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Paradox: Physiker erreichen negative Temperatur

Für ihr Experiment fingen die Forscher vorher frei bewegliche Atome (l.) in einem optischen Lasergitter (r.) ein. Abb.: MPI  für Quantenoptik

Für ihr Experiment fingen die Forscher vorher frei bewegliche Atome (l.) in einem optischen Lasergitter (r.) ein (hier ein Gitter aus einem anderen Experiment). Abb.: MPI für Quantenoptik

Phänomen könnte Schicksal des Universums klären, theoretisch sogar Pseudo-Perpetuum-Mobiles ermöglichen

München/Garching, 4. Januar 2012: Im Physikunterricht haben wir gelernt: Es gibt keine Temperatur unter 0 Kelvin (- 273,15 Grad Celsius), da Temperatur nur ein Gradmesser für die Teilchenbewegung ist und diese am absoluten Nullpunkt erstarrt. Bayrischen Physikern ist es laut einer Mitteilung der Max-Planck-Gesellschaft nun aber gelungen, dennoch eine negative Temperatur zu erreichen. Theoretisch könnten mit solchen Systemen hocheffiziente Motoren mit einem thermodynamischen Wirkungsgrad von über 100 Prozent konstruiert werden. Diese würden zwar nicht den Energieerhaltungs-Grundsatz verletzen, aber nach außen wie ein Perpetuum Mobile wirken, da sie Energie nicht nur aus einer heißeren, sondern auch aus einer kälteren Umgebung ziehen könnten.

Atome in Lasergitter gefangen

Die Forscher des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik Garching und der Maximilians-Universität München hatten für ihr Experiment ein atomares Gas im Hochvakuum auf wenige Milliardstel Kelvin abgekühlt und die Teilchen dann mit Laserstrahlen in einem optischen Gitter gefangen gehalten. Dadurch entstand ein System mit einer oberen Energiegrenze, zu dem die Physiker die Teilchen dann brachten. Dadurch schlug die Temperatur in den negativen Bereich bei minus einigen Milliardstel Kelvin um.

Insofern war das System nicht wirklich kälter als der absolute Nullpunkt, sondern nur im Sinne der traditionellen Definition von Temperatur, die sich nach der sogenannten Boltzmann-Verteilung energiereicher und energiearmer Partikel in einem System*.

NASA-Videoanimation vom Urknall (englisch):


Auch wenn wohl bezweifelt werden muss, dass derartige Systeme in der Praxis wirklich zu Perpetuum-mobile-ähnlichen Maschinen führen, haben sie im Labor doch ein sehr interessantes Verhalten gezeigt, dass neue kosmologische Forschungsansätze ermöglichen könnte: In dem System herrschte ein negativer Druck, sprich: die Atome zogen sich bei negativer Temperatur an – und dennoch kollabierte das System nicht. Die Physiker sehen darin eine Parallele zur mysteriösen „dunklen Energie“, die laut theoretischen Modellen das Universum durchwabert und dafür sorgt, dass es expandiert – statt unter der Gravitation der Sonnen und Galaxien zusammenzufallen, wie man erwarten könnte. Insofern könnten Systeme mit negativer Temperatur geeignet sein, die – bisher experimentell nicht nachgewiesene „dunkle Energie“ zu erforschen. Heiko Weckbrodt

* Fragt mich nicht nach Details – da hören meine Physikkenntnisse auf
Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt

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