Sächsische Autoren veröffentlichen ihre Vampir-Storys und Sachbücher per Digitalpfad selbst
Dresden/Großröhrsdorf, 23. April 2014: Alles begann mit einer Youtube-Idee in einem Ferienlager. „Ich war damals 16 und wollte mit ein paar Freunden ein Dämonen-Video machen“, erinnert sich Marie-Luis Rönisch. „Ich sollte die Geschichte dafür schreiben. Aus dem Video ist dann zwar nichts geworden, aber seitdem schreibe ich Bücher.“
Blutsauger geistern ab Sommer digital
Inzwischen ist Marie-Luis Rönisch 21 Jahre jung, lebt in Großröhrsdorf und hat bereits fünf Romane geschrieben, von denen einer ganz klassisch veröffentlicht wurde. „Ich habe aber bald gemerkt, dass das viele Probleme nach sich zieht, wenn man über einen Kleinverlag geht. Deshalb will ich meinen nächsten Roman als eBook selbst publizieren.“ Der soll „Blood of Love“ heißen, ist eine Vampir-Geschichte, etwa 400 elektronische Seiten lang und ist nahezu fertig. „Ich warte nur noch auf die Illustrationen, im Sommer oder Spätherbst will ich diesen ersten ,Blood’-Band dann auf Amazon veröffentlichen“, sagt die Autorin.
Autoren-Anteil bei Selbspublikation höher
Digital selbst zu publizieren, hat in ihren Augen mehrere Vorteile: Sie kann selbst bestimmen, wann und wie ihr Buch erscheint, ist nicht auf das Placet allmächtiger Verlags-Lektoren angewiesen, wenn sie die Roman-Reihe fortsetzen will, auch ist man als Autor bei einer Direktveröffentlichung bei Amazon besser an den Einnahmen beteiligt und kann Verkaufsstatistiken sofort einsehen. „Mir geht es nicht ums Geld“, betont Marie-Luis Rönisch. „Aber wenn ich das Buch für vielleicht drei, vier Euro anbiete, dann bekomme ich bei Amazon 70 Prozent der Erlöse, bei einem klassischen Verlag nur acht bis zehn Prozent.“
Werbung in der Bloggerszene
Als Selbstverlegerin muss sie sich freilich auch um all das kümmern, was sonst der Verlag dem Autor abnimmt, zum Beispiel die Werbung für ihr Buch. Aber auch hier sei sie über die Eigenpublikation näher an ihrer Zielgruppe, die sie bei Fantasy-Freunden ab 14 Jahren aufwärts sieht – die sich vorzugsweise im Internet herumtreiben. Deshalb setzt sie beispielsweise auf „Blog-Touren“, was heißt: Sie bietet Internet-Tagebuchschreibern (Bloggern) an, ihre Bücher zu rezensieren, auch Gewinnspiele, deren Sieger beispielsweise mit Vorab-Kapiteln des nächsten „Blood“-Romans belohnt werden. „Da bewege ich mit einer Bloggerszene, die mit Herzblut dabei ist“, meint die Autorin.
Dresdner Kraxler wählt für Klettersteig-eBook Verteilplattform
Und Marie-Luis ist nicht die erste und einzige im Raum Dresden, die die Chancen digitaler Buchpublikation erkannt hat. Ronny Siegel (er ist übrigens auch Autor beim Oiger) beispielsweise verdient seine Brötchen hauptberuflich mit Internet-Vermarktung, sein Hobby aber ist das Kraxeln. Nach und nach hat der 39-jährige Dresdner die „Klettersteige und Stiegen in der Sächsischen Schweiz“, erkundet, fotografiert und bewertet, in seinem Blog darüber geschrieben – und daraus ein kostenloses eBook gemacht, das er vor einem reichlichen Jahr über die Plattform „Feiyr“ publiziert hat.
„Nächstes Buch lade ich selbst hoch“
Der Zwischenschritt über solch einen Dienst habe Vor- wie Nachteile, meint Siegel: Einerseits kümmern sich Dienstleister wie „Feiyr“ zum Beispiel darum, dass aus einem Textdokument die richtigen eBook-Formate generiert werden, dass das elektronische Buch auf Dutzenden Verkaufsplattformen vertrieben wird. „Mein nächstes eBook werde ich aber wohl selbst hochladen, denn nur dann kann ich als Autor zum Beispiel bei Amazon auch die Download-Statistiken einsehen“, meint er.
Fließender Übergang zwischen Blog und eBuch
Ganz handfeste Vorteile der eBook-Eigenpublikation sieht auch Markus Franke: Der 27-jährige Medieninformatiker und Online-Vermarkter hat ein Handbuch für ein spezielles Computerprogramm geschrieben – und auch eine besondere Form gewählt: Sein eBuch „Einführung in die Shopware REST API” publiziert er als Blog-Beitrag in mehreren Kapiteln, die man im Internet kostenlos lesen kann. „In der Informatik verändert sich alles so schnell, dass ein Buch schon wieder überholt ist, bis es gedruckt erscheint“, meint er. „Ein Online-eBook dagegen kann ich ständig aktualisieren.“
Konzept: Inhalt gratis, wer mehr will, soll zahlen
Freilich will auch er irgendwann einmal damit Geld verdienen. Sein Plan: Die Informationen selbst bleiben kostenlos einsehbar, wer aber das eBook gegen Entgelt herunterlädt, bekommt zusätzliche Module wie Quell-Codes oder Videos. „Wir wollen dieses Konzept demnächst auch mit einem Kinderbuchautor testen“, erzählt Franke. „Die Geschichte selbst ist gratis, aber wer mehr haben will, also beispielsweise Illustrationen oder Videos, muss dann etwas dafür bezahlen.“
„Kreative Menschen bekommen mehr Chancen“
Franke wie auch Siegel sehen den eBook-Boom jedenfalls als Bereicherung für die Gesellschaft: „Kreative Menschen bekommen dadurch neue Chancen, etwas zu veröffentlichen“, meint Franke. Und auch Siegel ist überzeugt: „Dank der eBooks entscheiden nicht mehr so sehr die Verlage, sondern der Einzelne, was veröffentlicht wird. Dadurch steigt vielleicht nicht in jedem Fall die Qualität im Buchmarkt, aber die Vielfalt.“ Autor: Heiko Weckbrodt
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