Dresden, 19. März 2013: Indem sie Kohlenstofffasern in eine disziplinierte Ordnung zwingen, wollen Dresdner Ingenieure modernen Düsenflugzeugen den übermäßigen Kerosin-Durst abgewöhnen. Die Forscher des Leibniz-Instituts für Polymerforschung (IPF) und der Dresdner TU-Ausgründung „EAST-4D“ haben dafür Technologien für neue Verbundwerkstoffe in Triebwerken entwickelt, die durch eine genaue Faser-Ausrichtung in Richtung der später auf das Bauteil wirkenden Kräfte besonders zugfest, stabil und leicht sind – was wiederum den Kraftstoffverbrauch senkt, wie Stefan Lindner von der „EAST-4D Carbon Technology GmbH“ erklärte. Die aktuell in Dresden gefertigten Bauteile werden zum Beispiel im Airbus A 350 XWB, im Riesenjumbo 748-8 und im Geschäftsreiseflugzeug Gulfstream G650 installiert.
Kraftfluss-Fasern sorgen für stabilere und leichtere Triebwerke
Die Technologie geht auf eine Entwicklung zurück, die das IPF bereits in den 1990er Jahren begonnen hatte: Beim „Tailored Fiber Placement” (Maßgeschneiderte Faser-Platzierung) werden in einer speziellen Stickmaschine auf einem Trägergewebe Kohlenstoff-Fasern mittels Nylonfäden fixiert. Ein Computerprogramm sorgt dafür, dass die Fasern alle hochpräzise in Richtung der Kraftflüsse ausgelegt werden – „weil die Fasern nämlich nur in Längsrichtung ihre super Eigenschaften besitzen und einbringen können“, wie IPF-Sprecherin Kerstin Wustrack erklärte. Die so gefertigten Formbauteile sind dadurch viel stärker belastbar als Verbundstoffe mit einer wilden Faseranordnung.
Die aus der TU Dresden ausgegründete Firma EAST-4D, die IPF-Ausgründung „Complex Fiber Structures GmbH“ und weitere Partner haben auf dieser Basis zum Beispiel Triebwerk-Einlaufkegel konstruiert und gefertigt, die den mechanischen Belastungen im Flugbetrieb extrem gut gewachsen und dabei sehr leicht sind – Argumente, mit denen die Dresdner große Auftraggeber wie den Triebwerk-Hersteller Rolls Royce gewinnen konnten.
Ingenieure rechnen mit 100 neuen Jobs
Das Leibniz-Institut und die „East-4D“ haben nun eine Forschungskooperation vereinbart, um diese Technologie zu verfeinern und Software-Modelle für eine noch präzisere Faserausrichtung zu entwickeln. „Gerade für extreme Anwendungen – etwa für die nächste Generation sehr schnell drehender Bauteile von umweltschonenden Flugzeugtriebwerken – ist die Beherrschung der exakten Faserpositionen ausschlaggebend im Design- und Herstellungsprozess“, betonten die Partner.
Sie rechnen damit, dass durch diese Hightech-Material-Kooperation in den kommenden Jahren bis zu 100 zusätzliche Arbeitsplätze in und um Dresden entstehen werden. Derzeit hat die „East-4D“ 40 Mitarbeiter und das IPF 461 Beschäftigte. Heiko Weckbrodt
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