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Dank moderner Wissenschaft: In fünf Minuten 30 Jahre gealtert

Der Oiger im Selbstversuch: dank moderner wissenschaft mit einem Schlag um 30 Jahre gealtert. Foto: Carola Fritzsche

Der Oiger im Selbstversuch: dank moderner Wissenschaft mit einem Schlag um 30 Jahre gealtert. Foto: Carola Fritzsche

Selbstversuch: Evangelische Hochschule Dresden verwandelt angehende Pflegeexperten in Hochbetagte

Dresden, 28. Juni 2013: Plumps: Die massige schwarze Weste hat sich über den Pullover gelegt und verleiht mir mit ihren Rippen das Aussehen eines UN-Soldaten in einem Krisenherd. „Die Gewichte simulieren den Muskelschwund bei Senioren“, erklärt mir Viola Schmidt, während sie an mir herumzupft. Ratsch-ratsch – jetzt hat mir die Forscherin die Ellenbogen mit Klettverschlüssen schwergängig gemacht. Soll mir zeigen, wie die Beweglichkeit mit dem Alter abnimmt, sagt die junge Dame und behängt mich und behängt mich.

Tapsen wie ein Golem

Ich versuche ein paar elegante Dehnungsübungen – und fühle mich an den Titel eines deutschen Stummfilmklassiker erinnert: „Der Golem, wie er in die Welt kam“. Ähnlich wie der künstliche Mensch aus Lehm kann ich inzwischen nur noch müd-schwerfällig tapsen. Zum Schluss bekomme ich noch eine coole gelbe Brille und ein paar Ohrschützer übergestülpt, die jeden Bohrhammer-Meister vor Neid erblassen lassen sollten. „So“, beäugt Viola Schmidt ihr Werk kritisch, „kann losgehen.“

Golem-Video (Heiko Weckbrodt & Carola Fritzsche):

Brille, Ohrschützer und Gewichte simulieren Alterung

Das aber ist leichter gesagt als getan: Die Welt ist für mich zu einem dumpfen, beschwerlichen Jammertal geworden. Die „Sonnenbrille“ erweist sich als Sichteinschränker, der Flur in der Evangelischen Hochschule (EHS) in Dresden-Johannstadt scheint sich schier endlos hinzustrecken. „Tapp“ – ein Schritt. „Tapp“- und noch einer… Undeutliches Gebrabbel lässt mich meinen Leib schwerfällig nach rechts hieven. Dort grinst die wissenschaftliche Mitarbeiterin: Ja, ich bin nahezu taub geworden, binnen fünf Minuten um 30 Jahre gealtert.

Experiment soll Studenten Pflegestrategien zeigen

Und das ist Absicht. Denn mit der scheinbar hippen „Robocop“-Ausrüstung verwandeln die EHS-Dozenten selbst den agilsten Studenten in einen Rentner. Veranschaulichen wollen sie damit den angehenden Alterspflege-Experten, wie sich Routine-Verrichtungen, die ein junger Spund ganz selbstverständlich erledigt, für Senioren mit wachsendem Alter, eingeschränkter Beweglichkeit, Muskulatur, Seh- und Hörvermögen zu Tantalus-Qualen des Alltags entwickeln: Nach einem Glas oben im Schrank greifen, Tropfen auf einen Löffel träufen, auf heranrasende Autos achten… „Wir wollen damit unseren Studenten Strategien für die Pflege alter Menschen veranschaulichen“, betont EHS-Professor Thomas Fischer.

Wer dieses Experiment am eigenen Leibe erproben will, hat dazu am kommenden Freitag ab 18 Uhr Gelegenheit: Zur Langen Nacht der Wissenschaft lädt die EHS, Dürerstraße 25, Besucher dazu ein, selbst einmal mit der Hilfe solch eines Anzugs einen „Zeitsprung“ ins eigene Alter zu machen, wie Fischer sagt. Ich jedenfalls bin froh, als ich mein Marschgepäck loswerde: Mit jedem Schritt und jeder Minute wird der Anzug drückender und drückender. Und das jeden Tag? Oje. Heiko Weckbrodt

 

Abb:: Veranstalter Wissenschaftsnacht

Abb:: Veranstalter Wissenschaftsnacht

Wissenschaftsnacht Dresden am 5. Juli 2013:

Diese und über 600 weitere Experimente, Shows, Vorträge und Veranstaltungen sind Teil der Langen Nacht der Wissenschaft in Dresden:

– 5. Juli, 18 bis 1 Uhr

– 610 Veranstaltungen in sechs Hochschulen und 36 außeruniversitären Instituten an über 120 Orten

– 120 Veranstaltungen speziell für Kinder

– Programmhefte gibt’s kostenlos in vielen Kultureinrichtungen, Kneipen und Bürgerbüros. Das Programm ist zudem auf dieser Seite zum Herunterladen und als Suchdatenbank verfügbar.

– App (Mini-Programm) mit Datenbank, Karte etc. für Android-Computertelefone (ab Android 2.2) hier im Google Play Store

– Programmheft bzw. App berechtigen während der Wissenschaftsnacht zu kostenlosen Fahrten zwischen den Veranstaltungsorten mit den regulären DVB-Bussen und -Bahnen. Außerdem setzen die DVB zwischen Plauen und Tolkewitz die Sondertramlinie N8 ein, auf dem Campus der TU Dresden die Sonderbuslinie N6 und im Dresdner Norden die Sonderbuslinie N7.

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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