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„Age of Empires Online“: Draufhauen, bis Troja brennt

AoE Online kommt etwas bunt-comichaft daher, macht aber grafisch durchaus was her. Abb.: (3): Microsoft

AoE Online kommt etwas bunt-comichaft daher, macht aber grafisch durchaus was her. Abb.: (3): Microsoft

Mit dem – in der Grundversion – kostenlosen „Age of Empires Online” hat Microsoft eine bereits eingestampfte Marke wiederbelebt. Da kann der Strategiefreund nur rufen: „Bravo!“ Denn auch ohne revolutionäre Neuerungen bietet „AoE Online“ viel Spielspaß. Der tritt aber erst richtig ein, wenn man die je 20 Euro teuren Kulturpacks dazu kauft – klar, dass Microsoft darauf schaut, auch Zaster zu machen. Nach unserer Kurzbesprechung zum Marktstart Mitte August hier nun die ausführliche Rezension.

Im Kern ist „AoE Online“ ein vollwertiges Strategiespiel, das zahlreiche Einzelspieler-Missionen bietet, alternativ im Netzwerk im Kooperationsmodus mit Freunden oder gegen menschliche Gegner gezockt wird. Leidergibt es allerdings keinen „Skirmish“-Modus, also ein frei definierbares Spiel gegen Computergegner. Gespielt wird AOE Online – anders als Ubisofts „Siedler Online“ – nicht im Browser, sondern man muss ganz regulär Installationsdateien herunterladen – das dauert übrigens selbst mit schnellem Anschluss eine ganze Weile. Dieser im Vergleich zu „Siedler Online“ aufwändigere Ansatz macht sich aber in anspruchsvoller Comic-Grafik, hübschen Animationen, in zwei Einzelspieler-Kampagnen (Griechen und Ägypter) und vielem anderen bemerkbar.

Chronologisch geht „AoE Online“ wieder zurück in die Antike: Hat man mit seinen Bauern genug Gold, Steine, Holz und Nahrung abgebaut, kann ein hübsch anzusehendes Heer aus Hopliten, Bogenschützen, schweren Reitern und (mehr oder minder) antiken Belagerungswaffen aufbauen. Anders als im Vorgänger AoE 3 gibt es keine Kanonen mehr. Aber die Balliste zum Beispiel steht der Feldkanone in nichts nach und haut schon fast unverschämt mächtig in feindlichen Reihen und Festungen rein. Wer nicht gerade ein „Rush“-Typ ist, wird auch die „Hippikons“ mögen, die fast so stark wie die Paladine von AoE 2 sind.

Türme, Festungen, Ballisten, Rammen - bei dieser Griechen-Schlacht ist alles dabei, was Rang und Namen hat.

Türme, Festungen, Ballisten, Rammen - bei dieser Griechen-Schlacht ist alles dabei, was Rang und Namen hat.

Auch andere Einheiten orientieren sich eher an AoE 1 und 2: So gibt es jetzt wieder Priester, die nicht nur heilen, sondern den Gegner bekehren können. Die Rollenspielelemente von AoE 3 haben die Programmierer dagegen beibehalten und ausgebaut: Man kann Schätze auf dem Schlachtfeld bergen, vor allem aber außerhalb der Missionen eine Heimatstadt aufbauen und dort zahlreiche Zusatzfähigkeiten freischalten: Berater, die Militär- oder Wirtschaftsboni im Spiel einbringen, Extra-Rüstungen für die Kavallerie und und und… Und da AoE Online durch das Netzprinzip de facto 24 Stunden am Tag läuft, ist es zum Beispiel auch möglich, Fabriken zu bauen, die nonstop Baumaterialien erzeugen – selbst wenn der Spieler gar nicht seinen Computer angeschaltet hat.

Mich persönlich überfordert die Optionsvielfalt der Heimatstadt indes nach einem Monat immer noch. So habe ich bis heute nicht voll durchschaut, warum ich dies und jenes kaufen soll. Womit wir bei Plutos wären, dem Gott des Geldes: Grundsätzlich kann jeder mit einem (kostenlosen) „Windows Live“-Zugang „AoE Online“ gratis herunterladen und – zeitlich unbegrenzt – spielen. Das gilt aber nur für das Basisspiel, das einem viele „Goodies“ vor die Nase hält und dann sperrt. So ist in der Basisversion das Inventar ganz schnell voll, weil ein Limit von zwei Lagerhäusern gilt. Auch viele Zauberartefakte und Rüstungen, die man in den Missionen mühsam erkämpft, können zunächst nicht genutzt werden. Erst mit den Bezahl-Kulturpacks fängt AoE Online erst an, richtig Laune zu machen.

Eine persische Hafenstadt

Eine persische Hafenstadt

Dahinter steht ein neues Geschäftsmodell, das Apple (In-App-Käufe) und Blizzard (World of Warcraft) der Branche vorgemacht haben und das nun auch viele klassische Spielehersteller modifiziert am Markt ausprobieren: Die Spieler werden durch eine sehr billige oder kostenlose Spielvariante „angefixt“, damit sie dann neben dem durch Schlachten erworbenen virtuellen Gold auch echtes Geld einsetzen, um weiter im Spiel voranzukommen. Addiert man alle Bezahlangebote, kommt man ganz schnell über die Kosten eines klassischen Vollpreisspiels hinaus. Mich persönlich nervt so etwas zwar, aber es ist natürlich ein legitimes Geschäftsmodell: Immerhin kann man erst mal kostenlos zocken, statt die Katze im Sack zu kaufen, und hat dann die Wahl, ob und was man erwirbt. Man darf gespannt beobachten, ob es sich breit durchsetzt.

Eine Mindestvoraussetzung dafür ist freilich, dass Microsoft auch die technischen Probleme in den Griff bekommt: Im Schnitt schmiert der Spiele-Server derzeit alle ein bis zwei Tage ab und schmeißt einen vom Schlachtfeld, Spielstände kann man leider nicht speichern. Und nichts ist bitterer für einen gloriosen Feldherrn, als Troja bereits brennen zu sehen – und dann wird er in die Niederungen des Alltags zurückgeworfen …

Heiko Weckbrodt

„Age of Empires Online“ (Gas Powered Games/Microsoft), Echtzeit-Strategie via Internet, P 12, Download hier
Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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