Heldenhatz statt Monstermord
Warum dürfen eigentlich nie die Bösewichte die Helden sein? Videospiele sind einfach ungerecht, mögen sich die Cynanide-Programmierer in Montreal gedacht und deshalb mit „Impire“ ein ironisches Keller-Rollenspiel gestrickt haben, in dem wir auf der dunklen Seite stehen. Sprich: Anders als in „Diablo“, „Gothic“, „Risen“ & Co. räumt der Spieler hier nicht als Lichtgestalt unterirdische Verließe aus und meuchelt Monster, sondern beschützen als Möchtegern-Dämonenlord unsere Schleimgruben und Schatzkammern gegen übereifrige Ritter.
Heavy-Metal-Trailer von "Impire" (Paradox):
„Impire“ erweist sich rasch als Retro-Mix aus Strategie- und Rollenspiel: Wir starten in den meisten Kellerszenarien als Mini-Dämon Baal mit einer Handvoll Schurken, müssen Knechte erschaffen, die für uns dann Blubber-Küchen, Werkstätten und Brutstätten graben – durch die wir unsere Armee der Finsternis vergrößern und Fallen gegen das Schatzsuchergesindel basteln können, das wahrscheinlich direkt aus dem Blizzard-Universum herübergewatschelt kommt.
Mit Strategieansätzen allein kommen wir indes nicht weit, denn wichtig ist es in Impire auch, unsere Kobolde mit besseren Rüstungen und Waffen aufzumöbeln, gemischte Gruppen aus Krieger- und Magie-Dämonen zu bilden etc. Eher klassischen Rollenspielen entlehnt sind auch die Oberflächenmissionen, in denen wir auf einer Weltkarte Schmieden, Rathäuser und Heldenhöhlen zum Plündern freigeben. Aber auch dort steht uns wahlweise ein Klassikansicht und eine moderne Echtzeit-3D-Ansicht zur Verfügung.
Der Berg kreißte – und gebar einen Wicht
Neben dem „verkehrten“ Plot selbst machen auch die vielen ironischen Einschübe „Impire“ reizvoll. Beispiel: Zu Beginn versucht der notorisch unfähige Möchtegern-Oberbösewicht Oscar van Fairweather mit viel Theaterdonner einen Fürsten der Finsternis zu beschwören – bekommt aber gerade mal einen Mini-Dämonen im Kindergartenformat zu Stande. Später bekommt Oscar regelmäßig Besuche von einer Art diabolischen Rotary-Club und leichtbekleideten Dämoninnen, die ihn bei Geschäftsverhandlungen meist über den Tisch ziehen…
Fazit:
„Impire“ ist eine lustig inszenierte Persiflage auf traditionelle Rollenspielmuster und hübsch pyromanisch-schleimig anzusehen. Da macht es Spaß, mal richtig böse zu sein.
Kritikwürdig ist allerdings das etwas umständliche Bedienkonzept, dessen Maus- und Tastenbefehle üblichen Spiele-Konventionen trotzen. Wahrscheinlich wollten die Cynanide-Leute auch in diesem Punkt ganz anders als die anderen Kinder sein – das Ergebnis ist indes sperrig. Heiko Weckbordt
„Impire“ (Cynanide/Paradox/Koch Media), Rollen- und Strategiespiel-Persiflage, USK 12, ca. 20 EuroIhre Unterstützung für Oiger.de!
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