Forschung

Neues Zentrum für Elektronikmaterialien entsteht in Dresden

Doktorand Alexander Fedorov ist aus Russland an das IFW Dresden gekommen, um zu forschen. Hier bereitet er gerade eine Vakuumkammer in den neuen unterirdischen Instituts-Laboren für eine spektroskopische Untersuchung vor. Foto: Heiko Weckbrodt

Doktorand Alexander Fedorov ist aus Russland an das IFW Dresden gekommen, um zu forschen. Hier bereitet er gerade eine Vakuumkammer in den neuen unterirdischen Instituts-Laboren für eine spektroskopische Untersuchung vor. Foto: Heiko Weckbrodt

Leibniz-Institut IFW und TU richten gemeinsames CTD ein

Dresden, 6. August 2015. Materialien, die Strom aus bisher ungenutzter Abwärme gewinnen, aber auch gedruckte Elektronik, neuartige Sensoren, Mikro-Wandler und Labore in Computerchip-Größe rücken künftig stärker in den Forschungsfokus des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) in Dresden. Das hat Professor Manfred Hennecke, der wissenschaftliche Direktor des Instituts angekündigt. Dafür baut das IFW unter anderem derzeit gemeinsam mit der Technischen Universität Dresden (TUD) ein neues „Center for Transport Devices“ (CTD, Zentrum für Transport-Bauelemente) auf.

Leibniz investiert 1 Million Euro in Elektronik-Labore

Das Leibniz-Institut investiert dort rund eine Million Euro in die Erstausstattung mit Laboranlagen und stellt auch Reinraum-Flächen bereit. Geleitet werden soll das CTD durch einen – noch zu berufenden – Professor der TUD. Das Zentrum soll elektronische Bauelemente erforschen und entwickeln, die sich Quantenphänomene und andere physikalische Effekte zunutze machen. Gedacht ist beispielsweise an energetisch besonders effiziente und kompakte Sensoren und Wandler, die aus ultradünnen Schichten zusammengesetzt werden, und beispielsweise für den Einsatz im Autobau und in anderen Industriezweigen geeignet sind. Auch winzig kleine Analyselabore („Lab on Chip“), zum Beispiel für den Einsatz in der Medizin- und Biotechnik, werden ein Forschungsthema sein.

Prof. Manfred Hennecke will als wissenschaftlicher Direktor das Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) neu ausrichten. Foto: Heiko Weckbrodt

Prof. Manfred Hennecke will als wissenschaftlicher Direktor das Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) neu ausrichten. Foto: Heiko Weckbrodt

IFW rückt vom Lieblingsthema Supraleiter ab

Damit gibt das Dresdner Institut zwar seinen früheren Forschungsfokus „Supraleiter“ nicht ganz auf, rückt davon aber mehr und mehr ab. Bei Supraleitern handelt es sich um Materialien, die bei tiefen Temperaturen Strom widerstandslos leiten. Sie sollten – so die Idee – zu extrem energieeffizienten Maschinen und Stromkabeln führen.

Marktdurchbruch blieb bisher aus

Auf die Entwicklung solcher Werkstoffe und deren Anwendung hatte sich das IFW unter seinem früheren Direktor Prof. Ludwig Schultz jahrelang stark konzentriert. Zwar gelangen einige bemerkenswerte Fortschritte und auch die Ausgründung der Firma evico für Supraleit-Kabel – doch der große Marktdurchbruch für diese Technologie ist bisher ausgeblieben. „Die Blütenträume der frühen 1990er Jahre, als man noch glaubte, in spätestens fünf Jahren haben wir Supraleittechnik in jedem Haushalt, haben sich nicht bewahrheitet“, erklärte IFW-Direktor Manfred Heckecke. Immer noch gebe es zu viele praktische Probleme mit der Supraleittechnik, auch sei sie weiterhin sehr teuer. „Und da sind leider auch kaum durchgreifende Fortschritte in Sicht“, sagte er.

Zudem dringe der Freistaat Sachsen darauf, dass das IFW künftig mehr praktische Entwicklungsergebnisse für die mittelständische Wirtschaft in der Region vorzeigen soll. Auch deshalb war eine Neuausrichtung notwendig geworden.

Sollen durch Glaswände hindurch Roboterhände antreiben: Supraleitroboter. Visualisierung: evico

Sollen durch Glaswände hindurch Roboterhände antreiben: Supraleitroboter. Visualisierung: evico

Richtungsstreit nach dem Abgang von Supraleit-Schultz

Nachdem Prof. Schultz vor zwei Jahren das IFW verlassen hatte, entbrannte ein heftiger Streit zwischen den Teilinstituten im Hause über die künftige wissenschaftliche Ausrichtung. Mit Professor Manfred Hennecke wurde – auch auf Betreiben der Leibniz-Gemeinschaft – inzwischen ein neuer wissenschaftlicher Direktor für das Gesamtinstitut berufen. Der 66-jährige Hennecke wird das IFW allerdings nur übergangsweise bis Ende 2015 leiten und soll in dieser Zeit als Außenstehender die Richtungsstreits schlichten und einen endgültigen Nachfolger an der Instituts-Spitze suchen.

Neuer Teilinstituts-Leiter will Strom aus Abwärme gewinnen

Prof. Kornelius Nielsch., Foto: Elfriede Liebenow, IFW

Prof. Kornelius Nielsch., Foto: Elfriede Liebenow, IFW

Derweil dreht sich das Personalkarussell im IFW weiter: Prof. Jürgen Eckert, der bisher das Teilinstitut für Komplexe Materialien leitete, wird im September 2015 eine Berufung an die Montanuniversität Leoben in Österreich annehmen. Dafür ist mit Prof. Kornelius Nielsch „frisches Blut“ hinzugekommen: Der 42-jährige Physiker leitet nun das Teilinstitut für Metallische Werkstoffe, das zuletzt noch Prof. Schultz interimsmäßig geführt hatte, als er sich bereits aus der IFW-Gesamtleitung ausgeschieden war.

Damit bahnt sich auch für diesen Forschungspfeiler im IFW eine neue Ausrichtung an: Nielsch gilt als Experte für thermoelektrische Funktionsmaterialien. Dies sind Materialien, die Strom und Wärme ineinander umwandeln können – eine interessante Beschichtungsoption beispielsweise für Automotoren, um deren ungenutzte Abwärme elektrisch nutzen zu können. Jahrelang hatte sich diese Werkstoffklasse wegen ihres recht niedrigen Wirkungsgrades nicht so recht durchsetzen können. Neue Ansätze, beispielsweise durch den Einsatz von Nanotechnologie und künstlichem Werkstoff-Design, lassen aber nun auf neue Perspektiven für diese Technik hoffen. Autor: Heiko Weckbrodt

Zum Weiterlesen:

Evico und IFW Dresden entwickeln mit Lexus schwebendes Supraleit-Hoverboard

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt