Dresden, 24.5.2012. Rund 300 der fähigsten Ingenieure und Forscher aus aller Welt diskutieren derzeit auf der Konferenz „IEEE Technology Time Machine“ (23.-25.5.2012) im Dresdner „Hilton“ über die Welt von morgen. Anhand des heute gerade erst technisch Machbaren wollen sie erkunden, wie unser Alltag nach 2020 wohl aussehen könnte.
Kino der Zukunft: 3D ist wohl erst der Anfang
3D-Filme sind wohl erst der Anfang: Wenn Kinobesucher in der nächsten Dekade ins Filmtheater gehen, könnte sie bereits ein Erlebnis für alle Sinne erwarten, mit 3D-Sound, interaktivem Einfluss auf den Verlauf des gerade gezeigten Krimis, vielleicht gar mit den Gerüchen des fernöstlichen Stadtviertels auf der Leinwand, dem Druck, den die vorbeiströmenden Menschenmassen auf den Körper ausüben… Oder wird bald jedermann „sein“ Kino in der Jackentasche mit sich herumtragen, als Computertelefon mit eingebautem Großbildprojektor (erste Prototypen hat kürzlich Samsung vorgestellt) oder mit ausrollbarem beziehungsweise auffaltbarem Bildschirm?
Prognose: Hightech-Industrie in Dresden beschäftigt in zehn Jahren rund 100.000 Mitarbeiter
Die Zukunft der Medienwelt ist nur einer von zehn Themenschwerpunkten, die die Gäste des internationalen Ingenieursverbandes „IEEE“ auf ihrer „Zeitmaschine“-Tagung in Dresden diskutieren. Auf die sächsische Landeshauptstadt fiel die Standortwahl der zweiten Ausgabe dieser hochkarätig besetzten Veranstaltung – die erste Ausgabe fand vor einem Jahr in Hong Kong statt –, weil nirgendwo sonst in Europa so viele Halbleiterunternehmen auf einem Fleck konzentriert sind.
Bereits jetzt beschäftigte das Hightech-Cluster Dresden rund 50.000 Menschen, betonte Mitorganisator Prof. Gerhard Fettweis von der TU Dresden und prophezeite: „In zehn Jahren beschäftigt die Hightech-Industrie hier vielleicht schon über 100.000 Mitarbeiter.“
Smartphones sollen Plaudertaschen werden
Daher werden die IEEE-Ingenieure auf ihrer Konferenz zum Beispiel auch über Wege debattieren, intelligente Rechner zu konstruieren, Computertelefone lernfähig zu machen, so dass sich Mensch und Maschine in natürlicher Sprache unterhalten können – auch hier dürfte die „Siri“-Spracherkennung des neuen Apple-iPhones erst der Anfang sein.
Viele Teilnehmer rechnen aber auch damit, dass Mobildatendienste und Sensoren in Zukunft zu noch stärker vernetzten Stadtwelten führen werden, in denen Kraftwagen per Autopilot automatisch durch unterirdische Verkehrsebenen fahren – erste Versuche dafür gibt es derzeit beispielsweise in Abu Dhabi, wo ganze Neubau-Städte aus der Wüste gestampft werden.
Cloud Computing von morgen: Vermiete die Rechenpower deines Autoradios!
Vernetzung und in Kleidung eingebettete Sensoren könnten es in einigen Jahren aber auch Ärzten ermöglichen, aus der Distanz erste Fern-Diagnosen für Patienten erstellen, die gar nicht in der Praxis sitzen, sondern daheim am Computer. Weitere Themenfelder der Konferenz sind die Nanoelektronik der Zukunft, Elektroantriebe für Autos – oder neue Wege des „Cloud Computings“, bei denen der Umstand genutzt werden soll, dass fast jedermann viel ungenutzte Rechenkraft (zum Beispiel Dutzender Prozessoren in Autoradios, Stereoanlagen und Smartphones) ungenutzt mit sich herumschleppt, die er genauso gut an die großen Datenzentren vermieten könnte.
Vom ersten Konzept bis zum fertigen Gerät dauert es oft zehn Jahre
Dabei ist das Jahr 2020 als Zielpunkt der „Zeitreise“ nicht zufällig gewählt: „Wenn Sie heute ein Smartphone oder anderes elektronisches Gerät in der Hand haben, dann können Sie davon ausgehen, dass die Weichen dafür etwa vor zehn Jahren gestellt wurden und das Chipdesign etwa vor fünf Jahren begonnen hat“, erklärte Fettweis.
„Wir können die Zukunft natürlich nicht sicher voraussagen“, betonte Konferenzvorsitzender Maurizio Decina. „Aber wir haben hier die besten Ingenieure aus 30 Ländern versammelt, die wirklich einschätzen können, was machbar ist und was mit einiger Wahrscheinlichkeit an technologischen Entwicklungen kommen könnte.“
Heiko Weckbrodt
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