Die Affäre Herrnstadt-Zeisser: Wie der Aufstand 1953 Ulbricht „rettete“
Noch weitestgehend umstritten ist bis zum heutigen Tage die Frage, in welchem Maße die verflossene DDR in ihrer Entwicklung von Vorgaben aus Moskau bestimmt wurde, wieweit die ostdeutsche Partei- und Staatsspitze in ihren Entscheidungen autonom – und damit auch verantwortlich – war bzw. ob sie eigene Vorstellungen verwirklichen konnte. Diese Fragen müssen sicher für jeden Abschnitt der DDR-Geschichte differenziert beantwortet werden. Zumindest für die Anfangsjahre der „Republik“ werfen seit 1990 erstmals veröffentlichte Unterlagen wie das Herrnstadt-Dokument und eine sowjetische Analyse der Lage vom Mai `53 ein neues Licht auf die Umstände, unter denen die SED im Juni 1953 den sogenannten „Neuen Kurs“ verkündete, der wenige Tage später von der Arbeiterschaft mit Demonstrationen und Streiks beantwortet wurde. Die Dokumente zeigen auch, dass der Arbeiteraufstand indirekt dafür sorgte, dass der bereits wackelnde SED-Chef Walter Ulbricht an der Macht blieb – weil die Russen kalte Füße bekamen.