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Elisabeth von Sachsen: Giftmörderin oder Giftopfer?

Elisabeth von Sachsen, gemalt von Lucas Cranach dem Jüngeren um 1564. Repro aus: H. Lilienfein: Lucas Cranach und seine Zeit, 1942, Wikipedia, gemeinfrei

Elisabeth von Sachsen, gemalt von Lucas Cranach dem Jüngeren um 1564. Repro aus: H. Lilienfein: Lucas Cranach und seine Zeit, 1942, Wikipedia, gemeinfrei

Biografie zeichnet das Bild einer unglücklichen Kurfürstentochter, die jung in der Ferne starb

Was passiert, wenn man eine eingefleischte Lutheranerin mit einem noch fanatischeren Calvinisten verheiratet? Das kann eine wunderbar inspirierende Verbindung sein – heute. Im 16. Jahrhundert hingegen mündete solch eine Ehe zwischen Elisabeth von Sachsen (1552-1590) und Pfalzgraf Johann Kasimir (1543 bis 1592) in einer Tragödie: Eines Giftmordkomplotts gegen ihren Gatten beschuldigt, starb sie im Alter von nur 37 Jahren fern der Heimat. Hans-Joachim Böttcher hat der unglücklichen Kurfürstentochter nun eine eigene, längst überfällige Biografie gewidmet.

Galt schon seinen Zeitgenossen als Trunkenbold und politischer Abenteurer: Kasimir von der Pfalz. Repro: Wikipedia, gemeinfrei

Galt schon seinen Zeitgenossen als Trunkenbold und politischer Abenteurer: Kasimir von der Pfalz. Repro: Wikipedia, gemeinfrei

Intoleranz auf beiden Seiten

Darin zeichnet der Autor und einstige Denkmalpfleger das Bild zweier Menschen, die privilegiert zur Welt kamen und ganz Kinder ihrer Zeit waren: hier die oft uneinsichtige und intolerante, gleichzeitig aber sehr agile und intelligente Elisabeth, da ihr trunksüchtiger, machthungriger und immer bornierter agierender Kasimir. Sie versuchte – ähnlich wie ihre Mutter Anna – ihren Gatten zu lenken und zum Luthertum zu bekehren. Der aber hoffte vielmehr gemeinsam mit seinem Vater, die Sachsen auf die Seite der Calvinisten zu ziehen.

Mutter und Tochter schaukelten sich gegenseitig hoch

Statt die Verständigung mit ihrem Mann anzustreben, flüchtete sich Elisabeth als einzige Luteranerin am Hof immer mehr in den Briefwechsel mit ihrer Mutter, die sie allerdings wiederum auch keinen reinen Wein einschenkte: „Elisabeth hatte seit Beginn ihres intensiven Briefwechsels mit ihrer Mutter geschickt ihre Eheprobleme, die zum Teil vermutlich aus ihrem eigenen Wesen oder dem ihres darauf offenbar meist rechthaberisch und undiplomatisch reagierenden Gemahls resultierten, generell als Religionskonflikte dargestellt“, schätzt Böttcher ein. „So war sie sich jedenfalls uneingeschränkt deren Unterstützung sicher.“ Und darin wiederum bestärkt von der fanatischen Anna, „hat sich Elisabeth im Laufe ihrer wenigen Ehejahre zu einer regelrechten Calvinisten-Hasserin entwickelt“.

Schachfiguren im großen Spiel ums Reich

Die Eltern der beiden jungen Ehepartner wollten oder konnten diese Probleme und diese Entfremdung nicht wahrhaben – oder interessierten sich nicht allzu sehr dafür. Denn hinter der Ehe standen die recht unterschiedlichen Interessen zweier fürstlichen Familien, die sich von der Heirat der beiden jungen Leute gleichermaßen einen Machtzuwachs wie auch eine Stärkung ihres jeweiligen Reformations-Lagers im Reich erhofften. Dabei ging es nicht nur einfach gegen die Katholiken, sondern Lutheraner und Calvinisten waren sich oft genug nicht minder spinnefeind.

Keine Lust auf Zoff mit dem Kaiser

Zu religiösem Fanatismus auf beiden Seiten, der heute, im Zeitalter der Ökumene, zwischen reformierten Christen kaum noch vorstellbar erscheint, kamen grobe Missverständnisse und falsches Spiel auf beiden Seiten: Kurfürst August zum Beispiel dachte gar nicht daran, den Plänen von Kasimirs Vater Friedrich III. von der Pfalz zu folgen und eine antikatholische Front unter pfälzischer Führung aufzubauen – er wollte es sich mit dem katholischen Kaiser keinesfalls verscherzen. Friedrich III. und dessen Gehilfen wiederum spielten schon bei der Eheanbahnung bewusst die religiösen Unterschiede zwischen Lutheranern und Calvinisten herunter – die später so fatal in der Ehe wirken sollten.

Mysteriöses Mordkomplott

Das Finale dieses Konfliktes bleibt bis heute im Halbschatten: Kasimir ließ stellte Elisabeth plötzlich unter Arrest, verhaftete außerdem einen polnischen Adligen und einen Zwerg. Alle drei sollen angeblich Ränke geschmiedet haben, um Kasimir zu vergiften. Zu einer förmlichen Anklage kam es aber nicht. Elisabeths Hilfebriefe an ihre Familie blieben unbeantwortet – der neue Kurfürst Christian von Sachsen verfolgte andere politische Pläne, für die er seine Schwester nicht brauchte. „Die von ihren Verwandten und Freunden im Stich gelassene und völlig isoliert dahinvegetierende Elisabeth verstarb schließlich am 2. April 1590 mit 37 Jahren nach kurzem Krankenlager“, heißt es bei Böttcher. Ihr Biograf ist sich nahezu sicher, dass Elisabeth selbst vergiftet wurde und das angebliche Giftkomplott gegen ihren Gatten wohl nur eine Intrige Kasimirs war, um sich der inzwischen ungebliebten und nicht mehr benötigten Gattin zu entledigen. Womöglich hatte der der Hugenottenführer König Heinrich III. von Navarra (1553–1610) dem Pfalzgrafen mit seiner Schwester Catherine de Bourbon angeboten. Dieses Geheimprojekt scheiterte zwar, könnte aber für Kasimir Anlass genug gewesen sein, Elisabeth zu beseitigen.

Hans-Joachim-Böttcher. Foto: Dresdner Buchverlag

Hans-Joachim-Böttcher. Foto: Dresdner Buchverlag

Fazit: Unterhaltsam und kenntnisreich

All dies hat Böttcher sehr kenntnisreich aufgeschrieben und mit einem persönlichen Blick auf die unglückliche sächsische Prinzessin versehen. Wünschenswert wäre allerdings eine – zumindest kusorische – Übersetzung der Originalzitate aus den Briefen gewesen, da deren Duktus vom heutigen Sprachgebrauch doch sehr weit weg sind. Davon abgesehen ist sein Buch recht lesenswert auch für Laien geschrieben. Denn diese Biografie wirft ein bezeichnendes Licht auf eine Ära, die nach außen so glanzvoll erschien, als ein Aufbruch der Menschheit zu neuen Ufern und doch den allermeisten Menschen – bis in die höchsten Kreise hinein – kaum Spielraum zur Selbstentfaltung ließ. Ergänzt hat der Autor das Buch um Zeittafel, Namensregister und Quellenverzeichnis. Insofern erhält der Leser ein recht unterhaltsam aufgeschriebenes Werk, das aber wissenschaftlichen Maßstäben folgt.

Kurzübersicht:

  • Hans-Joachim Böttcher: „Elisabeth von Sachsen und Johann Kasimir von der Pfalz – Ein Ehe- und Religionskonflikt“, Dresden 2018, Dresdner Buchverlag, 232 Seiten, 18 Euro (Hardcover-Ausgabe), ISBN: 978-3-946906-06-3

Autor der Rezension: Heiko Weckbrodt

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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