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TU Dresden arbeitet an ökologischer Langsam-Elektronik

Die TU Dresden im organischen Leuchtetikett. Foto: Max Gmelch, Felix Fries

Die TU Dresden im organischen Leuchtetikett. Foto: Max Gmelch, Felix Fries

Zwei Millionen Euro vom Europa-Forschungsrat

Dresden, 24. Mai 2023. An einer neuen Generation zwar eher langsamer, aber dafür auch sehr umweltfreundlicher Elektronik arbeitet ein Forschungskollektiv um Professor Sebastian Reineke von der TU Dresden. Ihr Ziel sind Sensoren, intelligente Etiketten und einfache Computerchips, die wie sie beispielsweise in der Lagerhaltung gebraucht werden, die gar nicht so ultraschnell sein müssen – aber ganz sparsam und dünn aus naturnahen Stoffen konstruiert sind. Für ihr Projekt „Slow excitonics for minimalistic and sustainable photonic and optoelectronic systems“ – kurz: „Slowtonics“ – hat der „Europäische Forschungsrat“ den Dresdnern nun zwei Millionen Euro im Rahmen eines sogenannten „ERC Consolidator Grants“ zugesagt. Das geht aus einer Mitteilung der TU Dresden hervor.

Sebastian Reineke. Foto: privat

Sebastian Reineke. Foto: privat

Reineke-Kollektiv will Leucht-Etiketten zu Logistik-Optoschaltungen weiterentwickeln

Dabei baut die „Lexos“-Gruppe um Prof. Reineke auf frühere Forschungen an programmierbaren Leucht-Etiketten auf. Diese zeigen und verbergen bei Infrarot- beziehungsweise Ultraviolett-Licht eingespeicherte Texte und Bilder. „Im Kern von Slowtonics kombinieren wir das von meiner Arbeitsgruppe entwickelte Prinzip der digitalen Lumineszenz in Verbindung mit langlebigen exzitonischen Zuständen mit Lebensdauern von Millisekunden oder länger, um damit ein flexibles und nachhaltiges photonisches Gerüst für zukünftige Anwendungen zu schaffen“, betont Reineke. Bisher sind diese Lumineszenz-Etiketten aber noch nicht industriereif. Zudem hoffen die Dresdner, mit dieser Technologie auch organische Sensoren, optische Speicher und Logikschaltungen konstruieren zu können. „Nachdem wir neuartige Kommunikationskomponenten entwickelt haben, werden wir versuchen, diese Designs ausschließlich aus in der Natur vorkommenden Materialien zu realisieren“, kündigt der Professor an. „Unser Ansatz zielt auf Systeme ab, die einen materiellen Fußabdruck von < 0,1 mg/System haben, was sie wirklich minimalistisch und nachhaltig macht.“

Autonom fahrende Autos sollen Unfälle mit Fußgängern mit KI-Hilfe vermeiden. Grafik: Nvidia

Autonom fahrende Autos sollen Unfälle mit Fußgängern mit KI-Hilfe vermeiden – und dafür braucht es in der Tat viel Rechenkraft. Grafik: Nvidia

Die Wiederentdeckung der Langsamkeit statt Gigahertz-Rennen

Hintergrund: Über Jahre hinweg haben sich Chipkonzerne wie Intel, AMD und Nvidia Wettrennen um immer schnellere und höher getaktete Schaltkreise geliefert. Die sind auch – nach derzeitigem Stand der Technik – für bestimmte Anwendungen notwendig: für Künstliche Intelligenzen, damit sich autonome Autos in komplexen Verkehrslagen in Echtzeit für das richtige Fahrmanöver entscheiden können und dergleichen mehr. Allerdings verbrauchen diese Super-Chips auch viel Strom und produzieren viel Abwärme. Zudem braucht längst nicht jedes Anwendung einen Highend-Prozessor: Viele kleine Sensoren, Funketiketten oder dezentrale KIs sollen mit ganz wenig Energie auskommen und brauchen auch nicht allzu viel Eigenintelligenz. Hinzu kommt das Problem, dass sich weltweit – zumindest theoretisch zusammengerechnet – die Elektronikschrottberge immer höher auftürmen.

Wenn es den Langsamelektronik-Forschern also gelingen sollte, organische Schaltungen zu entwickeln, die sich hauchdünn auf technische Geräte auftragen lassen, nur aus biologisch abbaubaren Stoffen bestehen und nur wenige Mikro- oder gar nur Nano-Watt verbrauchen, wäre der ökologische Gewinn im Vergleich zu einem „Weiter so!“ erheblich.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: TUD, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt