Wirtschaft

Chipwerk-Ausrüster wieder auf Wachstumskurs

Die führenden Chipwerk-Ausrüster rechnen mit guter Auftragslage. Hier im Foto ist eine EUV-Demo-Anlage des niederländischen Ausrüsters ASML zu sehen. Dabei handelt es sich um eine noch junge Technik, bei der Chipstrukturen mit weichem Röntgenlicht erzeugt werden. Foto: ASML

Die führenden Chipwerk-Ausrüster rechnen mit guter Auftragslage. Hier im Foto ist eine EUV-Demo-Anlage des niederländischen Ausrüsters ASML zu sehen. Dabei handelt es sich um eine noch junge Technik, bei der Chipstrukturen mit weichem Röntgenlicht erzeugt werden. Foto: ASML

Morgen beginnt Europas größte Halbleitermesse „SEMICON Europe“ in Dresden

Dresden, 5. Oktober 2015. Obwohl die Geschäftsstimmung in der Mikroelektronik derzeit eher gedämpft ist, große Unternehmen wie AMD, Globalfoundries und Qualcomm sogar Personal vor die Tür setzen, ist in der Branche doch wieder Wachstum in Sicht: In vielen Unternehmen füllen sich offensichtlich die Auftragsbücher. Jedenfalls investiert die Halbleiterindustrie in diesem Jahr weltweit rund 37 Milliarden US-Dollar (33 Milliarden Euro) in neue Ausrüstungen für ihre Fabriken, also fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Für 2016 erwartet der SEMI-Verband einen weiteren Investitionszuwachs um 6,6 Prozent auf dann 39,4 Milliarden Dollar (35,2 Milliarden Euro). Das teilte Präsident Laith Altimime vom Branchenverband „SEMI“ im Vorfeld der Halbleitermesse „SEMICON Europa 2015“ mit, die morgen in Dresden beginnt und zu der Veranstalter SEMI über 5000 Fachbesucher erwartet.

Laith Altimime, der neue Präsident von SEMI Europe. Foto: hw

Laith Altimime, der neue Präsident von SEMI Europe, in der Messe Dresden. Foto: hw

Vor allem Speicherchip-Hersteller und Foundries bauen Kapazitäten aus

Erfahrungsgemäß haben solche Chipwerk-Investitionen mit einem gewissen Zeitverzug dann auch höhere Umsätzen in der Halbleiter-Branche zur Folge. SEMI-Präsident Laith Altimime rechnet damit, dass vor allem Speicherchip-Hersteller und – in wieder wachsendem Maße – Auftragsfertiger („Foundries“) wie TSMC, UMC (beide Taiwan) und Globalfoundries (USA/Deutschland) für Großaufträge bei den Chipwerk-Ausrüstern sorgen. Auch mittelfristig, konkret bis 2019, sei von einem weiteren Umsatz-Wachstum um die fünf Prozent pro Jahr bei den Chipwerk-Ausrüstern und Material-Zulieferern auszugehen.

Die 300-mm-Scheiben, die Infineon für seine neuen Leistungs-Halbleiter verwendet, sind so dünn, dass sie biegsam werden. Foto: Infineon

Die 300-mm-Scheiben, die Infineon für seine neuen Leistungs-Halbleiter verwendet, sind so dünn, dass sie biegsam werden. Foto: Infineon

Auch Dresdner Chipfabriken investieren

Zu den größeren Projekten in Europa gehören in diesem und im kommenden Jahr beispielsweise die Investitionen von Intel in seine Fabriken in Irland – dort will der Branchenprimus Linien auf- und ausbauen, die Prozessoren in der 14-Nanometer-Technologie produzieren. Größere Investitionen stehen auch in Dresden an: Hier will einerseits Globalfoundries eine Viertelmilliarde Dollar in seine neue FD-SOI-Technik (22 Nanometer) stecken, ein Großteil des Geldes dürfte für neue Anlagen gedacht sein. Andererseits hat Infineon angekündigt, die Kapazität seiner Spezialfabrik für Leistungshalbleiter in Dresden-Klotzsche zu erhöhen. Dort werden Chips auf sehr dünnen Siliziumscheiben mit 300 Millimetern Durchmesser hergestellt, die besonders hohen Spannungen und Stromstärken vertragen. Und in Frankreich beabsichtigt ST Microelektronics, seine Fab 2 in Crolles bei Grenoble erweitern.

Globalfoundries sieht „tektonische“ Veränderungen in der Mikroelektronik

Rutger Wijburg, Chef von Globalfoundries Dresden. Foto: GF

Rutger Wijburg, Chef von Globalfoundries Dresden. Foto: GF

Allerdings steht die Halbleiter-Branche derzeit vor großen Herausforderungen. Der Dresdner Globalfoundries-Standortchef Rutger Wijburg sprach gar von „tektonischen Veränderungen“. „Viele bisher verfolgte Strategien tragen nicht mehr“, sagte er. Habe die Industrie in der Vergangenheit etwa alle zwei Jahre die Chipstrukturen verkleinert und dadurch noch schnellere Prozessoren und Speicher zu guten Preisen verkaufen können, funktioniere dieser Weg – in der Branche „Moores Law“ genannt – nicht mehr so recht: Die Investitions-Kosten für jede neue Technologiestufe seien enorm angestiegen, gleichzeitig aber würden die erzielbaren Verkaufspreise für Chips immer mehr sinken. Konnten die Halbleiterhersteller in den vergangenen Jahren noch Preise von durchschnittlich 25 Dollar-Cent pro Quadratmeter Chipfläche durchsetzen, werde sich dieser Durchschnitts-Preis bis 2020 auf etwa 5 Cent zubewegen, prognostizierte Wijburg.

Industrie hofft auf Impulse durch „Internet der Dinge“

Die bitteren Folgen dieser Einschätzung bekamen erst kürzlich die Mitarbeiter der Dresdner Chipfabrik von Globalfoundries zu spüren: Wijburg kündigte in der vergangenen Woche an, dass bis zu 800 von derzeit noch rund 3700 Beschäftigten gehen müssen. Der Chipwerk-Chef hofft aber auf neue Aufträge, wenn die bereits erwähnte FD-SOI-Technologie in Dresden etabliert ist: Die soll für besonders kleine, billige und energie-effiziente Chips sorgen, die für das „Internet der Dinge“ (IoT) benötigt werden. Darunter versteht die Branche die drahtlose Vernetzung von unzähligen mobilen Endgeräten wie beispielsweise Smartphones, digitalen Fitnessarmbändern und Computeruhren. Manche Kritiker halten das „Internet der Dinge“ allerdings auch für eine pure Marketing-Blase, andere bezweifeln, dass Europas Mikroelektronik damit wirklich punkten kann.

Silicon Saxony: Industrie 4.0 wird alles umkrempeln

Heinz Martin Esser. Abb.: Silicon Saxony

Heinz Martin Esser. Abb.: Silicon Saxony

Speziell die deutsche Wirtschaft rechnet sich allerdings Impulse von einem Teilgebiet dieses „Internets der Dinge“ aus, von der „Industrie 4.0“. Unter diesem Schlagwort fasst die Bundesregierung seit 2012 den Trend, hochautomatisierte, vernetzte und „intelligente“ Fabriken zu schaffen, die deutlich produktiver arbeiten als heutige Werke. „Dieser Trend wird einen Bedarf nach Milliarden neuer Chips schaffen“, ist Heinz-Martin Esser vom sächsischen Hightech-Verband „Silicon Saxony“ überzeugt. „Industrie 4.0 und das Internet der Dinge werden zu einem tiefgreifenden Wandel in unseren Produktionsmethoden und in der ganzen Gesellschaft führen.“

Autor: Heiko Weckbrodt

Zum Weiterlesen:

Dresden muss sich Semicon-Messe mit Grenoble teilen

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt