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Schimpansen kämpfen mit Obstmangel

Eine Schimpansin verspeist Grewia-Früchte. Foto: Colbeck, MPI-EVA

Eine Schimpansin verspeist Grewia-Früchte. Doch so üppig gestreut, wie Film und Fernsehen oft suggerieren, ist Obst im Regenwald gar nicht: Nur alle 10 Kilometer finden die Affen im Schnitt einen Baum mit reifen Früchten. Foto: Colbeck, MPI-EVA

Intelligenz ist für Menschenaffen mehr als nur ein Bonus der Evolution – sondern essenziell für Obstsuche

Leipzig, 22. Januar 2016. Unsere affigen Vorfahren haben wahrscheinlich schon recht früh Intelligenzleistungen entwickelt, die über dem Durchschnitt anderer Waldbewohner lagen – und nicht erst, als sie die Wälder verließen. Darauf deuten neuere Befunde des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie (EVA) Leipzig über die Nahrungsstrategien heutiger Schimpansen hin.

Intelligenzschub nicht erst seit dem Wechsel in die Savanne

„Bisher dachten wir, dass unsere Vorfahren an Intelligenz zulegen mussten, als sie die Wälder verließen, weil das Leben in der Savanne so hart war“, erklärte Christophe Boesch, der Direktor der Abteilung für Primatologie im EVA. „Diese Ansicht berücksichtigt aber nicht die Intelligenz unserer nächsten lebenden Verwandten, der Schimpansen. Die neue Studie zeigt, dass es schwieriger ist als bisher angenommen, im Regenwald reifes Obst zu finden.“

Ohne Werkzeug wird’s für den Affen schwierig

Demnach herrscht in den heutigen Regenwäldern ein bisher kaum erkannter Mangel an Obst, auf das Schimpansen besonders angewiesen sind. Um auf der Obstsuche andere Tiere auszustechen und die obstlosen Zeiten zu überleben, müssen die Menschenaffen laut der EVA-Analyse bereits recht raffinierte Taktiken und auch Werkzeuge einsetzen: „Um Perioden von Obstknappheit besser zu überstehen, nutzen Schimpansen Werkzeuge, mit denen sie energiereiche Nüsse knacken oder Bienenstöcken Honig entnehmen“, berichten die EVA-Forscher. „Darüber hinaus können sie ihr hoch entwickeltes Gehirn einsetzen und damit andere Tiere beim Erschließen der leicht zugänglichen und kurzlebigen Früchte “ausstechen“. Dazu gehört die Fähigkeit, Futterbäume zu generalisieren oder zu klassifizieren, sich an die ungefähre Menge und Häufigkeit der Obstproduktion vergangener Jahre zu erinnern und die Rückkehr zu bestimmten Futterbäumen flexibel zu planen.“

Obstmangel kann Fortpflanzung behindern

Obst ist andererseits für die Schimpansen eine besonders wichtige Nahrungsquelle: Im Gegensatz zu vielen anderen Affen können Menschenaffen keine Waldprodukte verdauen, die über eine „chemische Abwehr“ verfügen, wie es bei den meisten vollentwickelten Blättern und einigen Samen der Fall ist, so EVA. „Zu wenig Obst auf dem Speiseplan führt zum Beispiel bei weiblichen Schimpansen zu Problemen bei der Fortpflanzung.“

Für ihre Analyse hatten die Leipziger Anthropologen neben eigenen Befunden auch mehrere Studien von Kollegen ausgewertet, eingeflossen sind z. B. Erkenntnisse der Harvard University, der McGill University, der University of St. Andrews und der Université Félix Houphouët Boigny.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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