News, Wirtschaft, zAufi
Schreibe einen Kommentar

Ifo: Mini-Konjunktur durch Flüchtlinge

ifo-Konjunkturprognose für Sachsen, Ostdeutschland und Deutschland für die Jahre 2015/16. Abb. (bearbeitet): ifo Dresden

ifo-Konjunkturprognose für Sachsen, Ostdeutschland und Deutschland für die Jahre 2015/16. Abb. (bearbeitet): ifo Dresden

Dresdner Wirtschaftsforscher prognostizieren überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum in Sachsen – auch durch Asylausgaben

Dresden, 16. Dezember 2015. Auch in Sachsen, das während der Flüchtlingskrise viel Negativ-Schlagzeilen produziert hat, wirkt sich der Zustrom von Asylbewerbern wie ein kleines Konjunkturprogramm für Baugewerbe, Handel und Dienstleistungssektor aus. Das geht aus einer Konjunktur-Prognose hervor, die Prof Joachim Ragnitz heute im Wirtschaftsforschungsinstitut ifo Dresden vorgestellt hat. Demnach werden die staatlichen Ausgaben für Flüchtlinge, die Unterkunfts-Aufträge an Baufirmen, Container-Hersteller, Wohnungsvermieter und Hoteliers sowie die eigenen Einkäufe der Flüchtlinge für mehr Wirtschaftswachstum im Freistaat sorgen. „Der Staatskonsum dürfte wegen der Flüchtlingsmigration weiter kräftig ausgeweitet werden“, heißt es in der ifo-Prognose. Zu ähnlichen Einschätzungen war kürzlich auch das IfW Kiel für ganz Deutschland gekommen.

2016 legt Sachsens Wirtschaft um 2 % zu

Insgesamt werde die sächsische Wirtschaft in diesem und im kommenden Jahr überdurchschnittlich wachsen, prognostizierte Ragnitz. Demnach legt das Bruttoinlandsprodukt im Freistaat in diesem Jahr um 1,9 % zu (Deutschland: 1,7 %, Ostdeutschland: 1,6 %), im Jahr 2016 dann um 2,0 % (Deutschland: 1,9 %, Ostdeutschland: 1,8 %). Gestützt werde dieses vergleichsweise starke Wachstum durch eine hohe Binnennachfrage, private und staatliche Konsumausgaben, niedrige Energie- und Rohstoffpreise, die Flüchtlings-Sonderausgaben sowie eine wieder bessere Auftragslage in der sächsische Konjunkturlokomotive, der Industrie.

Jochaim Ragnitz. Abb.: ifo DD

Jochaim Ragnitz. Abb.: ifo DD

Ökonomen rechnen mit Steuererhöhungen wegen Asylausgaben

Die Konjunktur-Effekte durch die Flüchtlinge seien zwar eher schwach und kurzfristig, würden die wirtschaftliche Dynamik aber doch fördern, betonte Ragnitz. Mittelfristig sei dann allerdings auch mit negativen Effekten zu rechnen. So müsse der Bürger mit Steuererhöhungen rechnen, damit der Staat die Zusatzausgaben für Aufnahme, Unterkunft und Integration der vielen Flüchtlinge finanzieren können, hieß es von den ifo-Forschern.

Ab 2017 über 300.000 Arbeitslose mehr

Zudem erwarten sie ab 2017 über 300.000 zusätzliche Arbeitslose in Deutschland, weil dann die anerkannten Asylbewerber für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen werden. Ob die zusätzlichen Arbeitslosen dann tatsächlich Flüchtlinge sein werden oder von diesen verdrängte Deutsche bzw. EU-Ausländer, bleibe abzuwarten.

„Sehen große Schwierigkeiten, Flüchtlinge in Arbeitsmarkt zu integrieren“

Ragnitz rechnet jedenfalls nicht damit, dass die rund zwei Millionen Flüchtlinge, die Deutschland laut ifo-Annahmen in diesem und im kommenden Jahr aufnehmen wird, den Fachkräftemangel der deutschen Wirtschaft entscheidend entschärfen können. „Wir sehen große Schwierigkeiten, die Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren und sind skeptisch, dass sie das Fachkräfteproblem losen“, sagte Ragnitz. Denn immer mehr kristallisiere sich heraus, dass die Qualifikationen der ankommenden Syrer, Afghanen und anderen Flüchtlinge in vielen Fällen nicht zu den gesuchten Stellenprofilen passen. Unterm Strich werde aber der gesamtwirtschaftliche Effekt der Flüchtlingskrise „wohl eher gering“ im Vergleich zu anderen Faktoren wie Weltkonjunktur, Investitionstätigkeit, Binnennachfrage etc. ausfallen, betonte der Professor.

Autor: Heiko Weckbrodt

 

Eckdaten der Konjunkturprognose Ostdeutschland und Sachsen Veränderungen zum Vorjahr in Prozent
Ostdeutschland (mit Berlin) Sachsen
2014 2015 2016 2014 2015 2016
Bruttoinlandsprodukt
1,6 1,6 1,8 1,9 1,9 2,0
Bruttowertschöpfung aller Wirtschaftsbereiche
1,5 1,7 1,8 1,8 2,0 2,1
Bruttowertschöpfung Produzierendes Gewerbe ohne Baugewerbe
1,8 3,7 3,2 3,9 3,9 3,4
Bruttowertschöpfung Baugewerbe
4,7 1,7 1,8 6,7 1,8 1,9
Bruttowertschöpfung Handel, Verkehr und Lagerei, Gastgewerbe, Information und Kommunikati-on
0,5 1,5 1,7 -1,5 1,7 1,9
Bruttowertschöpfung Finanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleister sowie Grund-stücks- und Wohnungswesen
0,8 1,6 1,7 1,0 1,7 1,8
Bruttowertschöpfung Öffentliche und sonstige Dienstleister, Erziehung und Gesundheit, Private Haushalte
1,5 0,8 1,2 1,3 0,9 1,3
Zahl der Erwerbstätigen
0,6 0,3 0,4 0,6 0,2 0,4
Nachrichtlich: Angaben für Deutschland
Bruttoinlandsprodukt Zahl der Erwerbstätigen
1,6 1,7 1,9 0,8 0,8 0,8
Die Angaben zum Bruttoinlandsprodukt und zur Bruttowertschöpfung basieren auf den Preisen des Vorjahres. Quelle: ifo Dresden

 

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

Schreibe einen Kommentar