint Wolf Riepl.

Vorsicht bei simplen Ursache-Folge-Ketten

Zugleich bergen Statistiken auch Fallstricke für Fehldeutungen, weiß er aus langjähriger Praxis. „Es gab da zum Beispiel mal eine Statistik, aus der ging hervor, dass überall dort, wo viele Störche leben, besonders viele Babys geboren werden – auf den ersten Blick scheinbar ein Beleg für die alte Mär vom Storch, der die Kinder bringt“, erzählt er. Tatsächlich spiegelten sich in der Statistik aber nicht Ursache und Wirkung, sondern eine Korrelation: In industrialisierten, urbanen Gebieten nisten wenig Störche – und leben eben auch besonders viele Frauen, die berufstätig sind und dadurch Kinderwünsche beiseite schieben (müssen). Der Industrialisierungsgrad als gemeinsamer Faktor sorgte also für viel oder wenig Störche und Babys.

Stabile Fan-Gemeinde aufgebaut

In diesem Beitrag beleuchtet der Statistik-Wolf beispielsweise die Ost-West-Unterschied bei Verkehrsunfällen. Abb.: BSF

In diesem Beitrag beleuchtet der Statistik-Wolf beispielsweise die Ost-West-Unterschied bei Verkehrsunfällen. Abb.: BSF

Auch bestehe immer die Gefahr, dass Statistiken im politischen Tagesgeschäft missbraucht werden, weiß Riepl. „Aber wie sagte die Demoskopin Elisabeth Noelle-Neumann doch so schön: ,Statistik ist für mich das Informationsmittel der Mündigen. Wer mit ihr umgehen kann, kann weniger leicht manipuliert werden. Der Satz: ,Mit Statistik kann man alles beweisen’ gilt nur für die Bequemen, die keine Lust haben, genau hinzusehen.’“ Und genau um dieses genauere Hinsehen, dieses Blicken hinter die Zahlen bemüht sich der Blogger in seinem Netztagebuch – und hat sich so eine Fan-Gemeinde aufgebaut: Bis zu 10 000 Besucher und 20 000 Seitenaufrufe pro Monat hat seine Seite statistik-dresden.de/statistik-blog.

Amüsantes Brückenquiz

Das liegt auch daran, dass es bei ihm nicht immer bierernst zugeht: Einer seiner erfolgreichsten Beiträge war ein „Brückenquiz“, in dem er zum Beispiel abfragte, ob sich die Dresdner noch an den DDR-Namen der Augustusbrücke erinnern oder an die Argumente, die Komiker Olaf Schubert gegen die Waldschlösschenbrücke vorbrachte.

Anregungen von Zeitungen, Ämtern und „Statista“

Seine Anregungen für neue Beiträge findet er oft in Tageszeitungen, Mitteilungen des Statistischen Landesamtes, auf Internetportalen. Aber auch die – für Blogger in der Basisversion kostenlos nutzbare – Online-Statistikplattform „Statista“ setzt er gern ein: Dort nämlich findet man Umfragen, die sonst kaum öffentlich erhältlich ist, zudem auch professionelle Grafiken.

Erlöse halten sich bisher in engen Grenzen

Warum aber macht er sich die ganze Arbeit neben seinem Broterwerb? „Statistiken sind interessanter als man denkt und mein Blog ist mein Hobby“, sagt er. „Vielleicht gelingt es mir ja irgendwann sogar, damit Geld zu verdienen. „Aber bisher halten sich die Werbeeinnahmen in ganz engen Grenzen.“

Prognose: Bedeutung von Blogs schwindet

Seine Blog-Pläne für die nahe Zukunft: „Ich will eigene Youtube-Videos produzieren, zum Beispiel Statistik-Tutorials für Studenten“, verrät Riepl. Auch plant er einen Artikel-Reihe mit Zahlen rund um berühmte Dresdner, die er jüngst mit dem erwähnten Gerhard-Richter-Beitrag eingeläutet hatte. Perspektivisch allerdings, so mutmaßt er, werde die Rolle der Blogs wohl eher wieder zurückgehen: „Ich habe den Eindruck, dass der Trend dahin geht, neue Ideen und Informationen sehr schnell über Facebook und ähnliche Netzwerke zu verbreiten.“ Autor: Heiko Weckbrodt

-> Hier ist Ripels Statistik-Blog im Netz zu finden

Zum Weiterlesen:

In Dresden hat sich eine bunte Blogger-Szene formiert

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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