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„Robocop“ stapft wieder ungeschnitten durch Detroit

Ritter oder Cowboy? Der entmenschlichte Polizist Murphy räumt als "Robocop" auf. Foto: Fox

Ritter oder Cowboy? Der entmenschlichte Polizist Murphy räumt als „Robocop“ auf. Foto: Fox

Zensurfreies Original veröffentlicht

Pünktlich zum Kinostart des „Robocop“-Remakes hat Fox das Original von Paul Verhoeven neu auf Bluray veröffentlicht – und zwar ungeschnitten und neu abgetastet. Auf Antrag des Filmverleihs hatte die Bundesprüfstelle den umstrittenen Science-Fiction-Streifen zuvor vom Index genommen. „Ich liebe Gewalt in Filmen“, bekennt der holländische Star-Regisseur („Fleisch und Blut“, „Starship Troopers“) in den Bonus-Dokus der neuen Videoscheibe – und das sieht man dem „Directors Cut“ auch an.

Konzern macht aus Cop einen Cyborg

Wer den Klassiker nie gesehen hat, hier die Story in Kürze: Polizist Alex Murphy (Peter Weller, „Star Trek – Into Darkness“) geht im hyperkapitalistischen Detroit der nahen Zukunft Streife, wird an seinem ersten Tag im neuen Revier von Gangstern regelrecht zerstückelt und von skrupellosen Managern des Universalkonzerns „OCP“ als Cyborg wiederbelebt. Der gnadenlose Ritter in der blauglänzenden Titan-Rüstung räumt fortan mit der Kriminalität in der Stadt auf – bis er OCP ins Gehege kommt…

Original-Trailer von 1987:

Film entzweit seit jeher die Gemüter

Der skrupellose OCP-Manager Dick Jones (Ronny Cox) mit seinem rein maschinellen Gegenentwurf zu Robocop. Foto: Fox

Der skrupellose OCP-Manager Dick Jones (Ronny Cox) mit seinem rein maschinellen Gegenentwurf zu Robocop. Foto: Fox

Als sich „Robocop“ 1987 erstmals fanfarenbegleitet durch die Kinos ballerte, wurde er zum Kultstar und zum Streitobjekt gleichermaßen: Kritiker sahen in ihm die technologische Inkarnation einer rücksichtslosen „Law & Order“-Mentalität, Jugendschützer strichen die brutalsten Szenen heraus. Die sind in der nun für Erwachsene freigegebenen Ur-Version wieder zu sehen – und irgendwie muss man Verhoeven Recht geben, wenn er sagt, dass die Zensur seinen Film verstümmelt habe. Sicher ist es nichts für zartbesaitete Gemüter, wenn man nun en detail sieht, wie eine Gangsterbande Murphy Hände und Arme abschießt, wenn eine Kampfdrohne minutenlang einen Jungmanager durchlöchert. Aber erst dadurch wirkt die ackselzuckende „Entschuldigung“ von OCP-Vorstand Dick Jones (Ronny Cox) umso kaltschnäuziger, wird Gewalt zur Satire überdreht – ähnlich wie es Verhoeven später in „Starship Troopers“ erneut tat.

Realität hat Fiction eingeholt

Anne Lewis (Nancy Allen) sucht den Menschen Murphy in Robocop. Foto: Fox

Anne Lewis (Nancy Allen) sucht den Menschen Murphy in Robocop. Foto: Fox

Und nicht zuletzt hat die Wirklichkeit die Fiction längst eingeholt, wenn man nur an die Kampfdrohnen denkt, mit denen das US-Militär den „sterilen“ Tod durch Maschinen zelebriert. Ein urteilsfreies Bild des Turbo-Kapitalismus der Reagan-Ära habe er in „Robocop“ zeichnen wollen, sagt Verhoeven heute. Sieht man sich die ungeschnittene Version an, so ist es vor allem ein zynisches, kritisches Bild geworden.

Umfangreiches Bonusmaterial

Neben dem Film (dessen Bildquali allerdings trotz Neuabtastung an einer Stelle gelitten hat) selbst ist der Bluray-Edition umfangreiches Bonusmaterial beigepresst: ein Gruppen-Interview mit den inzwischen gealterten Machern und Mimen, ein Making-Of, ein paar entfallene Szenen und dergleichen mehr finden sich auf der Scheibe.

Fazit: Zynische Satire

Foto: Fox

Foto: Fox

Über „Robocop“ ist weiter ein streitbares Werk, zynisch, brutal und sich auch am Coolness –Faktor labend. Aber die ungeschnittene Fassung zeigt erst richtig deutlich die satirische Überspitzung von Gewalt, die Verhoeven hier exerziert hat, seine Kritik an den Krebswucherungen im Kapitalismus – und auf beängstigende Weise Weitblick, wenn man an das technisierte Töten unserer Gegenwart denkt.

Autor: Heiko Weckbrodt

„Robocop – Directors Cut“ (Fox), Sci-Fi, Original: USA 1987 (Bluray: 2014), Regie: Paul Verhoeven, mit Peter Weller, Nancy Allen, 103 Minuten, FSK 18, Bluray 15 Euro

Zum Weiterlesen:

Verhoevens Mittelalter-Film „Fleisch und Blut“ nun ungeschnitten

Henleins faschistioder Zukunftsenwurf: „Starship Troopers“

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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