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Das bunte Reich der Steine in Freiberg

Wulfenit, Kupfer und Malachit (von links) und viele andere Schmucksteine und Mineralien, Metallfunde sind in der "Terra mineralia" effektvoll in Szene gesetzt. Foto: Heiko Weckbrodt

Wulfenit, Kupfer und Malachit (von links) und viele andere Schmucksteine und Mineralien, Metallfunde sind in der „Terra mineralia“ effektvoll in Szene gesetzt. Foto: Heiko Weckbrodt

Brillante Schau „Terra mineralia“ in Schloss Freudenberg zeigt über 3500 Schmuck- und Edelsteine

Bei „Radioaktivität“ denken die meisten wohl an Fukushima und Tschernobyl, an lebengefährliche Strahlung. In viel schwächeren Dosen umgibt uns Radioaktivität als natürliche Hintergrundstrahlung aber seit jeher – und ohne sie wäre unsere Welt auch farbloser. Denn sie maust beispielsweise Elektronen aus einzelnen Eisenatomen in Quarzkristallen und sorgt so für das Lila des Amethysten. Eine faszinierende Reise durch diese über Millionen von Jahren entstandene bunte Welt der Schmucksteine kann der Besucher des sächsischen Freibergs in der Ausstellung „Terra mineralia“ unternehmen.

Bergbau- und Kristallsymbole im ganzen Schloss

Über 3500 Schmuck- und Edelsteine sowie Meteoriten sind in der vor sechs Jahren eröffneten Dauerausstellung der Bergakademie Freiberg zu sehen, die sich wesentlich auch durch eine Schenkung der privaten Sammlerin Erika Pohl-Ströher aus dem Jahr 2004 gespeist wird. Und die montanen Motive ziehen sich durch das ganze – schmuck sanierte – Schloss Freudenberg. Gekreuzte Bergmanns-Hämmer zieren die in den Fenstern und überall sind Kristallsymbole versteckt: im Pflaster des Schlosshofes, im Design der Schauräume, in den Bauklötzchen der Kinderspielecke und natürlich in den Vitrinen selbst.

Videoimpressionen (Heiko Weckbrodt):

Mit Licht und Design toll in Szene gesetzt

Auch die einzelnen Themenwelten der insgesamt 1500 Quadratmeter fassenden Ausstellung folgen durchdachten farblichen und strukturellen Prinzipien: Das Foyer ist in Amethyst-Lila gehalten, die effektvoll ausgeleuchteten Vitrinen im Amerikasaal nehmen die Geometrie von Kristallen auf, der Afrikasaal folgt den Mäandern der großen afrikanischen Flüsse, in der Europaabteilung und vielen anderen Stellen erinnern die tragenden Holzbalken an die aufwendigen Grubenstützen des mittelalterlichen Bergbaus. Dabei sind gar wundersame Strukturen zu sehen, die da die Natur geformt hat und die unsere Augen foppen: Manche Kristalle ähneln aufgeschütteten Cornflakes, andere Seeigel, Antennen oder aufgeplatzten Rieseneiern.

UV-Strahlung bringt die Mineralien zum Leuchten. Foto: Heiko Weckbrodt

UV-Strahlung bringt die Mineralien zum Leuchten. Foto: Heiko Weckbrodt

UV-Licht entreißt Kristallen „geheime Farben“

Zu den faszinierendsten Schausegmente gehört der dunkle UV-Raum. Dort bringen unsichtbare ultraviolette Strahlen verschiedener Wellenlängen die geheimen leuchtenden Farben, die Lumineszenz diverser Minerale zum Vorschein. Die beginnen erst zu schimmern, wenn UV-Wellen die Atome in den Kristallgittern treffen: Deren Elektronen hüpfen dann kurz in eine höhere Umlaufbahn, kehren dann erschöpft zurück und senden dabei sichtbares farbiges Licht aus.

Schatzkammer mit Kleinodien

Zu den Höhepunkten gehört auch die Schatzkammer. In dem Erdgeschossgewölbe sind besonders große, wertvolle und attraktive Edelsteine zu sehen – nebst Schmuckstücken, die Juweliere aus solchen Funden geformt haben.

Im Labor können Kinder die Mineralien unter dem Mikroskop betrachten. Foto: Heiko Weckbrodt

Im Labor können Kinder die Mineralien unter dem Mikroskop betrachten. Foto: Heiko Weckbrodt

Auch Kinder kommen auf ihre Kosten

Die Schau ist im Übrigen auch für Kinder – etwa ab dem Kindergartenalter – geeignet. Denn abgesehen von der erwähnten Spielecke mit Kristall-Baukästen gibt es zum Beispiel ein Mikroskopier-Labor, in dem sie Schwefel, Rubine, Graphit und viele andere Mineralien unter die Lupe nehmen können.

Auch haben die Kuratoren Labyrinthe sowie einen begehbares, milliardenfach vergrößertes Kristall einbauen lassen, in dem die lieben Kleinen durch Fluoratome toben können, die sich in den Spiegelwänden bis in die Unendlichkeit auszudehnen scheinen.

 

 

Fazit: faszinierend

Cornflakes? Foto: Heiko Weckbrodt

Cornflakes? Foto: Heiko Weckbrodt

Mit der Zeit erschlägt den Besucher zwar auch die ganze kristallene Farbenpracht etwas: Nach der 17 Inkarnation von Gips oder Rubin sagt man sich vielleicht innerlich: Okay, tolle Sache, jetzt weiß ich Bescheid. Aber mit den öden Schotterschaukästen mancher altbackener Mineralienmuseen hat „Terra mineralia“ überhaupt nichts zu tun, sondern ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Konzeption und Inszenierung der Steine sind schlichtweg chic, modern, oder, wie „Enterprise“-Vulkanier Spock wohl sagen würde: „Faszinierend!“. Autor: Heiko Weckbrodt

 

 

Zahlen & Fakten:

Bizarre Kristallstrukturen in der Schatzkammer. Foto: Heiko Weckbrodt

Bizarre Kristallstrukturen in der Schatzkammer. Foto: Heiko Weckbrodt

Was? „Terra mineralia“, Schmuckstein-Dauerausstellung der Bergakademie Freiberg

Wo? Schloss Freudenberg in 09599 Freiberg (Sachsen), Schlossplatz 4

Wann? Montags bis freitags 10 bis 17 Uhr, sonnabends und sonntags 10 bis 18 Uhr

Wie groß? Ca. 3500 Mineralien, Edelsteine und Meteoriten auf insgesamt 1500 Quadratmetern

Eintritt? Erwachsene 8 €, Kinder und Ermäßigte 4 €, Familienkarte 18 €, Fotoerlaubnis (man bekommt einen grünen Aufklebpunkt): 3 €

Mehr Infos hier im Netz

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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