Uni Dresden und „Doppelacker“ wollen Agrothermie großformatig im Oderbruch erproben
Oderbruch/Dresden, 30. September 2024. Landwirtschaftliche Felder sollen mit ihrer Erdwärme künftig auch Gewächshäuser, Lagerhallen und andere Gebäude heizen und kühlen. Diese bodennahe Variante der Geothermie Technologie soll den Einsatz von Erdgas oder anderen fossilen Energieträgern in ländlichen Betrieben und Siedlungen mindern. Die Technische Universität Dresden (TUD) und das Brandenburger Unternehmen „Doppelacker“ wollen in den nächsten Jahren solche „Agrothermie“-Konzepte im praktischen Großversuch anhand einer Gemüseproduktion im Oderbruch erproben. Das hat die Uni angekündigt.
Nach Pilotversuchen nun „Reallabor-Anlage im Industriemaßstab“ geplant
„Mit zwei Pilotanlagen konnte die Markttauglichkeit hinsichtlich ihrer Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit im Betrieb nachgewiesen werden“, erklärt TUD-Projektleiter André Grosa. „Seit letztem Jahr ist die Technologie zur Erdwärmenutzung anwendungsbereit. Unser nächstes Ziel ist die Industriereife. Dazu benötigen wir unbedingt eine Reallabor-Anlage im Industriemaßstab, an der wir alle Funktionsbereiche im Regelbetrieb validieren und überwachen können.“
Investor will Gewächshäuser mit Erdwärme statt Gas temperieren
Dafür haben die Partner nun einen Investor im Oderbruch gefunden. Der will seinen Gartenbaubetrieb von Gas auf Erdwärme umstellen und damit neu zu errichtende Gewächshöuser mit 52.000 Quadratmetern Fläche sowie eine Logistikhalle vollständig über agrothermisch versorgte Wärmepumpen und Kältemaschinen heizen und kühlen. Damit könnte der Gartenbaubetrieb rund 1,8 Millionen Kubikmeter Erdgas einsparen, kalkulieren die Forscher.
Wärmekollektoren kommen zwei Meter tief unter den Acker
Dafür verlegen die Projektpartner rund 170.000 Quadratmeter Erdkollektoren. Dabei handelt es sich um Rohre, die zwei Meter tief im Erdreich verlegt werden. Diese Tiefe soll absichern, dass darüber weiter Landwirtschaft auf dem Acker möglich ist. Dort beträgt die Bodentemperatur laut Uni-Angaben je nach Jahreszeit 5 bis 15 Grad Celsius. „Die Kollektoren dienen als Wärmetauscher und führen die gewonnene Erdwärme dem Kaltwärmenetz zu“, teilt die TUD-Professur für Agrarsystemtechnik mit. „Über angeschlossene Wärmepumpen kann so im Verbund geheizt oder gekühlt werden.“
Doppelacker-Chef: „Erdwärme ist überall verfügbar“
„Erdwärme ist überall verfügbar“, plädiert Doppelacker-Chef Jens Kluge für das Agrothermie-Konzept. „Unser Ziel ist es, mit einem großflächigen Erdwärmeaufschluss eine großräumige Versorgung mit Kälte und Wärme zu ermöglichen und damit Heizöl oder Gas und somit auch Kohlendioxid einzusparen.“ Ähnliche Konzepte erprobt die Firma „Doppelacker“ auch bereits in Wüstenrot, um eine Siedlung mit Erdwärme unter einem Acker zu versorgen.
Auch Agri-Photovoltaik soll Felder für Energieversorgung anzuzapfen
Die geplante Agrothermie im Oderbruch ist Teil von weltweiten Versuchen, landwirtschaftliche Böden auch auf andere Weise mehrfach zu nutzen, insbesondere für die nachhaltige und erneuerbare Energiegewinnung. Dazu gehört beispielsweise die Agri-Photovoltaik, bei der Solaranlagen senkrecht auf Äckern installiert werden, so dass sie Strom liefern, aber Traktor & Co. weiter in den Gassen dazwischen die Felder bestellen können. Zudem erhoffen sich die Befürworter dieser Technologie auch Antworten auf den Klimawandel, da die Solarpaneele hitze-empfindliche Pflanzen mit Schatten versorgen können. Entsprechende Versuche gibt es unter anderem in Dresden-Pillnitz.
Autor: hw
Quellen: TUD, Doppelacker GmbH, Wikipedia, Oiger-Archiv
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