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Mehr Geld für Forschung an Roboterhaut und Handprothesen

Forscher vom DFG-Graduiertenkolleg 2430 experimentieren sich mit sich verformenden Textilien. Foto: ITM der TUD

Forscher vom DFG-Graduiertenkolleg 2430 experimentieren sich mit sich verformenden Textilien. Foto: ITM der TUD

Nachwuchswissenschaftler arbeiten in Dresden an neuer Generation intelligenter Textilien

Dresden, 8. November 2022. Wenn sich der Händedruck von Haushalts- und Gesellschafts-Robotern künftig menschlich statt unbarmherzig metallisch anfühlen soll, müssen die stählernen Gesellen noch einiges dazulernen. Zum Beispiel werden sie künstliche Haut und Muskeln brauchen, die ihre Form ähnlich elastisch ändern wie beim Menschen.

Einen Schlüssel dafür könnte eine neuartige Klasse flexibler und intelligenter Textilien liefern, an denen Nachwuchswissenschaftler an der Technischen Universität Dresden (TUD) arbeiten. Unter der Regie von Professor Chokri Cherif forschen bis zu 22 Doktoranden im Zuge des Graduiertenkollegs 2430 an „Interaktiven Faser-Elastomer-Verbünden“, in denen Aktoren und Sensoren direkt ins Gewebe integriert sind, statt sie nur nachträglich einzusetzen, wie bisher oft versucht. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat nun für die nächsten viereinhalb Jahre rund sechs Millionen Euro Fördergeld dafür zugesagt. Weitere vier Millionen Euro kommen von weiteren Geldgebern.

Verformer eingewebt, statt nur draufgesetzt

„Ziel ist die simulationsgestützte Entwicklung intelligenter Werkstoffkombinationen für autarke Faserverbundwerkstoffe“, heißt es in der TUD-Mitteilung. „Dabei werden Aktoren und Sensoren in die Strukturen integriert und müssen nicht mehr wie bisher nachträglich platziert werden.“ In der nun gestarteten zweiten Phase nehmen die Teams „ionische und helixförmige Aktor-Sensor-Konzepte“ in den Fokus. Damit sollen autarke Materialsysteme entstehen, die sich zielgerichtet dreidimensional verformen können.

ITM-Video über die
Ziele des Kollegs:

Abgesehen von Robotern könnten die neuen Materialien in Zukunft beispielsweise für bessere Handprothesen oder Trimmklappen für Land- und Wasserfahrzeuge sorgen. Generell sehen die Textilforscher viel Potenzial im Maschinen- und Fahrzeugbau, in der Architektur und Prothetik.

Was sind ionische Aktoren?

Zu den technologischen Ansätzen in der zweiten Projektphase erklärt Koordinator Johannes Mersch folgendes: „Ionische Aktoren sind eine Art von elektroaktiven Materialien. Beim Anlegen einer Spannung zwischen Elektroden wandern Ionen im Material hin und her, sodass es zu einer Volumenänderung kommt. Unser Ziel ist es, diese Strukturen als Garn herzustellen inklusive eines Festkörper-Elektrolyts als Ionenreservoir, um die Aktoren auch an Luft betreiben zu können. Zusätzlich ist eine ummantelnde Sensorschicht vorgesehen, die einerseits das elektrische Feld homogenisiert, aber auch als Messwandler zwischen Dehnung und elektrischem Signal genutzt werden kann. Dadurch können die Aktoren sich selbst überwachen und regeln.“

Was sind Helix-Aktoren?

Das gleiche Ziel habe auch die geplante Spiralform für Sensoren und Aktoren. Diese Helix-Struktur basiere jedoch auf anderen Prinzipien. „Das Aktorprinzip ist das eines dielektrischen Elastomer-Aktors, also zwei leitfähige Elektroden und ein Dielektrikum dazwischen. Bei Anlegen einer Hochspannung verformen sie sich deutlich. Jedoch können durch den helikalen Aufbau auch unkonventionelle Materialien verwendet werden, die eigentlich zu wenig dehnbar sind. Über die Geometrie der Helix kann dann das Kraft-Dehnungsverhalten bei Aktivierung eingestellt werden. Zusätzlich kann die Widerstandsänderung der Elektroden, die Kapazität des Kondesator-Aufbaus und die Induktivität der Helix (entspricht einer Spule) gemessen und zur Regelung des Aktors genutzt werden. Dabei soll nicht nur die Dehnung und Kraft gemessen werden, sondern auch eine Überstreckung der Helix erkannt und eine Schädigung so verhindert werden.“

Quelle: Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik (ITM) der TU Dresden

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt