3D-Druck, Forschung, News, zAufi

Zähne, Exoskelette und Triebwerke aus dem 3D-Drucker in Breslau

Prof. Edward Chlebus von der Technischen Universität Breslau zeigt im Produktionszentrum CAMT ein Triebwerkteil aus dem 3D-Drucker. Foto: Heiko Weckbrodt

Prof. Edward Chlebus von der Technischen Universität Breslau zeigt im Produktionszentrum CAMT ein Triebwerkteil aus dem 3D-Drucker. Foto: Heiko Weckbrodt

Sachsen und Schlesien stärken Forschungskooperation

Dresden/Breslau, 22. Mai 2022. Die sächsisch-schlesische Forschungskooperation im industriellen 3D-Druck und ähnlichen Trendtechnologien gewinnt zunehmend an Bedeutung. Das hat Prof. Edward Chlebus von der Technischen Universität Breslau (Politechnika Wroclawska) eingeschätzt. „Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut, beispielsweise mit Fraunhofer in Dresden und der Technischen Universität Chemnitz.“

Fraunhofer-Leistungszentrum in Breslau fokussiert sich auf additive Produktion von Medizintechnik

Diese grenzübergreifende Zusammenarbeit, die vor etwa 15 Jahren begann, schlage sich in anspruchsvollen gemeinsamen Technologie-Entwicklungen nieder, fördere aber über den Austausch von Studenten und Wissenschaftlern auch den akademischen Austausch zwischen Dresden, Chemnitz und Breslau, betonte Chelbus. Dies befruchte die Gründer-Szene und die gesamte Industrie in Schlesien und darüber hinaus. Und weil sich Fraunhofer noch viel Potenzial aus dieser grenzüberschreitenden Kooperation ausrechnet, hat die Forschungsgemeinschaft in Breslau gemeinsam mit den schlesischen Kollegen vor anderthalb Jahren ein neues deutsch-polnisches Leistungszentrum „Additive Technology für Medicine and Health“ (Atem) gegründet. Im Mittelpunkt stehen dort beispielsweise neue Zahnimplantate, Korsette, Exoskelette und andere Medizintechnik, die mit industriellen 3D-Druckern gefertigt werden.

Breslauer TU bringt Zentrum für fortgeschrittene Produktionstechnologien in die Kooperation ein

Auf sächsischer Seite sind das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik (IWS) aus Dresden sowie das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) aus Chemnitz und Dresden beteiligt. Auf schlesischer Seite beteiligt sich die TU Breslau und vor allem dessen „Centre for Advanced Manufacturing Technologies“ (CAMT). Das ist unter anderem mit verschiedenen 3D-Druckern für Metall und Kunststoff, Robotertechnik und weiteren modernen Industrieanlagen ausgestattet.

ABB-Roboter im „Centre for Advanced Manufacturing Technologies“ (CAMT) der TU Breslau. Foto: Heiko Weckbrodt

ABB-Roboter im „Centre for Advanced Manufacturing Technologies“ (CAMT) der TU Breslau. Foto: Heiko Weckbrodt

Ihre besonderen Kompetenzen sehen die schlesischen Ingenieure und Forscher am CAMT mit seinen insgesamt 72 Beschäftigten vor allem in der geschickten Laserstrahl-Führung, durch die manche Materialien überhaupt erst in den Industrie-3D-Druckern verarbeitet werden können. Das IWS Dresden wiederum gilt in den additiven Fertigungstechnologien als recht forschungsstark, das IWU wiederum gilt als stark verankert in der praktischen Fertigung. Auch die regionalen Netzwerke der jeweiligen Forschungspartner sollen sich ergänzen: „Die Startups hier in Polen sind sehr auf digitale Geschäftsmodelle und Technologien konzentriert, in Sachsen gibt es dafür eine starke Produktions-Orientierung“, schätzt Anne-Katrin Leopold ein, die das IWS im Atem-Leistungszentrum vertritt.

IWS-Forscherin Anne-Katrin Leopold vor einer Laseranlage von Trumpf im Fraunhofer-Leistungszentrum Breslau. Foto: Heiko Weckbrodt

IWS-Forscherin Anne-Katrin Leopold vor einer Laseranlage von Trumpf im Fraunhofer-Leistungszentrum Breslau. Foto: Heiko Weckbrodt

Zahnklammern und Organ-Chips auf der Agenda

Auf der Forschungsagenda der Partner aus Sachsen und Polen stehen unter anderem Zahnstangen-Brackets, also Zahnbefestigungen, die antibakteriell beschichtet sind, Klammerprothesen für Zähne, organähnliche Chiplabore für die pharmazeutische Forschung und andere Medizintechnik. Daneben setzen die Polen – teils auch in Kooperation mit den Sachsen – ihre 3D-Drucker aber auch ein, um besonders hochwertige und materialsparende Triebwerkteile beispielsweise für den US-Flugzeugbauer Lockheed Martin zu fertigen, arbeiten zudem für die Autoindustrie und weitere Branchen. „In den additiven Technologien gehören wir zu den ersten Adressen in Europa“, ist Prof. Chlebus überzeugt. Und kombiniert mit der Expertise der sächsischen Forscher sollte das Fraunhofer-Leistungszentrum in Breslau diese Position noch weiter ausbauen können, hoffen die Partner der grenzüberschreitenden Kooperative.

Bisher 21 Leistungszentren in Deutschland

Hintergrund: Die „Leistungszentren“ gehen auf ein Konzept von Fraunhofer-Präsident Reimund Neugebauer zurück, der zuvor das IWU in Chemnitz geleitet hatte. Die Fraunhofer-Gesellschaft  will mit diesen Zentren bereits vorhandene industrienahe Forschungs-Kompetenzen an ausgewählten Standorten weiter stärken. Dafür schmiedet sie Allianzen der regionalen Unis, Fraunhofer-Institute und Unternehmen in einem bestimmten Sektor. In Deutschland gibt es derzeit (Stand Mai 2023) 21 Leistungszentren. Darunter sind drei in Sachsen angesiedelt: Das Leistungszentrum für „Chemie- und Biosystemtechnik“ in der Region Halle-Leipzig, für „Funktionsintegration für die Mikro-/Nanoelektronik“ in Dresden und Chemnitz sowie für „Smart Production and Materials“ in Chemnitz.

Autor: Heiko Weckbrodt

Quellen: Vor-Ort-Besuch Atem Breslau, Auskünfte Atem, Politechnika, IWS, Oiger-Archiv

Repro: Oiger, Original: Madeleine Arndt