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Uni-Zentrum für Mobilität der Zukunft entsteht in der Lausitz

Prof. Günther Prokop (links) von der TU Dresden erklärt Ministerpräsident Michael Kretschmer im neuen Mobilitätszentrum Schwarzkollm den Fahrsimulator "Dresden Driving Simulator".  „Der mit Abstand größte hochimmersive Fahrsimulator weltweit erzeugt ein nahezu realistisches Fahrempfinden und ermöglicht eine effiziente, kooperative und unmissverständliche Kommunikation zwischen Mensch und Maschine", verspricht Prokop. Foto: André Wirsig für die TUD

Prof. Günther Prokop (links) von der TU Dresden erklärt Ministerpräsident Michael Kretschmer im neuen Mobilitätszentrum Schwarzkollm den Fahrsimulator „Dresden Driving Simulator“: „Der mit Abstand größte hochimmersive Fahrsimulator weltweit erzeugt ein nahezu realistisches Fahrempfinden und ermöglicht eine effiziente, kooperative und unmissverständliche Kommunikation zwischen Mensch und Maschine“, verspricht Prokop. Foto: André Wirsig für die TUD

TU Dresden richtet nun in Schwarzkollm ihr 100 Millionen Euro teures „Smart Mobility Lab“ ein

Hoyerswerda/Dresden, 28. August 2024. Drohnenverkehr in der Luft und zu Lande, Roboter auf Feldern und Gärten, vernetzte Autos und dergleichen mehr stehen auf der wissenschaftlichen Agenda des „Smart Mobility Labs“ (SML), das die TU Dresden nun in Hoyerswerda-Schwarzkollm einzurichten beginnt. Der Forschungskomplex für die Mobilität der Zukunft soll rund 100 Millionen Euro kosten, informierte die Uni zum Ausbaustart (neudeutsch „kickoff“, also Anstoß genannt). Ein Herzstück des SML ist der größter Fahrsimulator der Welt, der sogenannte „Dresden Driving Simulator“.

Riesen-Fahrsimulator, Drohnen-Tests und Roboter-Landwirtschaft im Fokus

Das Mobilitäts-Forschungszentrum soll einerseits wissenschaftliche und praktisch einsetzbare Lösungen für das künftige, vernetzte Miteinander von autonom fahrenden Autos, Bahnen, Fußgängern, Fahrradfahrern und Drohnen in den Städten, aber auch für eine roboter-gestützte und umweltschonendere Landwirtschaft liefern. Auch die automatisierte Reparatur jener Landschaftsschäden, die der Braunkohle-Tagebauch über Jahrzehnte in der Region gerissen hat, durch Roboter, soll ein Forschungsthema sein. Anderseits ist das SML auch als Impulsgeber für neue Wirtschaftsstrukturen in der Lausitz nach dem Kohle-Ausstieg gedacht. „Das neu entstehende ‚Smart Mobility Lab‘ in Hoyerswerda zeigt, dass wichtige Zukunftstechnologien mit globaler Reichweite in Sachsen entwickelt werden“, betonte der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). „Mit dem TU-Forschungscampus bauen wir neue Wirtschaftsstrukturen auf, von denen die Menschen in der Oberlausitz profitieren werden.“

Der rollende Roboter der Informatiker der TU Dresden ist mit Leichtbau-Roboterarmen ausgestattet. Er lässt sich per VR-Brille und Sensorhandschuh fernsteuern. Die Forscher wollen ihn zum universell einsetzbaren KJatastrophen-Hilfsroboter weiterentwickeln. Foto: Heiko Weckbrodt

Auch ein Forschungsthema für Schwarzkollm: Die Informatiker der TU Dresden wollen rollende Roboter als Katastrophen-Helfer und Tagebau-Rekultuvierer einsetzen. Foto: Heiko Weckbrodt

300 neue Jobs und Ausgründungs-Chancen in Hoyerswerda

Denn einerseits wird das Zentrum neben den Wissenschaftlern aus Dresden auch Arbeiter, Techniker und andere Fachkräfte aus dem Raum Hoyerswerda beschäftigen. Anderseits rechnet die Uni damit, dass sich aus dem SML-Forschungsprojekten heraus auch junge Unternehmen vor Ort ausgründen. „Mit dem Smart Mobility Lab entstehen über 300 neue Arbeitsplätze“, erklärt der Hoyerswerdaer Oberbürgermeister Torsten Ruban-Zeh (SPD). „Die Infrastruktur des Stadtgebiets wird ausgebaut und die Stadtgesellschaft wird internationaler und vielfältiger.“

So soll das neue Smart Mobility Labs (SML) in Schwarzkollm aussehen,wenn es fertig ist. Das Hauptgebäude ist eine 30 Meter hohe Halle. Visualisierung: Goldbeck Ost GmbH (via TU Dresden)

So soll das neue Smart Mobility Labs (SML) in Schwarzkollm aussehen, wenn es fertig ist. Das Hauptgebäude ist eine 30 Meter hohe Halle. Visualisierung: Goldbeck Ost GmbH (via TU Dresden)

Cyberphysikalische Umgebung für komplexe Fahrszenarien”

Das Hauptgebäude steht bereits: Die über 30 Meter hohe Fahr- und Flugversuchshalle umfasst insgesamt eine Fläche von einem Hektar. Darinnen will die Dresdner Uni eine Klimahalle, eine elektromagnetische Absorber-Kammer für Strahlungsmessungen, Anlagen für Entwicklung, Tests, Zulassungsverfahren und die technische Überwachung unbemannter Fahrzeuge und Fluggeräte unterbringen. „Dazu gehören auch verschiedene Simulatoren wie der Dresden Driving Simulator, ein stationärer Fahrsimulator, ein Fahrradsimulator sowie ein Fußgängersimulator“, heißt es von den Mobilitätsforschern. Und: „Durch die echtzeitfähige Vernetzung dieser Simulatoren und die zusätzliche Möglichkeit, reale Fahrzeuge einzubinden, entsteht eine neuartige cyberphysikalische Umgebung für die Erforschung und Absicherung komplexer Fahrszenarien.”

Verkehrsforscher, Informatiker und Agrarexperten arbeiten zusammen

Zu den SML-Nutzern gehören die Forschungskollektive von Kraftfahrzeugtechnik-Professor Günther Prokop, Luftverkehrs-Professor Harmut Fricke, Agrarsystemtechnik-Professor Thomas Herlitzius, die Softwaretechnologen um Prof. Uwe Aßmann, Mobilitätssystemplanerin Prof Regine Gerike) und die Prozessmodellierer für vernetzte technische Systeme um Prof. Christoph Sommer. Sie haben auch schon einige konkrete Forschungsprojekte für das neue Zentrum avisiert:

  • „Sivas“: Sicherheit des vernetzten und automatisierten Straßenverkehrs
  • „Tafas“: Testcenter für automatisiertes Fliegen und autonome System
  • „Farmingswarm-Cobots“: automatisierte Landwirtschaft mit autonomen Landmaschinen und gemischten Feldschwärmen
  • Terecult: produktive Kulturlandschaften mit Rekultivierungsrobotik

Die Visualisierung zeigt, wie Feldschwärmkünftig die Äcker bestellen sollen. Visualisierung: TU Dresden TD/AST

Die Visualisierung zeigt, wie Feldschwärme künftig die Äcker bestellen sollen. Visualisierung: TU Dresden TD/AST

Lausitz profiliert sich als Standort für Mobilität der Zukunft

Generell versuchen Politiker, Unternehmer und Forscher seit geraumer Zeit, die Mobilität der Zukunft als Schwerpunkt-Kompetenz in der Lausitz auf sächsischer wie brandenburgischer Seite zu verankern. Dazu gehören neben dem Mobilitätszentrum der TU Dresden und Schwarzkollm beispielsweise auch Drohnen-Flugplätze in Neuhausen an der Spree und in Kamenz – sowie das dortige „Kompetenzzentrum autonomes und elektrisches Fliegen“, das DLR-Institut für elektrische Luftverkehrsantriebe in Cottbus und andere Einrichtungen mehr. Zudem hat der sächsische Luft- und Raumfahrtkoordinator Prof. Hartmut Fricke vorgeschlagen, in der Lausitz auch einen Raketen-Startplatz einzurichten. Und Rolls-Royce liebäugelt mit der Idee, in Cottbus ein Entwicklungslabor für Hybridflugzeuge aufzubauen.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: TUD, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt