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„Schatten“: Expressionistisches Stummfilm-Meisterwerk auf DVD

Der Gastgeber und Eheman (Fritz Kortner, links) ist unsicher über die Treue seiner Frau und zieht seine Diener in seine Eifersüchteleien mit hinein. Abb.: Bildschirmfoto/ hw

Der Gastgeber und Eheman (Fritz Kortner, links) ist unsicher über die Treue seiner Frau und zieht seine Diener in seine Eifersüchteleien hinein. Abb.: Bildschirmfoto/ hw

Kammerspiel-Krimi von 1923 über Verführung und Verführer

Ein zu Unrecht fast vergessenes Meisterwerk des deutschen Stummfilms hat das Unternehmen „Absolut Medien“ nun in einer restaurierten Fassung auf DVD aufgelegt: „Schatten – eine nächtliche Halluzination“ ist ein expressionistischer Kammerspiel-Krimi um Verführung, Verführer und falsche Verdächtigungen.

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Die Story: In der Trance verselbstständigen sich die Schatten

Manuskript-Autor Albin Grau und Regisseur Arthur Robison erzählen hier in einer raffinierten Collage aus Licht, Schatten und Musik über einen Abendempfang in einem Stadthaus, der völlig außer Kontrolle gerät: Immer mehr steigert sich der Hausherr (Fritz Kortner) in die Vorstellung hinein, dass die eingeladenen Freunde seine Gattin (Ruth Weyher) begehren. Ein sardonischer Gaukler (Alexander Granach), den der Hausherr zum allgemeinen Amüsement dazugeholt hat, erspürt rasch die Spannungen in der Luft. Er versetzt Gastgeber und Gäste in eine Trance, in der sich die Schatten verselbständigen und lässt sie ihre Ängsten und Phantasien im Träume ausleben – mit tödlichen Folgen.

Ein harmloser ausgelassener Tanz oder versucht die Frau Ruth Weyher) wirklich, die Gäste sexuell zu verführen? Abb.: Bildschirmfoto/ hw

Ein harmloser ausgelassener Tanz oder versucht die Frau Ruth Weyher) wirklich, die Gäste sexuell zu verführen? Abb.: Bildschirmfoto/ hw

Die Stilistik: Spiel mit Farben, Schatten und Musik

Unterlegt ist diese bemerkenswerte unichrome Produktion in Lila, Grün und Blau aus dem Jahr 1923 mit fesselnder Musik. Die hat Johannes Kalitzke für die restaurierte DVD-Fassung neu eingespielt hat – manchmal schräg und dissonant, dann wieder aufwühlend, gar aufputschend. Dieser musikalischen Untermalung ist auch eine kleine Doku gewidmet, die Absolut Medien in die Bonussektion der DVD eingebrannt hat.

In der Trance steigert sich die Eifersucht des Gatten zur Raserei, die schließlich in der Hinrichtung seiner Gattin gipfelt. Die namensgebenden Schatten sind im wörtlichen wie übertragenen Sinne ständnig präsent. Abb.: Bildschirmfoto/ hw

In der Trance steigert sich die Eifersucht des Gatten zur Raserei, die schließlich in der Hinrichtung seiner Gattin gipfelt. Die namensgebenden Schatten sind im wörtlichen wie übertragenen Sinne ständnig präsent. Abb.: Bildschirmfoto/ hw

Fazit: ein Muss für Fans des expressionistischen Kinos

Da denkt man nun, man kennt alle Perlen des klassischen deutschen Stummfilms und dann sieht kugeln plötzlich solche Perlen aus der Rumpelkammer: Abgesehen vom damals noch üblichen Overacting wirkt „Schatten“ selbst nach heutigen Maßstäben immer noch modern und aufregend. Das Spiel aus Schatten, Farben und Hintergrund-Musik, das ganz ohne Texttafeln arbeitet, wirkt immer noch ausgesprochen faszinierend. Eine Empfehlung vor allem für Cineasten und Freunde des expressionistischen Kinos.

Autor: Heiko Weckbrodt

„Schatten – eine nächtliche Halluzination“, Deutschland 1923 (DVD-Edition 2016), Regie: Arthur Robison, mit Fritz Kortner, Ruth Weyher und Alexander Granach, restaurierte Fassung, 85 Minuten plus sechs Minuten Bonusmaterial (über die Musik zum Film), 15 Euro

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Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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