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Internet-Nutzer teilen Nachrichten vor allem über Facebook

Besonders Nachrichten über Gewalt und "bunte" Themen werden sehr häufig über Kontaktnetzwerke wie Facebook weiterverbreitet. Montage: hw

Besonders Nachrichten über Gewalt und „bunte“ Themen werden sehr häufig über Kontaktnetzwerke wie Facebook weiterverbreitet. Montage: hw

Gewalt und „bunte“ Themen werden besonders oft weiterverbreitet

Dresden/Darmstadt, 6. Februar 2015: Deutsche Internetnutzer verbreiten Nachrichten immer häufiger über Kontaktnetzwerke wie Facebook, Twitter und Google+ weiter – wobei hier Facebook in Deutschland eine fast monopolartige Stellung gewonnen hat. Das geht aus der jüngsten Ausgabe einer gemeinsamen Langzeitstudie der Universitäten Dresden und Darmstadt über die Nachrichtenverbreitung im Internet hervor. Besonders oft geteilt werden demnach Berichte über Gewaltverbrechen, Kriege, Sportereignisse, Katastrophen und bunte Boulevard-Themen, wobei „bild.de“ inzwischen „Spiegel Online“ als meistgeteilte Nachrichtenquelle abgelöst hat.

Poetry-Slams, Totschlag und Hexenjagd gehörten zu meistgeteilten Berichten

Zu den meistverbreiteten Berichten gehörten im vergangenen Jahr auf Facebook ein „Stern.de“-Beitrag über einen Poetry-Slam (Schnellgedicht-Wettbewerb) in Bielefeld, ein „Bild.de“-Artikel über den mutmaßlichen Totschläger des Mädchens Tugce und ein Bericht von „Süddeutsche.de“ über eingenähte Hilferufe in Primark-Klamotten. Bei Twitter gehörten Berichte über einen faschistoiden Wahlkampf in Indonesien, eine „Hexenjagd“ in der Türkei und ein Homosexuellen-Outing zu den beliebtesten News, auf Google+ waren es Online-Artikel über Mode, WhatsApp-Konkurrenten und über Gas-Fracking. Es zeige sich immer mehr, so die Forscher, dass über Facebook Nachrichten quer durch das ganze Themensortiment weiterverbreitet werden, vor allem aber Gewalttaten, auf Twitter vergleichsweise mehr politische Nachrichten, auf G+ eher technische Themen.

Gehörte 2014 auf Facebook zu den den
meistverbreiteten Berichten (Video: Stern):

Facebook baut Quasi-Monopol auf, Twitter verliert, Google+ stagniert

Ãœber die Jahre hinweg betrachtet, zeigt sich aber auch immer mehr, dass Facebook ein Quasi-Monopol in der Nachrichten-Weitergabe aufgebaut hat: Gemessen an der Zahl der empfohlenen Nachrichten stieg der Facebook-Anteil seit 2012 von 80 auf 91 Prozent, der Twitter-Anteil sank von 19 auf sieben Prozent, Google+ stagniert seit Jahren um die 2,5 Prozent.

„Twitter hat bei der Nachrichtenweitergabe an Boden verloren, während Facebook seinen Marktanteil ausbauen konnte“, schätzte Professor Thorsten Strufe von der Fakultät Informatik der TU Dresden ein. „Da mag es eine Rolle spielen, dass Twitter in Deutschland ohnehin nie richtig Fuß fassen konnte, Facebook andererseits schon immer die größte Nutzergruppe hatte. Wenn dann neue Nutzer hinzukommen, dann neigen sie dazu, sich überproportional stark dem Netzwerk anzuschließen, in dem sie ohnehin die meisten Leute zu finden hoffen.“ Sein Kollege Professor Oliver Hinz von der Uni Darmstadt warnte: „Diese Entwicklung könnte zu einem Monopol für Facebook bei der Nachrichtenweitergabe in Sozialen Netzen führen.“

Dreimal so viele News weiterverteilt wie 2012

Die beliebtesten Online-Nachrichtenquellen für deutsche Netznutzer. Abb.: TU DResden, Uni Darmstadt

Die beliebtesten Online-Nachrichtenquellen für deutsche Netznutzer. Abb.: TU DResden, Uni Darmstadt

Insgesamt werteten die Forscher im jüngsten Durchlauf 476.000 online publizierte Artikel auf 15 besonders beliebten deutschen Nachrichtenseiten aus. Diese wurden 83 Millionen Mal auf diversen Netzwerken weiterverbreitet, wurden dort als geteilt, mit „Gefällt mir“ versehen oder anderweitig empfohlen. Damit wurden Nachrichten mehr als dreimal von den Nutzern so oft weiterverbreitet wie noch zu Beginn der Langzeitstudie im Jahr 2012. Die Informatiker aus Dresden greifen für die Datensammlung im Drei-Stunden-Takt auf die beliebtesten deutschen Nachrichtenseiten zu, verzeichnen die neu publizierten Berichte und werten dann mehre Wochen lang über eine automatische Schnittstelle zu den Kontaktnetzwerken aus, wie oft welche Nachricht wie oft geteilt oder anderweitig empfohlen wird.

WhatsApp nicht auswertbar

In Zukunft könnten die Wissenschaftler mit dieser Methode allerdings gewisse Probleme bekommen, da junge Internetnutzer laut neueren Umfragen verstärkt Direkt-Nachrichtendienste wie „WhatsApp“ statt „Facebook“ nutzen – und die unterstützen solche automatisierten Auswertungen nicht. Autor: Heiko Weckbrodt

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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