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Fraunhofer-Reinraumlabor für Chip-Endmontage

Eine "Damm- und Füll"-Dosierer erzeugt im Enas-Reinraum eine Hülle für ein elektronisches Bauteil. Neben solchen Dispens-Anlagen nach dem "Dam & Fill"-Prinzip hat Fraunhofer in Chemnitz eine Vielzahl moderner additiver Verfahren kombiniert. Foto: Fraunhofer-Institut Enas

Eine „Damm- und Füll“-Dosierer erzeugt im Enas-Reinraum eine Hülle für ein elektronisches Bauteil. Neben solchen Dispens-Anlagen nach dem „Dam & Fill“-Prinzip hat Fraunhofer in Chemnitz eine Vielzahl moderner additiver Verfahren kombiniert. Foto: Fraunhofer-Institut Enas

Forscher kombinieren in Chemnitz diverse additive Verfahren für das Elektronik-„Backend“

Chemnitz, 24. März 2022. Damit deutsche Hightech-Entwickler ihre Elektronik-Prototypen ohne Umweg in die großen Backend-Fabriken in Asien künftig selbst endmontieren können, hat Fraunhofer in Chemnitz ein neues Reinraum-Labor für additive Schaltkreis-Montage eingerichtet. Das geht aus einer Mitteilung des Fraunhofer-Instituts für Elektronische Nanosysteme (Enas) hervor. Die Ingenieure kombinieren dort verschiedene 3D-Drucktechnologien, mit denen sich sowohl die Elektronik selbst wie auch Leiterbahnen, Gehäuse sowie andere Aufbau- und Verbindungstechnik additiv herstellen lassen.

Neue Technologien für Multi-Chip-Module

„Aktuelle Entwicklungen, wie die Miniaturisierung, die 3D-Integration und die Integration verschiedener funktionaler Bausteine in einem so genannten ,System in Package’, bedingen neuartige Materialien und damit neue Technologien“, erklärte Enas-Forscher Frank Roscher, warum das Institut solch ein Reinraumlabor aufgebaut hat.

Was ist additive Fertigung?

Additive Fertigung ist gewissermaßen das professionelle Äquivalent zu den 3D-Kunststoff-Druckern, die man aus der Hightech-Bastlerszene kennt. Dazu gehört eine Vielzahl von Verfahren, die komplexe Strukturen und komplette Endprodukte aus hochwertigen Materialien schicht- oder tröpfchenweise aufbauen, statt sie zurecht zu fräsen, zu schneiden oder zusammenzuschrauben.

Zu sehen ist hier die Kette vom Computermodell über das elektrisch funktionalisierte Spritzgießteil bis hin zum fertigen Bauteil mit elektrischem Anschluss. Im konkreten Beispiel integrierte das Fraunhofer-Reinraumlabor in Chemnitz in eine Gestriebekappe gleich noch Magnetfeldsensoren. Abbildungen: Fraunhofer-Institut Enas

Zu sehen ist hier die Kette vom Computermodell über das elektrisch funktionalisierte Spritzgießteil bis hin zum fertigen Bauteil mit elektrischem Anschluss. Im konkreten Beispiel integrierte das Fraunhofer-Reinraumlabor in Chemnitz in eine Gestriebekappe gleich noch Magnetfeldsensoren.
Abbildungen: Fraunhofer-Institut Enas

Vom Nanotinten-Drucker bis zum Montageroboter

Das neue Enas-Reinraumlabor kombiniert mehrere solche Ansätze. Dazu gehören beispielsweise Nanopartikel-Tintendrucker, Lotpasten-Verteiler, spezielle Spritzgießmaschinen, eine Cluster-Anlage für 3D-konforme Materialabscheidung, Siebdruck- und Dispensanlagen, Montageroboter sowie Roboter mit Druckköpfen und andere Geräte. Als ein Beispiel, was dadurch möglich ist, erzeugten sie per Spritzguss eine Getriebekappe, in die sie eine elektrische Schaltung mit Magnetfeldsensoren gleich integrierten, um Platz für andere Elektronik zu sparen.

Für die Endmontage hängt deutsche Mikroelektronik von Asien ab

Hintergrund: In Deutschland gibt es zwar Chipfabriken, die Schaltkreise auf Siliziumscheiben (Wafer) im Reinraum herstellen – das sogenannte „Frontend“. Doch um diese Wafer in einzelne Chips zu zerteilen, mit Kontakten zur Außenwelt zu versehen und in Gehäusen zu versiegeln, ist zusätzlich ein „Backend“-Prozess nötig. Weil das ursprünglich mit viel händischer Arbeit verbunden war, hat sich diese Backend-Sparte in den vergangenen Dekaden fast vollständig in asiatische Länder mit –ursprünglich – niedrigen Löhnen verlagert. Sprich: Europa hat in der Mikroelektronik ohnehin nur etwa sieben Prozent Weltmarktanteil. Und für bestimmte Teilprozesse wie eben die Endmontage sind die deutschen Chipwerke in hohem Maße von Asien abhängig. Hochautomatisierte additive Technologien könnten das zumindest teilweise ändern: Für die Massenproduktion sind sie zwar noch zu langsam, aber zumindest Prototypen, Kleinserien und besonders komplexe elektronische Systeme lassen sich damit durchaus sinnvoll durch Roboter herstellen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Enas, Oiger-Archiv, Wikipedia

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt