Sächsische Ingenieure wollen neue heterogene 3D-Chipdesigns für deutsche Autoindustrie zugänglich machen
Dresden, 5. August 2024. Damit Europa in der Chiplet-Technologie nicht den Anschluss verliert, gründen drei Fraunhofer-Institut in Dresden ein Exzellenz-Zentrum für 3D-gestapelte Misch-Schaltkreise. Das neue „Chiplet Center of Excellence“ (CcoE) soll sich zunächst auf neuartige Automobil-Elektronik fokussieren, dann aber die neuen Kombi-Chip-Designs auch für andere Branchen in Sachsen, Deutschland und Europa zugänglich machen. Zentrales Ziel sei es, „die Wettbewerbsfähigkeit und technologische Souveränität starker europäischer Industriesektoren zu unterstützen“, betont das federführende Fraunhofer-Teilinstitut „Entwicklung Adaptiver Systeme“ (EAS) in Dresden.
Initiator Heinig: Chiplets spielen wichtige Rolle für globale Halbleiterindustrie
„Chiplets werden in den nächsten Jahren eine wichtige Rolle für die globale Halbleiterindustrie spielen“, prognostiziert Initiator Andy Heinig vom EAS. „Diese Technologie bietet die größten Freiheitsgrade bei der passgenauen Gestaltung von elektronischen Systemen.“ Für Unternehmen sei es daher „essentiell, frühzeitig die Umsetzbarkeit von Systemlösungen auf der Basis von Chiplets abschätzen zu können“.
Drei Institute machen im CcoE mit
Das neue Chiplet-Zentrum ist vorerst kein eigenständiges Institut mit eigenem Gebäude. Vorstellen kann man sich das CcoE als Entwicklungs-Verbund von Ingenieuren, die im EAS, im 3D-Chipzentrum „All Silicon System Integration Dresden“ (Assid) und im Fraunhofer-Institut für Elektronische Nanosysteme „Enas“ aus Chemnitz ohnehin bereits an dreidimensionalen und heterogenen Schaltkreisen arbeiten. Zudem können sich noch interessierte Unternehmen für eine Partnerschaft im neuen Chiplet-Zentrum melden.
Autoindustrie soll sich einklinken
Die Idee ist nun, diese Kompetenzen in Sachsen in Kooperation mit interessierten Industrie-Anwendern zu bündeln. „In den ersten zwei Jahren wird sich das Center deshalb auf Anwendungen aus der Automobil-Elektronik konzentrieren“, avisierten die Forscher. Dafür wollen sie „Schlüsselpartner entlang der Wertschöpfungskette“ zusammenbringen – vom Automobilhersteller bis zum Halbleiterproduzenten. Die Fraunhofer-Experten wollen für die Partner aus der Wirtschaft „methodische Ansätze, Architekturkonzepte, nachnutzbare Basiskomponenten und Roadmaps für die Entwicklung, Fertigung und den robusten Aufbau von Chiplets erarbeiten“. Die Ergebnisse sollen in internationale Chiplet-Standards einfließen.
Was sind Chiplets?
„Chiplets“ sind dicht gepackte Kombinationen aus verschiedenen Schaltkreisen mit unterschiedlichen Funktionen – zum Beispiel Speicher, Ko-Prozessoren, Ansteuer-Elekronik für externe Geräte oder Beschleuniger für Künstliche Intelligenz. Diese Teil-Bausteine können sogar in ganz verschiedenen Fabriken hergestellt werden, um die schließlich in einem besonders genau kontrollierten Prozess zu einem Schaltkreis zusammenzusetzen und durchzukontaktieren. Diesen Prozess beherrschen im Großserienmaßstab bisher nur wenige große Mikroelektronik-Konzerne wie beispielsweise TSMC.
Konzept birgt technologische und Kostenvorteile
Dieses Konzept ist anspruchsvoll, birgt aber mehrere Vorteile: Viele Funktionen lassen sich auf engstem Raum zusammenpacken, vor allem aber lassen sich so Fertigungskosten sparen. „So erhalten Elektronik-Entwickler die Möglichkeit, die jeweils passfähigsten Fertigungstechnologien zu nutzen“, erklären die Ingenieure. „Zum Beispiel können damit neueste und teure Technologien für bestimmte Funktionalitäten auf wenige Schaltkreise konzentriert werden, anstatt sie für den kompletten Chipaufbau verwenden zu müssen.“ Bisher seien solche Chiplets beispielsweise für Großserien-Elektronik in Rechenzentren im Einsatz. Für kleine und mittlere Serien im Automobil-Bau – in dem Deutschland lange Zeit als führend galt – hat sich das Konzept bisher noch nicht durchgesetzt, hat aber viel Potenzial.
Initiator Andy Heinig hat sich bereits seit Jahren für die Idee eines eigenen Chiplet-Forschungszentrums in Sachsen stark gemacht. Ein Grund: Europa hängt bei diesem Trendthema dem internationalen Spitzenfeld hinterher. Anderseits gibt es auf dem Kontinent kaum einen anderen Standort neben Dresden, der gleichermaßen starke Forschungs- wie auch Produktionskapazitäten in der Mikroelektronik konzentriert. Zudem siedelt sich mit TSMC gerade ein Pionier der Chiplet-Technik in der sächsischen Landeshauptstadt an.
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Fraunhofer-EAS, Oiger-Archiv, Wikipedia, CcoE
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