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Experte: Französische Rechte hat wenig Interesse an internationaler Vernetzung

Marine Le Pen, die Vorsitzende des Front National (FN) am 1. Mai 2010. Foto: Marie-Lan Nguyen, Wikipedia, CC3-Lizenz

Marine Le Pen, die Vorsitzende des Front National (FN) am 1. Mai 2010. Foto: Marie-Lan Nguyen, Wikipedia, CC3-Lizenz

Dresden, 7. November 2016. Europas Rechtspopulisten wie Le Pen und Pegida sind bei weitem nicht so eng vernetzt wie oft angenommen – zumindest aus französischer Perspektive. „Die internationale Vernetzung des Front Nationale ist eher punktuell“, hat Professor Daniel Stockemer von der Universität Ottawa bei einem Vortrag im Hannah-Arendt-Institut in Dresden eingeschätzt.

„Starke Gerüchte“ um Verbindung von Putin und Le Pen

Auch in Zukunft sehe er „keine großen europäischen Verknüpfungswünsche“ der französischen Rechten unter Marine Le Pen. Allerdings gebe es „starke Gerüchte“, der russische Präsident Wladimir Putin finanziere den Wahlkampf von Le Pens Partei „Front National“ mit.

Professor Daniel Stockemer im HAIT Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

Professor Daniel Stockemer im HAIT Dresden. Foto: Heiko Weckbrodt

FN war zeitweise schon als Altherren-Club abgeschrieben

Im 1972 gegründeten „Front National“ (FN) sehen viele Populisten in Europa eine Blaupause für eine vergleichsweise erfolgreiche Rechtspartei, die – anders als etwa die „Republikaner“ in Deutschland – den Sprung ins 21. Jahrhundert geschafft hat. Das war nicht immer so: Nach der Jahrtausendwende galt die Partei unter dem langjährigen Vorsitzenden Jean-Marie Le Pen vielen Franzosen nur noch als rechtsextremer Altherren-Club.

2011 übernahm aber Le Pens Tochter Marine die Führung. Sie entrümpelte die Partei, richtete sie ganz und gar auf ihre Person aus, verzichtete auf antisemitische Ausfälle wie ihr Vater, und versuchte, den Front National salonfähig zu machen – oder wie sie es nannte: zu entdiabolisieren. Mit Erfolg: Seit Marine Le Pen ihren Vater entmachtete, vervierfachte sich die Basis nahezu von 22 000 auf 83 000 Mitglieder Ende 2014. Und sie fuhr Wahlsiege ein, die den Sozialisten und Konservativen die Sorgenfalten in die Stirn trieben. „Die Mitglieder kommen jetzt aus allen Bevölkerungsschichten“, betonte Prof. Stockemer. „Le Pen hat viele junge Wähler erreichen können.“ Unter den französischen Arbeitern gelte der Front National als Volkspartei: „In Frankreich wählen 35 bis 40 Prozent der Arbeiter FN.“

Am rechtsradikalen Wesenskern der Partei habe sich bei aller Kosmetik aber nichts gerändert, schätzte der Experte ein, der zuletzt sogar 44 Interviews mit FN-Aktivisten führen konnte. Wenn Marine Le Pen zum Beispiel mehr Lohn für Arbeiter fordere oder andere wirtschafts- und sozialpolitische Losungen forciere, sei dies kaum mehr als „ein Sandwich“, um ausländerfeindliche, nationalistische und protektionistische Themen attraktiver verkaufen zu können.

Le Pen lässt Pegida links liegen

Und gerade wegen des im Kern ethno-zentristischen FN-Weltbildes, das um die „Grand Nation“ Frankreich kreise, seien die Berührungspunkte mit anderen Rechtspopulisten in Europa nicht übermäßig groß. Zur Erinnerung: Marine Le Pen trat bisher auf keiner Pegida-Kundgebung auf, obwohl manche Beobachter dies erwartet hatten.

Im Übrigen ist Stockemeier überzeugt, dass die „Le Pen“-Bewegung ihren Höhepunkt erreicht und wenig Chancen habe, noch größere Wählerpotenziale zu erschließen. Marine Le Pen könne es in der nächsten Präsidentenwahl durchaus bis zur Stichwahl schaffen, prognostizierte Stockemer. Aber zur Präsidentin, so ist er überzeugt, werde es nicht reichen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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