Deutsche Accumotive investiert halbe Milliarde in Batterie-Fabrik
Kamenz, 24. Oktober 2016. Die Daimler-Tochter „Deutsche Accumotive“ hat heute begonnen, eine zweite Batterie-Großfabrik in Kamenz nördlich von Dresden zu bauen. Das Unternehmen investiert rund eine halbe Milliarde Euro in diese „größte und modernste Batterieproduktion Europas“. Mitte 2018 soll das Werk in Betrieb gehen und massenhaft Batterien für Elektroautos wie die neuen „EQ“-Modelle von Mercedes fertigen, aber auch für Hybridfahrzeuge und stationäre Energiespeicher. In diesem Zuge will die Geschäftsleitung die Belegschaft am Standort bis 2020 auf etwa 700 verdoppeln.
„Wir legen den Schalter jetzt um“
Als Vorbote einer „neuen Stufe der Automobil-Entwicklung“ sieht der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) die Großinvestition von Daimler. „Der Markt für Elektromobilität ist ein gigantischer“, sagte er zum Baustart. Und gerade auch für die Mutter Daimler hat der zweite Fabrikneubau im Kamenz eine besondere strategische Bedeutung: „Das ist ein Signal für die Elektromobilität nicht nur bei Daimler, sondern für ganz Deutschland“, sagte Konzern-Forschungschef Thomas Weber, bevor er gestern Vormittag mit Tillich und weiteren Promis die ersten symbolischen Spaten Erde aus dem Baugrund stach. „Wir legen den Schalter jetzt um.“
Deutsche Autoriesen klammerten sich lange nur an den Verbrennungsantrieb
Gemeint ist damit, dass Daimler nun endlich ernsthaft daran geht, eine ganze Produktflotte von Elektroautos zu entwickeln – und einen großen Teil der damit verknüpften Wertschöpfungskette gleich mit. Zur Erinnerung: Als Toyota längst mit dem Hybridauto Prius punktete und Tesla heiße Elektrosportwagen auf die Straße brachte, klammerten sich nicht nur Daimler, sondern alle großen deutschen Autohersteller an den Verbrennungsmotor, pressten sich allenfalls ein paar Alibi-Elektrokleinwagen ab.
2025 sollen E-Fahrzeuge mindestens 15 % vom Absatz sichern
Dies soll nun ganz anders werden: Bis 2025 will Weber mindestens zehn reine Elektrofahrzeuge vom e-Smart bis zum elektrischen Familienauto im Mercedes-Portefeuille haben, die dann für 15 bis 25 Prozent aller Fahrzeug-Absätze sorgen. Und die neuen Elektrischen will er endlich auf Reichweiten jenseits der 160 Kilometer treiben, ähnlich, wie es Tesla schon längst vorgemacht hat.
Sachsen sollen Akkus liefern
Aber dafür braucht der Konzern vor allem leistungsstärkere Lithium-Ionen-Akkus und die sollen die Sachsen bauen. Bereits 2010 hatte die Daimler-Tochter „Deutsche Accumotive“ die erste Fabrik in Kamenz in Betrieb genommen. Zeitweise hatte es allerdings so ausgesehen, als ob dem Standort keine große Zukunft bevorstehen würde: Außer dem Smart gab es kein Elektro-Serienauto im Konzern, das die Kamenzer Batteriebude hätte auslasten können. Auch gewann Daimler keine anderen Autohersteller, die die sächsischen Energiespeicher in mehr als homöopathischen Dosen abgenommen hätten.
Zellenproduktion stillgelegt
Anfänglich hatte der Konzern sogar noch eigene Batteriezellen – als Vorstufen zur eigentlichen Batterie – in Kamenz produziert. Ende 2015 legte das Unternehmen diese Zellfabrik aber still. Laut Unternehmens-Angaben bleibt dieses Zellenwerk aber im Stand-by-Modus, kann also schnell wieder hochgefahren werden, falls die Nachfrage steigt. Übrig blieb aber das Werk, in dem die Zellen zu kompletten Batterien montiert werden.
Daimler vertickt Batterien auch als Mercedes-Speicher
Letzteres aber kommt anscheinend nun wirklich in die Gänge. Bereits 2014 hatte Daimler die „alte“ Fabrik noch mal erweitert und 2015 damit begonnen, deren Batterien mit dem Mercedes-Stern obendrauf nicht nur in Smarts einzubauen, sondern auch als Energiespeicher für Privathaushalte, Solaranlagenbetreiber und Stadtwerke anzubieten. Die Nachfrage soll dem Vernehmen nach „gut“ sein. Und nun kommt gar ein Neubau am Ochsenberg in Kamenz, der die Produktions- und Logistikflächen am Standort auf insgesamt rund 80.000 Quadratmeter vervierfacht und mindestens 350 neue Jobs nach sich zieht.
Bürgermeister: Das ist die Wende
Der Kamenzer Oberbürgermeister ist derweil überzeugt, dass dies erst der Anfang ist: „Wir haben nebenan noch freie Flächen für die nächsten Erweiterungen reserviert“, erzählte Roland Dantz (parteilos) beim Spatenstich-Fest. Zudem rechne er mit weiteren 1000 bis 2000 Jobs, die durch den Fabrikausbau im Umfeld entstehen dürften – bei Handwerkern, Dienstleistern, Zulieferern und anderen Betrieben, die mit der Accumotive verflochten sind. „Das ist ein Paukenschlag für die Region“, kommentierte der OB enthusiastisch mit Blick auf die Arbeitsmarkt-Effekte durch die Daimler-Entscheidung. Möglich geworden sei dies durch die Strahlkraft des Wachstums- und Forschungskerns Dresden, gibt er unumwunden zu. „Davon profitieren hier nun alle. Nachdem hier so viele Betriebe geschlossen und so viele Menschen ihre Arbeitsplätze verloren haben, wird das jetzt die Wende für Kamenz und das ganze Umland sein, auf die wir 25 Jahre lang gewartet haben.“
Autor: Heiko Weckbrodt
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