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Selbst Babys lernen schon Grammatik

Babys lernen im Schlaf. Foto (bearbeitet): Heiko Weckbrodt

Babys lernen im Schlaf. Foto (bearbeitet): Heiko Weckbrodt

Neurowissenschaftler aus Leipzig

Leipzig/Berlin, 5. Januar 2023. Lange bevor Kinder die Regeln ihrer Muttersprache verstehen, wenden sie diese schon unbewusst an und können grammatikalisch korrekte Sätze bilden. Schon sechs bis acht Monate alte Babys bauen sehr schnell ein Gedächtnis für die regelhaften Beziehungen von sprachlichen Elementen auf. Darauf haben Neurowissenschaftler vom vom-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) Leipzig, von der Humboldt-Uni Berlin sowie Forscher aus Lübeck und Tübingen hingewiesen.

Deutsche Babys checken italienische Grammatik

Für ihre Studie hatten die Forscher die Hirnreaktion von 85 Babys aus deutschen Familien gemessen. Die Kinder hörten in einer Lernphase und einer späteren Testphase jeweils zehn Minuten lang kurze italienische Sätze hörten – zunächst mit richtigen Verben-Endungen und später mit falschen Fügungen. In der Testphase präsentierten die Wissenschaftlern den Babys teilweise auch Sätze mit neuen Verben, die richtige oder falsche Endungen hatten. Anhand der Hirnreaktionen schlussfolgerten die Forscher, dass selbst sehr kleine Kinder schon die grammatikalisch richtigen Verb-Endungen erwarten – selbst wenn sie das neue Tätigkeitswort noch gar nicht kannten.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Kinder schon im Alter von sechs Monaten über Gedächtnismechanismen verfügen, die für das Lernen von Grammatik relevant sind“, betont Studien-Seniorautorin Angela D. Friederici v Leipzig. „Darüber hinaus sind sie ein erster Hinweis darauf, dass sich die frühesten Mechanismen des Grammatiklernens von denen des Lernens von Wortbedeutungen unterscheiden.“

Schlaf beeinflusst Lernkurve

Allerdings beeinflusst auch Schlaf die Lernkurven der Babys: Kinder, die zwischen Lern- und Test phase einen Mittagsschlaf einlegten, reagierten anders auf die neuen Sätze als die Wachgruppe. „Wir gehen davon aus, dass dieser neue Gedächtniseffekt nach dem Schlafen auf einem im Schlaf neu gebildeten Gedächtnis beruht“, erklärt Studien-Erstautorin Manuela Friedrich. „Die Art der Reaktion lässt vermuten, dass sich das Gedächtnis im Schlaf weiterentwickelt und das kindliche Gehirn die regelhaften Beziehungen nach dem Schlafen in einer neuen Form speichert.“

Quelle: MPI-CBS

Wissenschaftliche Publikation:

Manuela Friedrich, Matthias Mölle, Jan Born & Angela D. Friederici: „Memory for nonadjacent dependencies in the first year of life and its relation to sleep“, in: Nature Communications, https://www.nature.com/articles/s41467-022-35558-x

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt