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Intel baut vorerst doch keine Chipfabrik in Magdeburg

Intel-Chef Pat Gelsinger (hier mit einem Exascale-Grafikprozessor) will große Chipfabriken in Europa bauen - möchte dafür aber auch hohe Subventionen. Foto: Intel

Intel-Chef Pat Gelsinger (hier mit einem Exascale-Grafikprozessor). Foto: Intel

Einstiger Branchenprimus steht unter Druck und „pausiert“ Investitionen in Deutschland und polen

Santa Clara/Magdeburg, 17. September 2024. Intel verschiebt den Bau seiner geplanten Chipfabriken in Magdeburg um zwei Jahre. Das hat Intel-Chef Pat Gelsinger in einer Mitteilung an die Belegschaft bekannt gegeben. Auch die Investitionen in Polen wolle er um zwei Jahre verschieben und die begonnene Fab in Malaysia zwar zu Ende bauen lassen, den Produktionsstart dort aber womöglich aussetzen.

Konzern hat erst kürzlich Leixlip-Werke aufgerüstet

Zur Begründung verwies der Konzernchef auf die erwartete Marktnachfrage. Zudem habe Intel erst kürzlich seine Produktionskapazitäten in den Chipfabriken in Leixlip in Irland erhöht, „die auf absehbare Zeit unser wichtigstes europäisches Drehkreuz bleiben“ werden.

Milliardenverluste und schleppender Aufbau der Foundry-Sparte

Hintergrund sind die Milliardenverluste des Unternehmens. Das liegt nicht nur an der generell schwächelnden Nachfrage für PC-Prozessoren und andere Kernprodukte von Intel. Denn auf der anderen Seite kommt auch Gelsingers Konzept, die weltweiten Intel-Fabriken nur noch teilweise für die Produktion eigener Prozessoren zu verwenden, aber wenig ausgelastete Werke ähnlich wie TSMC als Auftragsfertiger für andere Firmen anzubieten, bislang nicht so recht auf dem Markt an. Das liegt wiederum teilweise an Intels mangelnden Erfahrungen im Foundry-Sektor. Anderseits hat der einzige Branchenprimus auch fertigungstechnologisch den Anschluss an TSMC und Samsung verloren. Erst kürzlich hatte sich gezeigt, dass der als Hoffnungsträger geltende „18A“-Fertigungsprozess zu viel Ausschuss erzeugt.

Die Visualisierung zeigt den Eingangsbereich der geplanten Intel-Doppelfabrik in Magdeburg. Grafik: Intel

So sollte die geplante Intel-Doppelfabrik in Magdeburg aussehen. Grafik: Intel

In Magdeburg wollte Intel 30 Milliarden investieren

In Magdeburg wollte Intel rund 30 Milliarden Euro in zunächst zwei Megafabs investieren – mit mehreren Ausbau-Optionen. Das Projekt zog sich schon in den vergangenen Monaten auffällig lange hin: TSMC, die sich für ihren Fabrikbau in Dresden später als Intel entschieden hatten, haben inzwischen in Sachsen bereits mit dem ersten Spatenstich begonnen, während in Magdeburg gerade erst die Baugenehmigung fertig geworden ist.

Bund wird eingeplante Subventionen wohl rasch anderweitig verteilen

Ob Intel die Magdeburg-Investition letztlich ganz aufgibt oder wirklich nur „pausiert“, wie es Pat Gelsinger formuliert hat, bleibt abzuwarten. Beides ist möglich: Einerseits steckt der Konzern in ernsten Problemen, die auch nicht so einfach zu lösen sind. Zudem wird der Bund die mühsam ausgehandelten zehn Milliarden Euro Subventionen – immerhin ein Drittel der gesamten Investitionssumme – bald anderweitig verteilen. Anderseits ist Intel für sein strategisches, langfristiges Handeln bekannt. Eine Wiederaufnahme der Magdeburger Pläne ist insofern nicht völlig ausgeschlossen.

Bitkom: 10 Milliarden Euro Subventionen dürfen nicht im Haushalt versickern

Inzwischen hat sich auch der deutsche Digitalverband „Bitkom“ aus Berlin eingeschaltet: „Die nun freiwerdenden 10 Milliarden Euro an staatlicher Förderung dürfen nicht in irgendwelchen Haushaltspositionen verschwinden“, fordert Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Die Fördermittel müssen gezielt in digitale Schlüsseltechnologien investiert werden.“

Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Foto: Bitkom

Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Foto: Bitkom

Deutschland dürfe dabei nicht das Ziel aus den Augen verlieren, das „Zentrum der europäischen Chip-Industrie zu werden und sich auch weltweit in der Spitzengruppe zu positionieren“. Denn Halbleiter seien die Basistechnologie der Wirtschaft, das gelte für die Anbieter von Telekommunikationsleistungen, Cloud Computing und Künstlicher Intelligenz ebenso wie für klassische Industriezweige wie den Automobil- oder Maschinenbau.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Intel, Oiger-Archiv, Bitkom

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt