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Spiegelbruch im Hirn ist teils angeboren, teils „selbstgemacht“

Wie taube Kinder durch Chochlea-Implantate und EEG-Reha hören lernen, zeigten die Mediziner im Uniklinikum. Foto: Heiko Weckbrodt

Foto: Heiko Weckbrodt

Planck-Forscher aus Leipzig haben Spezialisierung von Hirnhälften untersucht

Leipzig, 19. September 2022. Dass die beiden Hälften des menschlichen Gehirns keineswegs gleich und bis ins letzte Detail spiegelbildlich sind, sondern besondere „Spezialitäten“ haben, ist lange bekannt: „Aufmerksamkeit“ beispielsweise ist bei den meisten Menschen in der rechten Hirnhälfte verankert, die Sprache in der linken. Doch wozu ist diese Asymmetrie, dieser „Spiegelbruch“, eigentlich gut und wie kommt das zustande? Diesen Fragen sind Forscher vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) aus Leipzig und vom Forschungszentrum Jülich (FZJ) nun nachgegangen und haben festgestellt: Wie und wie sehr sich die beiden Hirnhälften bei jedem einzelnen Menschen spezialisieren, ist teilweise in der Familie verankert, entsteht aber teilweise aber auch erst durch individuelle Erlebnisse. Das geht aus einer CBS-Mitteilung hervor. „Vermutlich ergibt sich die Asymmetrie unseres Gehirns aus genetischen Faktoren und solchen, die sich aus persönlichen Erfahrungen ergeben“, erklärt CBS-Doktorand und Studien-Hauptautor Bin Wan.

Scans von Makaken und menschlichen Zwillingen verglichen

Für ihre Studie hatten die beteiligten Wissenschaftler Datenbanken mit Scans menschlicher Gehirne, darunter auch von Zwillingen, und von 19 Makaken-Affen ausgewertet. Durch den Vergleich von Geschwistern sowie jüngeren und älteren Menschen konnten sie Hirn-Asymmetrien erkennen, die wohl im Erbgut „fest verdrahtet“ sind wie auch solche, die sich erst im Laufe eines Lebens ergeben. Der Vergleich mit Makaken zeigte die Unterschiede zwischen Mensch und Affe und welche davon durch evolutionär entstanden sind.

Zu wenig Asymmetrie kann in Leseschwäche oder Schizophrenie münden

Die asymmetrische Aufgabenverteilung in beiden Hirnhälften ist bei jedem Menschen ein wenig anders ausgeprägt, beeinflusst viele geistige Leistungen und kann auch im ungünstigen Falle mit Krankheiten zusammenhängen: beispielsweise, wie sehr man oder frau verschiedene Herausforderungen gleichzeitig bearbeiten können oder unsere Fähigkeit, uns mit Sprache auszudrücken. „Die Arbeit kann besser auf beide Hälften verteilt werden – und das Aufgabenspektrum damit insgesamt erweitert“, meinen die CBS-Hirnforscher, weisen aber auch auf das andere Szenario hin: „Zu wenig asymmetrisch ausgebildete Sprachareale auf der linken Hirnseite werden zum Beispiel als eine mögliche Ursache für Legasthenie vermutet. Auch bei Krankheiten wie Schizophrenie und Autismus-Spektrum-Störungen oder Hyperaktivität bei Kindern wird mit einer zu schwachen Aufgabenteilung zwischen den beiden Hirnhälften in Zusammenhang gebracht.“

Quelle: MPI-CBS

Die Spezialisierung von linker und rechter Hirnhälfte macht Menschen geistig leistungsstärker. Dieser Symmetriebruch ist teils angeboren, teils erworben, haben Forscher aus Leipzig und Jülich herausgefunden.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt