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Brummi-Fahrer: „Enormer Zeitdruck“ führt zu Elefantenrennen

Abb.: hw

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Endlos-Wettrennen der Laster auf Autobahnen kommen unter dem Zwang der Lenkzeiten zustande, sagt der Praktiker

Dresden, 12. Juli 2016. Die legendären „Elefantenrennen“ auf den Autobahnen kommen vor allem unter Zeitdruck zustande. Das erklärte Berufskraftfahrer Roland Scheip, der seit 43 Jahren als Lkw-Fahrer auf deutschen und europäischen Straßen unterwegs ist. „Die meisten machen das nur, um ihre Lenkzeiten einzuhalten.“

Offizielle Vorgabe: Höchstens 9 h am Tag am Steuer

Dazu muss man wissen: Durch EU-Richtlinien und nationales Recht ist festgelegt, dass Lkw-Fahrer täglich höchstens neun Stunden, an zwei Tagen pro Woche bis zu zehn Stunden fahren dürfen. Die Wochenlenkzeit darf 56 Stunden nicht überschreiten. Verstöße können mit empfindlichen Bußgeldern und anderen Strafen geahndet werden.

Minuten summieren sich auf Stunden

Zwar mute es für Außenstehende nutzlos an, wenn Laster einander mit einem Tempounterschied von wenigen Kilometern je Stunde überholen und ein paar Minuten dadurch „gewinnen“, räumt der Praktiker Scheip ein. „Aber über die Woche gerechnet, summiert sich das auf Stunden.“ Und diese vielen kleinen Zeitgewinne können darüber entscheiden, ob die ganze Routenplanung noch aufgeht oder nicht: Ob der Brummifahrer zum Beispiel nahe einer Großstadt in die Berufsverkehrszeit hineingerate und noch mehr Zeit verliere. Oder ob er wenige Kilometer vor dem Ziellager stundenlang ausruhen müsse, um innerhalb der Lenkzeit-Obergrenzen zu bleiben.

Fahrer wollen jede Chance vor dem Überhol-Verbot abpassen

„Verantwortlich für die Elefantenrennen ist letztlich der enorme Zeitdruck, unter dem die Fahrer heutzutage stehen“, sagt Roland Scheip. Ein weiteres Problem sieht er in den zahlreichen Lkw-Überholverboten auf deutschen Autobahnen. „Auf der Strecke zwischen Heilbronn und Nürnberg zum Beispiel gibt es für uns 160 Kilometer Überholverbot.“ Dort müsse er als Lasterfahrer jede Chance nutzen, um an „Bummlern“ vorbeizuziehen, selbst wenn der Tempounterschied gering sei.

Zum Weiterlesen:

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Hilft eine Entdrosselung?

Als langjähriger Praktiker sieht Roland Scheip vor allem zwei Ansatzpunkte, um Elefantenrennen zu vermeiden: einerseits einen Turbo-Schalter, der die Tempodrossel in Lastern für Überholmanöver zeitweise löse, und zweitens weniger Überholverbote für Laster: „In England gibt es diese Elefantenrennen gar nicht, obwohl der Verkehr dort sogar oft noch dichter ist“, sagt er. „Dort haben die aber so ein Lkw-Verbotsschild wie in Deutschland aber auch nicht.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Hinweis: Dieser Beitrag ist ursprünglich im Uni-Journal der TU Dresden erschienen und hier im Netz zu finden.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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