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Sonderhilfen für Lithium-Bergwerke im Erzgebirge in Sicht

Aus Lithium allein - hier eine Probe im sächsischen Industriemuseum - lassen sich noch keine Hauptakkus für Elektroautos bauen. Dafür muss unter anderem das Metall zu Lithiumhydroxid raffiniert werden. Das soll ein Großkonverter in Guben übernehmen, den die Leag dann mit Ökostrom versorgen will. Foto: Heiko Weckbrodt

Lithium – hier eine Probe im sächsischen Industriemuseum. Foto: Heiko Weckbrodt

Sachsen geht davon aus, dass Abbau unter das „Kritische Rohstoffe-Gesetz“ der EU fällt

Altenberg/Freiberg, 8. September 2024. Weil Lithium ein Schlüsselrohstoff für die Produktion von Elektroautos ist, Deutschland aber bislang stark auf Importe angewiesen ist, kann die „Zinnwald Lithium GmbH“ in Altenberg mit Sonderhilfen über das „Kritische Rohstoffe-Gesetz“ („Critical Raw Material Act“) der EU rechnen, wenn es seine geplanten Bergwerke im sächsischen Erzgebirge baut. Das geht aus einer Einschätzung von Wirtschaftsminister Martin Dulig anlässlich eines Besuches von Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD) im sächsischen Oberbergamt in Freiberg hervor.

„Zinnwald Lithium“ plant halbe Milliarde Investitionen

„Das von der Zinnwald Lithium GmbH geplante Lithium-Abbau-Vorhaben bei Altenberg im Erzgebirge … soll entsprechend des vor wenigen Monaten durch die EU beschlossenen Critical Raw Materials Act als strategisches Projekt anerkannt und realisiert werden“, heißt es aus dem Dresdner Ministerium. „Vorgesehen sind Investitionen von mehr als 500 Millionen Euro. Es sollen mindestens 400 Arbeitsplätze entstehen.“

Hohe Piorität für Lithiumförderung

„Diese Unterstützung ist eine wichtige Säule für eine zukunftsfähige und nachhaltige Lithiumgewinnung in Altenberg“, kommentierte „Zinnwald Lithium“-Chef Marko Uhlig die avisierte Hilfe durch Bund und Land. Er sehe den Scholz-Besuch beim sächsischen Oberbergamt auch als ein „Signal, dass die Lithiumförderung und der moderne Bergbau für die Bundes- und Landesregierung hohe Priorität haben“.

Die Lithiumverbindung Lithiumcarbonat. Foto: Bergakademie Freiberg

Die Lithiumverbindung Lithiumcarbonat. Foto: Bergakademie Freiberg

Element ist Schlüssel-Rohstoff für Akku-Produktion

Lithium ist ein wichtiger Rohstoff für die heute auf dem Markt dominierenden Lithium-Ionen-Akkus – die allerdings größtenteils in Südkorea, China und Japan, teils auch in den USA hergestellt werden. Es sind zwar auch Akku-Fabriken in Deutschland im Bau oder teils auch schon im Betrieb, doch von einer Eigenversorgung ist die Bundesrepublik noch weit entfernt. Daneben gibt es gerade auch in Sachsen mehrere Entwicklungsprojekte, die auf neue Akku-Typen aus Schwefel, Salz oder Aluminium und Polymeren zielen. Andere Vorhaben zum Beispiel bei Fraunhofer versuchen die Produktionskosten für Akkus so zu verringern, dass sich solche Fabriken in Hochlohn- und Hochenergiepreis-Ländern wie Deutschland lohnen.

Das elektrische EQ-Modell von Mercedes. Foto: Heiko Weckbrodt Deutsche Accumotive / Daimler Kamenz

Das elektrische EQ-Modell von Mercedes. Foto: Heiko Weckbrodt

Größte erschlossene Vorkommen in Australien, Südamerika und China

Die größten Lieferländer für den Schlüsselwerkstoff Lithium sind Australien, Chile, China und ArgentinienIn Deutschland gibt es aber keine größeren aktiven Lithium-Bergwerke. Das bereits zu DDR-Zeiten entdeckte, grenzüberschreitende Vorkommen unter dem Erzgebirge ist recht groß, ist aber noch nicht erschlossen – darum will sich die „Lithium Zinnwald“ kümmern. Die ist aus der „Deutschen Lithium“ und die wiederum aus der Freiberger Tochter „Solarworld Silicium“ des inzwischen pleite gegangenen Photovoltaik-Herstellers „Solarworld“ hervorgegangen.

CRMA-Einstufung könnte Sondersubventionen und schnelle Genehmigungen ermöglichen

Dass die Lithium-Vorkommen im Erzgebirge schon seit Jahrzehnten bekannt, aber noch nicht erschlossen sind, lag und liegt einerseits an der aufwendigen Erkundung der bergbaulichen Möglichkeiten, waren und sind aber auch eine Kostenfrage, die an die Lithium-Preise und -Verfügbarkeit auf den Weltmärkten gekoppelt ist. Eine Einstufung als strategisch wichtiges Vorhaben für Europas Versorgungssicherheit und resiliente Lieferketten könnte der „Lithium Zinnwald“ dabei helfen, die avisierte halbe Milliarde Euro Investitionen im Erzgebirge zu stemmen.

Rohstoff-Gesetz soll Europa autarker bei Lithium, Gallium, Kobalt & Co. machen

Der kürzlich verabschiedete „Critical Raw Materials Act“ (CRMA) der EU zielt nämlich darauf, die heimische Produktion, die Erschließung unterschiedlicher Lieferquellen, das Recycling und Forschungsprojekte rund um kritische und strategisch wichtige Rohstoffe zu stärken. Dazu zählt die EU unter anderem Lithium, Gallium, Kobalt, Wolfram, Bor und Titan. Und obgleich das „Ob“ und das „Wieviel“ von Sondersubventionen dafür noch nicht feststehen: Ähnlich wie beim Chipgesetz könnten sich aus dem CRMA für die Mitgliedsländer neue Möglichkeiten ergeben, solche Großprojekte wie eben den Lithium-Abbau im Erzgebirge über die normalen Wettbewerbsgrenzen hinaus zu subventionieren – wenn der jeweilige Staat das Geld dafür aufbringen kann. Letzteres war in Deutschland bei den Ansiedlungen etwa von TSMC oder Intel nicht das zentrale Problem. Angesichts klammer Kassenlage der Ampel sind Sondersubventionen für immer mehr Wirtschaftszweige auch in der Bundesrepublik keine Selbstverständlichkeit mehr, sondern zunehmend umstritten. Zumindest rechtlich aber würde die Einstufung als CRMA-Projekt dem Lithium-Abbau in Sachsen neue Möglichkeiten eröffnen, die geplanten Bergwerke schneller zu genehmigen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: SMWA, Northdata, Wikipedia, Oiger-Archiv, EU-Kommission

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt