Alle Artikel mit dem Schlagwort: Kommentar & Glosse

Die nachkolorierte Aufnahme zeigt das erste heiße Wasserstoff-Plasma in Wendelstein 7-X. Kamerafoto: IPP

Atomausstieg und Kernfusion

Macht Kanzlerin Merkel eine Rolle rückwärts? War es eine Rolle rückwärts in die Zukunft, die Angela Merkel am 3. Februar 2016 in Greifswald vollführte, als sie die Versuchsanlage Wendelstein 7 – X symbolisch in Betrieb nahm? In dieser Anlage wird an der Energieerzeugung auf der Grundlage des Zusammenschlusses leichter Atomkerne zu schwereren geforscht. Mit dem „13. Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes“ leitete der Bundestag am 30. Juni 2011 den endgültigen Ausstieg aus der Atomkraft ein. Die Reaktorkatastrophe von Fukushima habe ihr Verhältnis zur Kernenergie geändert, erklärte die Bundeskanzlerin. Das bezog sich ganz offensichtlich nur auf die klassische Form dieser Technologie, die Energiegewinnung durch Spaltung schwerer Atomkerne, die unvermeidlich langlebige radioaktive Rückstände produziert. Das ist bei der Kernfusion, wenn Wasserstoff in Helium umgewandelt wird, nicht der Fall. In der Sonne läuft dieser Prozess seit Milliarden von Jahren ab. Der irdische Ausgangsstoff Wasser ist in den Weltmeeren in praktisch unerschöpflicher Menge enthalten, sodass damit das Energieproblem der Menschheit gelöst wäre.

Audi kooperiert bei der Entwicklung von Autopiloten für das autonome Fahren mit Nvidia. Foto: Heiko Weckbrodt

Kommentar: Deutscher Autoindustrie droht US-Abhängigkeit

In E-Mobilität und im „Autonomen Fahren“ hinken VW & Co. hinterher Dresden, 10. Januar 2017. Galten zumindest bis zum VW-Abgasskandal deutsche Autos in den USA als führend dank technischen Vorsprungs, ändert sich das derzeit schnell und nicht einmal ursächlich wegen der Betrügereien von VW. Es ist vielmehr der massive Trend zu E-Mobilität und autonomem Fahren, dem die deutschen Hersteller schon jetzt hinterher hinken und künftig von den Amerikanern völlig abhängig sein werden.

Vereinfachte Ansicht vom Aufbau eines klasissischen Transistors (links) und eines FD-SOI-Transistors. Grafik: hw

Wohin steuert Globalfoundries?

Kommentar zur Stratregie des Chipkonzerns in den USA und in Sachsen Dresden, 31. März 2016. In der Dresdner Mikroelektronik-Szene verbreitet Globalfoundries unverdrossen die Mär, dass die Zukunft der Mikroelektronik in der 22nm-SOI-Technologie liege, die 2017 in der Dresdner Fab von Globalfoundries eingeführt werden soll. Rufe nach weiterer Verkleinerung der Strukturabmessungen der Technologie in Richtung 5 Nanometer (nm), wie das die Wettbewerber INTEL, SAMSUNG und TSMC tun, wurden bisher immer damit abgewehrt, dass die Zukunft in der SOI-Technologie liege und so kleine Strukturen für das Internet der Dinge nicht gebraucht würden.

Europa bleibt die Nische

Kommentar: EU tut zu wenig, um Zukunftstechnologien wie 3D-Chiptechnik in Jobs und Fabriken umzumünzen Dresden, 2. März 2016. Nicht nur in der Produktion von Halbleiterchips der Spitzenklasse hat Europa den Anschluss verloren. Bei der Produktion kompletter Schaltkreise im Gehäuse hat Europa schon vor Jahrzehnten den Anspruch aufgegeben, eine nennenswerte Eigenproduktion zu haben. Die sogenannten Back-End-Prozesse (Test und Assembly) wurden nahezu komplett in Billiglohnländer nach Asien ausgelagert. Durch die unvermindert anhaltende Steigerung der Komplexität elektronischer Systeme für die unterschiedlichsten High-Tech-Produkte hat sich neben der weiteren Verkleinerung der Strukturen der Halbleiterchips ein Trend zur Erschließung der dritten Dimension herausgebildet, der als 3D-Integration bezeichnet wird. Inzwischen hat diese Technologie unter Einschluss von Zwischenstufen (2,5D) die Massenproduktionsreife erreicht. Und hier vollzieht sich die gleiche Konzentration auf einige wenige Großunternehmen in Asien, die den weltweiten Bedarf an solchen Spitzenprodukten decken, wie bei den höchstintegrierten Halbleiterchips. Eine Chance bleibt für Europa in der Nische.

Peter Weckbrodt. Foto: hw

Kommentar: Ab nach Bulgarien – in den Tod?

Zum Bericht „Vom zerstörten Aleppo nach Dresden“ Dresden, 26. Februar 2015. Was tun mit einem Asylbewerber wie Mazlum Baker, dessen Antrag bereits in Bulgarien bestätigt wurde, der dennoch, ausgestattet mit einem bulgarischen Pass, weiter nach Deutschland, ins gelobte Land, getrampt ist? Nun sitzt der Syrer hier in Dresden, denkt mit Verzweiflung an das, was ihm bei der Rückkehr nach Bulgarien droht. Er war ja schon dort, kennt die Verhältnisse, hat dort sogar im Gefängnis gesessen. „In Bulgarien sterbe ich, da gehe ich lieber zurück ins heimatliche, kriegszerstörte Aleppo“, so sein resignierender Entschluss. Dabei hatte er sich doch eine Zukunft mit Arbeit, Wohnung, vielleicht auch mit Familie, hier in Dresden, vorgestellt.

Foto: Peter Weckbrodt

Kommentar: Richtige Antwort auf Pegida – aber etwas spät

Pegida spricht nicht für Mehrheit der Dresdner Wenn 35.000 Menschen für Weltoffenheit und Empathie für Flüchtlinge im Dresdner Stadtzentrum demonstrieren, ist das zuallererst ein richtiges und wichtiges Signal. Denn das zeigt, was jedem klar sein musste, der nicht gleich jede Statistik reflexartig als „Fälschung“ abtut: Die Pegidisten mögen eine nicht vernachlässigbare Minderheit in Dresden sein, aber eben eine Minderheit. Die Mehrheit der Dresdner findet es nicht gut, Asylsuchende unter Generalverdacht zu stellen, ihnen Angst zu machen, indem man montagabends schweigend durch die Straßen zieht – und dabei Seit an Seit mit Ultrarechten läuft und Pegida-Anführern beklatscht, deren menschenverachtende Geisteshaltung gestern wieder einem aufschlussreichen „Spiegel“-Bericht zu entnehmen war.

Logo: Steam

Warum „Steam“-geschützte Spiele so nerven

Ein Kommentar zu Update-Zwang und Install-Exzessen   1. Der Datenverzehrer Noch vor ein paar Jahren hätte ich sofort geantwortet: Weil ich mit meiner zwangslahmen Internet-Leitung in Striesen 0 Chance habe, hier überhaupt ein „Steam“-Spiel zu starten. Denn damals musste ich noch Mobilfunk-Datenpakete als Ersatz für nicht vorhandene DSL-Leitungen buchen. Und da sorgten all jene (meist gleich Hunderte Megabyte großen) Updates, Upgrades und Patches, die unentwegt über dieses Portal nahezu zwangsweise verteilt werden, dafür, dass meine Monats-Datenvolumina ratz-fatz verbraucht waren und der Mobilfunk höhnisch kichernd die Datendrossel kurz nach Monatsanfang zudrehte.

Foto: Ronny Siegel

Wer Griechenland hinterherhinkt, sollte nicht lästern

Kommentar zu Sachsens Standortvergleich Dresden, 2. März 2014: Wer demnächst an Sachsens Stammtischen wieder mal versucht sein sollte, über die faulen, rettungsschirm-gierigen Griechen zu schimpfen, sollte sich den innereuropäischen Vergleich vor Augen halten: Solange Sachsen von Soli-Geld aus dem Westen abhängig ist und auf weniger Wirtschaftsleistung pro Kopf kommt als die südeuropäischen Krisenländer, gibt es hier mehr Grund zu klotzen statt zu lästern.

Foto: Ronny Siegel

Hartes Herz hinter nackten Brüsten

Kommentar zum Dresdner „Femen“-Jubel für Bomber-Harris Dresden, 21. Februar 2014: Wer die Toten von Dresden betrauert, sollte nie die kausale Kette vergessen, die zur Zerstörung der Stadt am 13. und 14. Februar 1945 führte: Angefangen und zur mörderischen Eskalation geführt hat den II. Weltkrieg Deutschland. Auch sollte man sich dafür hüten, die selbst zu DDR-Zeiten fortwirkende Propaganda eines Joseph Goebbels nachzubeten, der Dresdens zu einer unschuldigen Stadt verklärte und mit sechsstelligen Opferzahlen zu einer Singularität britischer Tücke und Mordlust stilisierte. Nach den sehr gründlichen Untersuchungen der Dresdner Historikerkommission sind es bis zu 25.000 gewesen, die in Bombenhagel und Feuersturm ihr Leben ließen. Und ja: Es gab auch in Dresden Rüstungsproduktion und ja: Auch die Dresdner haben Hitler gewählt, haben weggeschaut, als ihre jüdischen Mitbürger deportiert wurden.

Warnschuss für das „Silicon Saxony“

Kommentar zum Teilumzug der Chipmesse „Semicon“ Dresden, 9. September 2013: Der Pulk zieht dorthin, wo die Musike zieht – das ist in der Halbleiterbranche nicht anders als anderswo. Wenn der Mikroelektronik-Verband „SEMI“ auf Drängen der Aussteller nun beschließt, die Halbleiter-Messe „Semicon Europe“ fortan jedes zweite Jahr nicht mehr in Dresden, sondern in Grenoble abzuhalten, dann deshalb, weil die Franzosen in ihrer Chip-Forschung und -Produktion derzeit mit EU-Hilfe kräftig investieren.

Kommentar zum gescheiterten ITU-Gipfel: eine UN-Konferenz, der man keine Träne nachweint

Dresden, 16. Dezember 2012: Während vielen gescheiterten Konferenzen der UNO sonst oft ein großes Barmen über verpasste Friedens-Chancen oder verfehlte Öko-Ziele folgt, hat wohl ein großer Teil der Netzgemeinde erleichtert aufgeatmet, dass die Regierungstagung der US-Fernmeldeunion „ITU“ am Freitag in Dubai ergebnislos endete: Kein Regelwerk für das Internet (Der Oiger berichtete) fand eine Mehrheit. Zu stark waren die Ängste vor Internetzensur und staatliche Eingriffen, als dass sich die Vertreter von 193 Staaten auf einen gemeinsamen Nenner einigen konnten. Und diesem Misserfolg sollte man in der Tat keine Träne nachweinen.

Kommentar: Wechselzirkus im „Büro der Zukunft“? Nein danke!

Nichts gegen mobiles Arbeiten, mal von daheim, mal in der Redaktion oder auch gleich mal einen Artikel unterwegs mal in die Tastatur hacken. Das praktiziere ich gern und oft. Aber wenn ich ins Büro komme, dann brauche ich „meinen“ Schreibtisch, meinen Platz, um kreatives Chaos zu verbreiten. Ich will genau da weiterarbeiten können, wo ich zuletzt aufgehört habe. Und so sehr ich meiner Chefin auch immer auszureden versuche, ganze Regenwälder durch ihre Ausdruck-Orgien von E-Mails abzuholzen, verkenne ich doch nicht: Heutztage lässt sich viel digital regeln, aber ganz ohne Papier geht’s dann doch nicht, wenn richtig viele Unterlagen zu studieren sind. Zudem vieles flattert nach wie vor „analog“ ins Haus und das wird sich auch so schnell nicht völlig ändern.

Kommentar zur Exzellenz-Uni Dresden: schöner Erfolg – aber erst ein Anfang

  Dresden, 17.5.2012: Die Aufnahme in den Kreis deutscher Exzellenz-Unis – als einzige ostdeutsche Hochschule übrigens – in dieser Woche (Der Oiger berichtete) war ein beachtlicher Erfolg für die TU Dresden. Nicht nur wegen des damit verbundenen Geldregens, sondern so ein Etikett stärkt auch das Image der Universität in den Augen potenzieller Studenten und internationaler Gastwissenschaftler, die dadurch vielleicht eher geneigt sind, über den Graben von „Ost“-Vorurteilen zu springen und dem Ruf nach Dresden zu folgen.

Zum Neustart von „Plastic Logic“: Bitter, aber klug

Dresden, 17.5.2012: Dass sich Plastic Logic von seinem ehrgeizigen Plan verabschiedet, eigene eBuch-Lesegeräte herzustellen und in diesem Zuge Mitarbeiter in Dresden vor die Tür setzt, ist erst mal bitter: Für die betroffenen Menschen, die ihre Job verlieren, aber auch für den Standort – eigene Hightech-Endprodukte machen für das Renommee mehr her, keine Frage. Dennoch halte ich die Neuausrichtung des Unternehmen für klug. Warum?