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Kinder feien sich in virtuellen Welten gegen Verkehrsunfälle

Schüler sollen künftig mit 3D-Brillen in virtuellen Unfallszenarien lernen, welche Gefahren im Straßenverkehr lauern. Visualisierung: Wildstyle Network

Schüler sollen künftig mit 3D-Brillen in virtuellen Unfallszenarien lernen, welche Gefahren im Straßenverkehr lauern. Visualisierung: Wildstyle Network

Sachsen testen interaktives Verkehrstraining mit 3D-Datenbrillen

Dresden/Leipzig, 26. März 2021. Tote Winkel, „Da fährt einer noch Huschhusch bei Orange über die Kreuzung“ oder durch Kastenwagen versperrte Sicht – im Straßenverkehr gibt es viele gefährliche Situationen, die für Erwachsene unübersichtlich sind und für Kinder noch viel mehr. Deshalb wollen Kreative aus Sachsen nun austesten, ob eine interaktive Verkehrsschulung mit 3D-Datenbrillen in virtuellen Realitäten (VR) die Mädchen und Jungen besser auf die Tücken des urbanen Lebens vorbereiten kann als klassische Lernformate. Das geht aus einer gemeinsamen Mitteilung des Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme (IVI) Dresden sowie der Unternehmen „Wildstyle Network“ aus Dresden, „Lumalenscape“ und „Meetle“ aus Leipzig hervor.

Unfallsimulation zeigt Schülern die Perspektive von Auto-, Brummi- oder Straßenbahnfahrern

„Erwartet wird ein großer Wissenszuwachs der Schulkinder, zum Beispiel was ein toter Winkel wirklich bedeutet, wie sich Situationen durch Sichtbehinderung verändern, und welche Blickwinkel verschiedene Standpunkte ermöglichen“, betonen die Partner. Die Schüler lernen dadurch beispielsweise besser einzuschätzen, in Gefahren lauern, wenn sie die Straße queren oder mit dem Fahrrad neben einem Brummi fahren. „Der Vorteil von VR ist, dass die Kinder und Jugendlichen in der virtuellen Welt interagieren können und unbeschadet Feedback auf das Verkehrsgeschehen erhalten. Das stellt eine Neuerung im Bereich der Unfallpräventionsschulung dar.“

Über 28.000 Kinder verunglücken bei Verkehrsunfällen

Die Zahl der Unfälle mit Kindern sinkt zwar seit Jahren, ist aber immer noch erheblich: 2019 verunglückten in Deutschland über 28.000 Kinder bei Verkehrsunfällen. Dabei starben 55 Mädchen und Jungen. Im Jahr 2003 verunglückten laut dem Statistikportal „Statista“ noch über 40.000 Kinder. „Kinder tragen selten die Hauptschuld an einem Unfall“, schätzten die Experten von Bundesverkehrsministerium und Deutschem Verkehrssicherheitsrat in der Initiative „Runter vom Gas“ ein. Demnach tragen nur bei 2,7 Prozent aller Verkehrsunfälle mit Verletzten oder Toten darin verwickelte Kinder die Hauptschuld. Jenseits der Hauptschuldfrage machen Kinder aber häufig Fehler im Straßenverkehr: Als Radfahrer verhalten sie sich oft beim Abbiegen, Anfahren und Wenden falsch oder missachte die Vorfahrt anderer. Als Fußgänger queren sie häufig die Fahrbahn, „ohne auf den Fahrzeugverkehr zu achten“, wie es in einer Analyse der Initiative „Runter vom Gas“ heißt. Zu oft treten sie auch zu abrupt zwischen parkenden Autos und anderen Sichthindernissen auf die Straße.

Zugriff auf 4,5 Millionen Unfalldaten

Das sächsische Projekt „Public Accident Prevention School with eXtended Reality” (PAPS-XR) zielt nun darauf, die Kinder mit modernen Lerntechnologien auf solch gefährliche Situationen vorzubereiten. Das IVI nutzt dafür auf eine Datenbank mit Informationen über 4,5 Millionen Unfälle in Sachsen, Brandenburg, Hessen, Sachsen-Anhalt, Bremen und Hamburg zu. Die Projektpartner erstellen dann daraus 3D-Szenen und 360-Grad-Panoramavideos. Dann geht es in die Experimentierphase: „An zehn Schulen mit je zwei Schulklassen sollen Tests mittels dieser 3D-Simulierungen erfolgen“, teilte das PAPS-XR-Konsortium mit. „Kinder und Jugendliche erleben mit einer VR-Brille die Unfallmöglichkeiten aus verschiedenen Perspektiven. Sie können innerhalb der virtuellen Realität miteinander interaktiv agieren und so aus den Situationen lernen.“

3D-Technologie auch für Fahrschulen nutzbar

Wenn sich dieser Ansatz bewähre, könnte die Technik künftig auch anderweitig einsetzbar sein: zum Beispiel für Fahrschüler, für Verkehrssünder, die sogenannte „Idiotentests“ absolvieren müssen, aber auch für Wartungstrainings im Maschinenbau. Das Bundesverkehrsministerium fördert das Projekt mit rund 270.000 Euro. Im April 2022 sollen die Projektergebnisse vorliegen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Wildstyle Network, Fraunhofer IVI, Statista, „Runter vom Gas“

Zum Weiterlesen:

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt