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Dresdner arbeiten an implantierbarem Hörgerät

„Hier stecken elf Jahre Entwicklung drin“, sagt Prof. Christian Mayr von der Technischen Universität Dresden (TUD) über den Neurocomputer „NMPM1“, den Forscher der Unis Heidelberg und Dresden gemeinsam im „Human Brain Project“ und den Vorgängerprojekten FACETS und BrainScaleS entwickelt haben. Foto (bearbeitet, freigestellt): Heiko Weckbrodt

Prof. Christian Mayr von der Technischen Universität Dresden (TUD). Foto (bearbeitet, freigestellt): Heiko Weckbrodt

KI soll per Hirnstrom-Analyse den Alltag Schwerhöriger erleichtern

Dresden, 25. Mai 2023. Um schwerhörigen Menschen den Alltag zu erleichtern, wollen Dresdner Forscher implantierbare Hörgeräte entwickeln. Diese sollen mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) und Hirnstrom-Analyse gesprochene Sprache besser verstehen als heutige Geräte und auch Störgeräusche effektiver aus dem Tongewirr der Umgebung herausfiltern. Auch Cochlea-Implantate sollen mit dieser Technik ausgerüstet werden. Das hat Professor Christian Mayr vom Lehrstuhl für hochparallele VLSI-Systeme und Neuromikroelektronik an der TU Dresden angekündigt. Er ist Mitglied im Dresdner Semeco-Konsortium, das sich vorgenommen hat, die Medizintechnik durch KI-Einsatz zu revolutionieren.

Künstliche Intelligenz erahnt per EEG, was den Menschen gerade interessiert

Die Idee dabei sei, dass sich Menschen mit chronischen Hörprobleme keine Geräte mehr tagtäglich aufladen und ins Ohr stecken müssen, sondern minimalinvasiv kleine Implantate eingesetzt bekommen, die diese Arbeit über Jahre hinweg automatisch übernehmen. Spezielle KI-Algorithmen sollen dabei Elektroenzephalogramme (EEGs) des Nutzers auswerten, um die Erkennungsleistung der implantierten Hörgeräte zu verbessern. Insbesondere soll die Elektronik dadurch besser erkennen, auf welche Tonquelle sich der Mensch gerade wirklich konzentrieren will.

Ingenieure und Mediziner arbeiten zusammen

Dieses Verbundprojekt „Kommunikationsimplantat“ ist von vornherein interdisziplinär ausgelegt. Beteiligt sind unter anderem Mediziner, Neuro-Ingenieure, Chipdesigner und Elektronikverpackungs-Spezialisten der Unis Dresden und Erlangen, vom Fraunhofer-Institut für elektronische Nanosysteme (Enas) Chemnitz sowie von EDC Engineering Chemnitz und MED-EL Innsbruck. Federführend sind die TU Dresden und das Barkhausen-Institut. Nutzen will das Konsortium unter anderem Mikroelektronik „Made in Saxony“. So ist neben speziellen KI-Chips im Exposé von 22FDX-Technologie die Rede. Und auf die ist die Dresdner Chipfabrik von Globalfoundries spezialisiert, die für Prof. Mayr bereits eine Art künstliche Neuronen hergestellt hat. Geplant ist zudem, die Forschungsergebnisse zu kommerzialisieren und dafür eine Firma auszugründen.

Technik soll auch Kopfhörer aufwerten

„Wir sehen für diese Technologie auch Chancen in der Konsumelektronik, zum Beispiel für Kopfhörer“, sagt Prof. Mayr. „Dort denken wir aber nicht an Implantate, sondern an die KI-Algorithmen und die EEG-Technik.“ Zudem wäre es denkbar, das System mit weiteren Gesundheits-Sensoren zum Beispiel für Blutdruck, Blutzucker und dergleichen mehr zu kombinieren.

Erste Ergebnisse in 3 Jahren erwartet

In etwa drei Jahren sollen die ersten Algorithmen vorliegen. Die Implantate selbst sollen später folgen. Das Projekt ist Teil des Semeco-Zukunftszentrums, das unter anderem die Zulassungsverfahren für innovative Medizintechnik durch den Einsatz Künstlicher Intelligenzen deutlich beschleunigen will.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quelle: Auskünfte Prof. Mayr, Semeco, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt