Durchbruch für Astrophysik und Nanoelektronik? Dresdner Team simuliert gemeinsam mit internationalen Kollegen erstmals Schwerkraft-Quantenanomalie auf der Erde
Dresden, 20. Juli 2017. Physikern aus Dresden ist gemeinsam mit Kollegen aus Hamburg, Zürich und weiteren Städten ein womöglich sensationeller Durchbruch gelungen: Sie haben in einem Labor die Gesetze der Physik außer Kraft gesetzt – jedenfalls die der klassischen Lehre, laut der Energie weder geschaffen noch vernichtet werden kann. Ihnen ist nun aber eben dies vermutlich gelungen, indem sie eine Schwerkraft-Quantenanomalie in einem besonderen Kristall simulierten. Diese Entdeckung könnte bahnbrechend für die Teilchen- und Astrophysik sein – und die beteiligten Forscher des US-Elektronikkonzerns IBM träumt bereits von superschnellen Quantenanomalie-Computern.
Relativitätstheorie und String-Theorie sagten mögliche Anomalien voraus
Albert Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie sowie die String-Theorie hatten solche Tabubrüche mit der klassischen Physik bereits vorhergesagt. Bislang konnten jedoch noch nie solche Quantenanomalien oder Verletzungen des Energieerhaltungssatzes nachgewiesen werden. Denn diese Phänomene können laut Theorie nur unter extremen Bedingungen auftreten: Bei extrem hohen Temperaturen wie beim Urknall oder im All in der Nähe von Neutronensternen oder Schwarzen Löchern, wo die Schwerkraft so stark ist, dass sie Raum und Zeit krümmt. Daher sahen Wissenschaftler bisher kaum Chancen, solche Anomalien auf der Erde nachzuweisen.
Schwerkraft-Quantenanomalie durch Magnetfelder und Temperatur simuliert
Nun haben allerdings Forscher der TU, des Max-Planck-Instituts für Chemische Physik fester Stoffe und des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) aus Dresden sowie des IBM-Forschungszentrums Zürich, des „Weizmann Institute of Science“ in Israel, der Berkeley Universität in Kalifornien und der Universitäten in Madrid und Hamburg doch einen Dreh gefunden, eine Schwerkraft-Quantenanomalie auf der Erde zu simulieren.
Simulation im Weyl-Halbmetall
Dabei nutzten sie die besonderen Eigenschaften der noch wenig bekannten Materialklasse der Weyl-Halbmetalle, die aus Niob und Phosphor bestehen. In diesen Kristallen haben große Temperatur-Unterschiede und starke Magnetfelder ähnliche Folgen wie das extrem starke Gravitationsfeld eines Schwarzen Loches. Als sie diese Bedingungen im Weyl-Halbmetall schufen, wiesen die Forscher durch Stromflüsse beziehungsweise Temperaturveränderungen nach, dass sich die Drehimpulse der Elektronen im Kristall ungleichmäßig änderten – was sie als Symmetriebruch und als Gravation-Quantenanomalie interpretieren. Ob dies wirklich eine Verletzung des Energie-Erhaltungssatzes war, ist interpretierbar. Eine Deutung sagt, dass die verlorene oder gewonnene Energie nur in oder aus einer anderen Dimension geflossen ist. Ihre Ergebnisse haben sie jedenfalls nun im Fachmagazin „Nature“ publiziert.
„Die Grenzen klassischer elektrischer Schalter umgehen“
„Der erstmalige experimentelle Nachweis dieser Quanten-Anomalie auf der Erde ist sehr wichtig für unser Verständnis vom Universum”, schätzte einer der Studien-Autoren, Dr. Johannes Gooth vom IBM-Forschungszentrum Zürich, ein. „Mit den neuen Erkenntnissen können wir aber auch völlig neuartige Schaltelemente entwickeln, die man vorher nie in Betracht gezogen hätte. Damit bieten sich uns ungeahnte Möglichkeiten, die Grenzen von klassischen elektrischen Schaltern zu umgehen.“
Autor: Heiko Weckbrodt
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