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Dresdner Bibliotheken erhöhen Gebühren

Die Ausleihe klassischer Bücher ist in den Städtischen Bibliotheken rückläufig - die eBook-Ausleihe dagegen boomt. Foto: Heiko Weckbrodt

Die Ausleihe klassischer Bücher ist in den Städtischen Bibliotheken rückläufig – die eBook-Ausleihe dagegen boomt. Foto: Heiko Weckbrodt

Erwachsene bezahlen ab Sommer 25 % mehr, für Jugendliche wird es kostenlos

Dresden, 10. April 2015: Die Städtischen Bibliotheken Dresden hatten im vergangenen Jahr weniger Leser, wollen nun die Jahresgebühren für Jugendliche abschaffen und die für Erwachsene verteuern. Außerdem planen sie den Aufbau virtueller Schulbibliotheken sowie ein sachsenweit einzigartiges Pilotprojekt, um Asylbewerber in die Bibliotheken zu locken, damit sie sich dort kostenlos bilden und Zugang zur deutschen Kultur bekommen. Dies hat Bibliotheken-Direktor Arend Flemming heute angekündigt.

Stammleser kommen um Teuerung herum

Einige der Änderungen im Einzelnen: Erwachsene Dresdner müssen ab Juli 2015 ein Viertel mehr bezahlen, wenn sie die Städtischen Bibliotheken nutzen wollen, nämlich 15 Euro pro Jahr. Im Gegenzug fallen zeitgleich die Jahresgebühren für Jugendliche weg. Erwachsene können sich dennoch um die Teuerung „herummogeln“: Wer ein Bibliotheks-Abo hat und die Gebühren jährlich abbuchen lässt, muss nur zehn Euro zahlen.

Arend Flemming, Foto: Heiko Weckbrodt

Arend Flemming, Foto: Heiko Weckbrodt

0-Gebür für Jugendliche soll auch virtuelle Schulbibliotheken ermöglichen

Der Verzicht auf Jahresgebühren für junge Dresdner sei nicht nur dem sozialen Anliegen geschuldet, Jugendlichen einen kostenlosen Zugang zu Bildung zu bieten, sondern soll auch lizenzrechtliche Hürden ausräumen, damit in Dresden ab 2016 virtuelle Schulbibliotheken aufgebaut werden können, erklärte Flemming.

eBook-Streit zwischen Bibos und Verlagen hält an

Hintergrund ist ein alter Streit zwischen Verlagen und Bibliotheken. Letztere rangen (in der BRD alt) den Unternehmern in den 1950er Jahren das unbegrenzte Verleihrecht für jedes Buch ab, dass sie kauften – im Gegenzug werden Verlage und Autoren durch die Bibliothekstantieme entschädigt. Seit aber elektronische Bücher (eBücher bzw. eBooks) boomen, wiederholt sich dieser Streit: Die Bibliotheken wollen ein generelles Verleihrecht für angeschaffte eBooks. Die Verlage dagegen fürchten, dass dann niemand mehr ihre neuen eBücher kauft. Der Zank ist noch nicht bis zum letzten ausgetragen, aber es gibt bereits einen Kompromiss: Bibliotheken dürfen entsprechend lizenzierte eBooks nicht an jedermann, aber an einen „begrenzten Nutzerkreis“, sprich: nur registrierte Bibliotheksnutzer verleihen.

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Jeder Schüler soll Bibliotheks-Nutzer werden

Und weil die Städtischen Bibliotheken anstelle der längst geschlossenen klassischen Schulbibliotheken ab 2016 virtuelle Schul-Bibos einrichten wollen, in denen unterrichts-relevante eBücher je nach Schultyp und einzelner Schule elektronisch gebündelt werden, muss dann entsprechend des genannten Kompromisses ALLE Schüler einen Bibliotheks-Ausweis haben – was man nach Ansicht von Arend Flemming den Eltern nur zumuten kann, wenn diese Ausweise an Schüler kostenlos ausgegeben werden können.

eBuch-Verleih boomt

Generell hat sich die eBuch-Ausleihe in den Städtischen Bibliotheken Dresden zum Renner entwickelt: Die 2009 gegründete Internet-Filiale „eBibo“ erzielt jährlich enorme Zuwächse. Im vergangenen Jahr registrierte die eBibo 143.000 Entleihungen digitaler Medien wie eben eBooks, das waren 54 % mehr als im Vorjahr.

Klassische Ausleihe rückläufig – auch wegen Sparvorgaben

Anders hingegen die Lage im klassischen „Analog-Papier-Sektor“: Insgesamt nämlich verschlechterten sich erstmals seit drei Jahren die zentralen Leistungskennzahlen der Städtischen Bibliotheken. Die Zahl der Entleihungen sank um 2,7 % auf 5,52 Millionen Entleihungen, auch meldeten die Bibliothekare nur noch 1,64 Millionen Besuche, was einem Rückgang um 5,9 % entspricht.

Ausleih-Renner 2014:

Belletristik:
Lutz Seiler: Kruso

Kinderliteratur:
Jeff Kinne: Gregs Tagebuch, 9. Böse Falle!

Sachliteratur:
Giulia Enders: Darm mit Charme

Musik:
Helene Fischer: Farbenspiel

Hörbuch:
Jonas Jonasson: Die Analphabetin, die rechnen konnte


Direktor Flemming führte dies vor allem auf die Folgen von Sparmaßnahmen und Umbauten zurück. So mussten die Öffnungszeiten sowie das Fahrbücherei-Netz wegen Sparvorgaben aus dem Rathaus reduziert werden. Auch schlossen einige Bibliotheken wie zum Beispiel die Zweigstelle Neustadt monatelang, um auf die neue Funkchip-Ausleihe nach dem RFID-Standard umzustellen.

So sehen die RFID-Etiketten auf CDs aus: Silberfäden. Foto: Heiko Weckbrodt

So sehen die RFID-Etiketten auf CDs aus: Silberfäden. Foto: Heiko Weckbrodt

10 weitere Bibliotheken werden 2015 auf Funkchips umgerüstet

Inzwischen hätten sich die Leser nach einigen Startproblemen insbesondere bei älteren Nutzern auch an diese neue Ausleihtechnik in der Neustadt gewöhnt, erklärte Flemming. Er will in diesem Jahr noch zehn Zweigstellen auf RFID umstellen.

Besucher probieren in der eben auf RFID-Technik umgetellten und heute wiedereröffneten Bibliothek Dresden-Cotta die neue Funk-Ausleihe aus. Foto: Elke Ziegler

Besucher probieren in der eben auf RFID-Technik umgetellten und heute wiedereröffneten Bibliothek Dresden-Cotta die neue Funk-Ausleihe aus. Foto: Elke Ziegler

Neues Domizil für Süd-Bibo

Auch ein größer Umzug steht auf der Agenda: Die Süd-Bibliothek soll in naher Zukunft von ihrem Altbaudomizil am Nürnberger Ei in einen noch von einem privaten Investor zu errichtenden Neubau nahe am Nürnberger Platz umziehen. Autor: Heiko Weckbrodt

Zum Weiterlesen:

Bibliotheken planen Bildungslotsen für Flüchtlinge

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt