Auch Sirenen und Fernsehalarm gewünscht
Berlin, 16. August 2021. Die jüngste Hochwasserkatastrophe in Westdeutschland hat den Wunsch einer breiten Mehrheit genährt, vor Springfluten, Wirbelstürmen und anderen Katastrophen rechtzeitig Warnungen per Handy zu bekommen. Das hat „Bitkom Research“ unter 1030 Erwachsenen und Jugendlichen in der Bundesrepublik erfragt. Demnach wünschen sich 83 Prozent der Deutschen solche Katastrophen-Warn-Apps.
„Cell-Broadcast“: SMS an alle Handys im Hochwasser-Radius
Als technische Lösung steht dabei vor allem die Cell-Broadcast-Technologie im Mittelpunkt: Damit können Behörden SMS-Kurznachrichten gezielt an ausgewählte Funkzellen und damit auch ohne konkrete Rufnummern-Verzeichnisse an Menschen in besonders bedrohten Regionen senden. „Die Cell-Broadcast-Technologie bietet die Möglichkeit, an alle Mobiltelefone an einem bestimmten Ort eine Warn-Nachricht zu versenden“, erklärte Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder vom deutschen Digitalwirtschaftsverband „Bitkom“ aus Berlin, der die Umfrage in Auftrag gegeben hatte. „Die Bundesregierung sollte schnellstmöglich die erforderlichen Rechtsgrundlagen und technischen Voraussetzungen schaffen, um Cell-Broadcast in Deutschland einzuführen, und in einen Dialog mit den Netzbetreibern und Telekommunikationsunternehmen über die Umsetzung eintreten.“
Sachsen setzte nach 2002er Flut auf freiwillige Telefonverzeichnisse
Der Zellnachricht-Ansatz unterscheidet sich deutlich von einer Handy-Lösung, die Sachsen nach der verheerenden Flutkatastrophe 2002 gewählt hatte: Damals richteten die Ämter ein Warnzentrum ein, das einerseits Multiplikatoren wie etwa Bürgermeister in bedrohten Regionen im Katastrophenfall alarmierte, andererseits aber auch Bürger, die aus eigener Initiative ihre Mobilfunknummern hinterlegt hatten.
Dresden modernisierte Sirenensystem aus dem Kalten Krieg
Allerdings hatte schon diese Jahrtausendflut in Sachsen zur Erkenntnis geführt, dass Handy-Warnungen allein nicht ausreichen, da damals die Mobilfunknetze immer wieder zusammenbrachen. Dresden zum Beispiel entschied sich deshalb dafür, das nach der Wende deaktivierte Atomkriegs-Warnsirenensystem wieder in Gang zu bringen und aufzurüsten. Heute sind wieder 210 Sirenen betriebsbereit – und sie sind nun zusätzlich mit der Möglichkeit ausgerüstet, Sprachnachrichten per Lautsprecher im Stadtgebiet durchzusagen. Ihr Fokus liegt aber nicht mehr auf Nuklearangriffen, sondern auf Warnungen vor Naturkatastrophen. Um sie in Schuss zu halten, gibt es seither an jedem zweiten Mittwoch pro Quartals um 15 Uhr in der sächsischen Landeshauptstadt einen Probealarm.
Audio-Video: Gefahrensirene in Dresden (Quelle: Feuerwehr Dresden)
Auch Alarm per Lautsprecherwagen und Display möglich
Auch eine große Mehrheit aller Bundesbürger (86 Prozent) kann sich laut Bitkom-Umfrage ein Sirenensystem vorstellen, das bei Hochwasser und Co. Alarm schlägt. Ebenfalls eine breite Mehrheit finden Warnungen per Fernseher (95 %), Radio (94 %), Lautsprecherwagen (71 %) und auf öffentlichen Bildschirmen (63 %).
Die meisten wünschen sich parallele Warnkanäle
Dabei sollte das Eine das Andere nicht ausschließen: 94 Prozent der Cell-Broadcast-Befürworter wollen auf möglichst vielen Kanälen Warnungen bekommen. „Ein Vorteil digitaler Technologien ist, dass schnell und kostengünstig auf vielen verschiedenen Wegen informiert werden kann“, betont auch Bernhard Rohleder. „Wir sollten alle Wege nutzen, vor allem aber auch diejenigen, bei denen besonders viele Menschen auf einmal erreicht werden. Anders als etwa bei Sirenen können auf digitalem Weg zudem spezifische Verhaltenshinweise gegeben werden.“
Autor: Heiko Weckbrodt
Quellen: Bitkom, LHD, Oiger-Archiv
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